Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben.
die treiben uns zum Toden Hauffen. Das Leben
ist das Liecht deß Leibs/ die Brunnquell aller Ver-
richtungen/ der Jrrgarten der Gedanken/ eine
verlarvte Heucheley/ eine geschmuckte Lüge/ ein
Glückshafen voll Gefahr/ ein Fluß der niemals
fleusst zu rucke/ ein Threnen Thal/ ein armer Reich-
thum und eine reiche Armut/ eine schwache
Macht und elender Pracht/ ein besorgliche Rei-
se/ ein verborner Abfall/ ein Threnen Meer/ eine
zweiffelhaffte Windstille/ ein Blumgarten voll
verborgnen Ottern und Schlangen. Ein Zank
oder Streit mit sich und dem Nechsten/ ein un-
versöhnlicher Krieg; gleich dem Fluß der Verges-
senheit/ betreffend die Freuden. Eine kluge Thor-
heit; eine tägliche Leichbegängniß/ ein Tantali-
scher Durst/ deß Todts Jagt. Das Leben streicht
die Schrifft mit manchen Farben aus/ und sagt
es seye gleich deß Hirten Hürden-haus. Es. 38.
12. gleich dem Kaha und kleinen Nachen Job.
9. 26. Der sich kan Windgeschwind aus unsern
Augen machen. Gleich einen schnellen Fluß derbe-
stehend in dem flüssen Ps. 9/ 5. gleich einem Po-
stillon/ der flüchtig auf den Füssen pfeilt hin zu
seinem Ziel. Job. 9/ 25. gleich West-und Nor-
den Winden/ die streichen bald dahin/ und sind
nicht mehr zufinden. Ps. 78. 39. Das altet wie
ein Kleid und selbstensich verzehret/ wann es der
Motten Heer ein ruhestand verheeret. Job. 13.

26. gleich
V iij

Leben.
die treiben uns zum Toden Hauffen. Das Leben
iſt das Liecht deß Leibs/ die Brunnquell aller Ver-
richtungen/ der Jrrgarten der Gedanken/ eine
verlarvte Heucheley/ eine geſchmuckte Luͤge/ ein
Gluͤckshafen voll Gefahr/ ein Fluß der niemals
fleuſſt zu rucke/ ein Threnẽ Thal/ ein armer Reich-
thum und eine reiche Armut/ eine ſchwache
Macht und elender Pracht/ ein beſorgliche Rei-
ſe/ ein verborner Abfall/ ein Threnen Meer/ eine
zweiffelhaffte Windſtille/ ein Blumgarten voll
verborgnen Ottern und Schlangen. Ein Zank
oder Streit mit ſich und dem Nechſten/ ein un-
verſoͤhnlicher Krieg; gleich dem Fluß der Vergeſ-
ſenheit/ betreffend die Freuden. Eine kluge Thor-
heit; eine taͤgliche Leichbegaͤngniß/ ein Tantali-
ſcher Durſt/ deß Todts Jagt. Das Leben ſtreicht
die Schrifft mit manchen Farben aus/ und ſagt
es ſeye gleich deß Hirten Huͤrden-haus. Eſ. 38.
12. gleich dem Kaha und kleinen Nachen Job.
9. 26. Der ſich kan Windgeſchwind aus unſern
Augen machen. Gleich einẽ ſchnellen Fluß deꝛbe-
ſtehend in dem fluͤſſen Pſ. 9/ 5. gleich einem Po-
ſtillon/ der fluͤchtig auf den Fuͤſſen pfeilt hin zu
ſeinem Ziel. Job. 9/ 25. gleich Weſt-und Nor-
den Winden/ die ſtreichen bald dahin/ und ſind
nicht mehr zufinden. Pſ. 78. 39. Das altet wie
ein Kleid und ſelbſtenſich verzehret/ wann es der
Motten Heer ein ruheſtand verheeret. Job. 13.

26. gleich
V iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0341" n="311[309]"/><fw place="top" type="header">Leben.</fw><lb/>
die treiben uns zum Toden Hauffen. Das Leben<lb/>
i&#x017F;t das Liecht deß Leibs/ die Brunnquell aller Ver-<lb/>
richtungen/ der Jrrgarten der Gedanken/ eine<lb/>
verlarvte Heucheley/ eine ge&#x017F;chmuckte Lu&#x0364;ge/ ein<lb/>
Glu&#x0364;ckshafen voll Gefahr/ ein Fluß der niemals<lb/>
fleu&#x017F;&#x017F;t zu rucke/ ein Thren&#x1EBD; Thal/ ein armer Reich-<lb/>
thum und eine reiche Armut/ eine &#x017F;chwache<lb/>
Macht und elender Pracht/ ein be&#x017F;orgliche Rei-<lb/>
&#x017F;e/ ein verborner Abfall/ ein Threnen Meer/ eine<lb/>
zweiffelhaffte Wind&#x017F;tille/ ein Blumgarten voll<lb/>
verborgnen Ottern und Schlangen. Ein Zank<lb/>
oder Streit mit &#x017F;ich und dem Nech&#x017F;ten/ ein un-<lb/>
ver&#x017F;o&#x0364;hnlicher Krieg; gleich dem Fluß der Verge&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enheit/ betreffend die Freuden. Eine kluge Thor-<lb/>
heit; eine ta&#x0364;gliche Leichbega&#x0364;ngniß/ ein Tantali-<lb/>
&#x017F;cher Dur&#x017F;t/ deß Todts Jagt. Das Leben &#x017F;treicht<lb/>
die Schrifft mit manchen Farben aus/ und &#x017F;agt<lb/>
es &#x017F;eye gleich deß Hirten Hu&#x0364;rden-haus. <hi rendition="#fr">E&#x017F;.</hi> 38.<lb/>
12. gleich dem Kaha und kleinen Nachen <hi rendition="#fr">Job.</hi><lb/>
9. 26. Der &#x017F;ich kan Windge&#x017F;chwind aus un&#x017F;ern<lb/>
Augen machen. Gleich ein&#x1EBD; &#x017F;chnellen Fluß de&#xA75B;be-<lb/>
&#x017F;tehend in dem flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">P&#x017F;.</hi> 9/ 5. gleich einem Po-<lb/>
&#x017F;tillon/ der flu&#x0364;chtig auf den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en pfeilt hin zu<lb/>
&#x017F;einem Ziel. <hi rendition="#fr">Job.</hi> 9/ 25. gleich We&#x017F;t-und Nor-<lb/>
den Winden/ die &#x017F;treichen bald dahin/ und &#x017F;ind<lb/>
nicht mehr zufinden. <hi rendition="#fr">P&#x017F;.</hi> 78. 39. Das altet wie<lb/>
ein Kleid und &#x017F;elb&#x017F;ten&#x017F;ich verzehret/ wann es der<lb/>
Motten Heer ein ruhe&#x017F;tand verheeret. <hi rendition="#fr">Job.</hi> 13.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">V iij</fw><fw place="bottom" type="catch">26. gleich</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311[309]/0341] Leben. die treiben uns zum Toden Hauffen. Das Leben iſt das Liecht deß Leibs/ die Brunnquell aller Ver- richtungen/ der Jrrgarten der Gedanken/ eine verlarvte Heucheley/ eine geſchmuckte Luͤge/ ein Gluͤckshafen voll Gefahr/ ein Fluß der niemals fleuſſt zu rucke/ ein Threnẽ Thal/ ein armer Reich- thum und eine reiche Armut/ eine ſchwache Macht und elender Pracht/ ein beſorgliche Rei- ſe/ ein verborner Abfall/ ein Threnen Meer/ eine zweiffelhaffte Windſtille/ ein Blumgarten voll verborgnen Ottern und Schlangen. Ein Zank oder Streit mit ſich und dem Nechſten/ ein un- verſoͤhnlicher Krieg; gleich dem Fluß der Vergeſ- ſenheit/ betreffend die Freuden. Eine kluge Thor- heit; eine taͤgliche Leichbegaͤngniß/ ein Tantali- ſcher Durſt/ deß Todts Jagt. Das Leben ſtreicht die Schrifft mit manchen Farben aus/ und ſagt es ſeye gleich deß Hirten Huͤrden-haus. Eſ. 38. 12. gleich dem Kaha und kleinen Nachen Job. 9. 26. Der ſich kan Windgeſchwind aus unſern Augen machen. Gleich einẽ ſchnellen Fluß deꝛbe- ſtehend in dem fluͤſſen Pſ. 9/ 5. gleich einem Po- ſtillon/ der fluͤchtig auf den Fuͤſſen pfeilt hin zu ſeinem Ziel. Job. 9/ 25. gleich Weſt-und Nor- den Winden/ die ſtreichen bald dahin/ und ſind nicht mehr zufinden. Pſ. 78. 39. Das altet wie ein Kleid und ſelbſtenſich verzehret/ wann es der Motten Heer ein ruheſtand verheeret. Job. 13. 26. gleich V iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/341
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 311[309]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/341>, abgerufen am 24.11.2024.