Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Laute.
dinne/ helle und grobe Säiden gleichstimmige lieb-
lichkeit hören lassen.

Die Laute.
Jch bin ein stummes Holtz/ und kan doch in der
Stillen
mit der Gedärmer Ton den gantzen Saal erfül-
len:
Mein Bauch steht auf der Brust/ mein Hals ist
ob den Haubt*
Man hat mir/ ohne Geld zu spielen offt erlaubt.
264. Leben.

So lang der warme Geist belebet/ begeistert/
erwärmet/ erhitzet/ verlängert/ betaget/ verzögert/
erstrecket unser Leben/ unsre Tage/ verhindert
unsren Tod/ wir wallen unvermerkt zu dem letzten
Lebensziel. Wir gehen auf deß Todes Weg/ und
sehen nicht den schmalen Steg der uns doch für
den Augen ligt. Ein jeder Augenblick vermin-
dert unser Leben/ deß Todes starke Stuck' hat alle
Welt umbgeben. Kein Wehrt/ kein Gelt/ ja selbst
die Welt kan auf der weiten Erden/ gleichschätz-
und achtbar werden/ deß Menschen Leben zube-
zahlen. Die Gunst/ die Kunst/ die Zucht und Tu-
gend erhält das Leben/ in der Jugend. Die Un-
zucht und der Müssiggang die sind deß Alters
schneller Zwang. Deß Lebens Feind/ drey Sün-
den seind/ der Zorn/ Venus und das Sauffen/

die
* deß der da schlegt.

Laute.
dinne/ helle und gꝛobe Saͤiden gleichſtimmige lieb-
lichkeit hoͤren laſſen.

Die Laute.
Jch bin ein ſtummes Holtz/ und kan doch in der
Stillen
mit der Gedaͤrmer Ton den gantzen Saal erfuͤl-
len:
Mein Bauch ſteht auf der Bruſt/ mein Hals iſt
ob den Haubt*
Man hat mir/ ohne Geld zu ſpielen offt erlaubt.
264. Leben.

So lang der warme Geiſt belebet/ begeiſtert/
erwaͤrmet/ erhitzet/ verlaͤngert/ betaget/ verzoͤgert/
erſtrecket unſer Leben/ unſre Tage/ verhindert
unſren Tod/ wir wallen unvermerkt zu dem letzten
Lebensziel. Wir gehen auf deß Todes Weg/ und
ſehen nicht den ſchmalen Steg der uns doch fuͤr
den Augen ligt. Ein jeder Augenblick vermin-
dert unſer Leben/ deß Todes ſtarke Stuck’ hat alle
Welt umbgeben. Kein Wehrt/ kein Gelt/ ja ſelbſt
die Welt kan auf der weiten Erden/ gleichſchaͤtz-
und achtbar werden/ deß Menſchen Leben zube-
zahlen. Die Gunſt/ die Kunſt/ die Zucht und Tu-
gend erhaͤlt das Leben/ in der Jugend. Die Un-
zucht und der Muͤſſiggang die ſind deß Alters
ſchneller Zwang. Deß Lebens Feind/ drey Suͤn-
den ſeind/ der Zorn/ Venus und das Sauffen/

die
* deß der da ſchlegt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0340" n="310[308]"/><fw place="top" type="header">Laute.</fw><lb/>
dinne/ helle und g&#xA75B;obe Sa&#x0364;iden gleich&#x017F;timmige lieb-<lb/>
lichkeit ho&#x0364;ren la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <head> <hi rendition="#fr">Die Laute.</hi> </head><lb/>
              <l>Jch bin ein &#x017F;tummes Holtz/ und kan doch in der</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Stillen</hi> </l><lb/>
              <l>mit der Geda&#x0364;rmer Ton den gantzen Saal erfu&#x0364;l-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">len:</hi> </l><lb/>
              <l>Mein Bauch &#x017F;teht auf der Bru&#x017F;t/ mein Hals i&#x017F;t</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ob den Haubt</hi> <note place="foot" n="*">deß der da &#x017F;chlegt.</note>
              </l><lb/>
              <l>Man hat mir/ ohne Geld zu &#x017F;pielen offt erlaubt.</l>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">264. Leben.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>So lang der warme Gei&#x017F;t belebet/ begei&#x017F;tert/<lb/>
erwa&#x0364;rmet/ erhitzet/ verla&#x0364;ngert/ betaget/ verzo&#x0364;gert/<lb/>
er&#x017F;trecket un&#x017F;er Leben/ un&#x017F;re Tage/ verhindert<lb/>
un&#x017F;ren Tod/ wir wallen unvermerkt zu dem letzten<lb/>
Lebensziel. Wir gehen auf deß Todes Weg/ und<lb/>
&#x017F;ehen nicht den &#x017F;chmalen Steg der uns doch fu&#x0364;r<lb/>
den Augen ligt. Ein jeder Augenblick vermin-<lb/>
dert un&#x017F;er Leben/ deß Todes &#x017F;tarke Stuck&#x2019; hat alle<lb/>
Welt umbgeben. Kein Wehrt/ kein Gelt/ ja &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die Welt kan auf der weiten Erden/ gleich&#x017F;cha&#x0364;tz-<lb/>
und achtbar werden/ deß Men&#x017F;chen Leben zube-<lb/>
zahlen. Die Gun&#x017F;t/ die Kun&#x017F;t/ die Zucht und Tu-<lb/>
gend erha&#x0364;lt das Leben/ in der Jugend. Die <hi rendition="#aq">U</hi>n-<lb/>
zucht und der Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang die &#x017F;ind deß Alters<lb/>
&#x017F;chneller Zwang. Deß Lebens Feind/ drey Su&#x0364;n-<lb/>
den &#x017F;eind/ der Zorn/ Venus und das Sauffen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310[308]/0340] Laute. dinne/ helle und gꝛobe Saͤiden gleichſtimmige lieb- lichkeit hoͤren laſſen. Die Laute. Jch bin ein ſtummes Holtz/ und kan doch in der Stillen mit der Gedaͤrmer Ton den gantzen Saal erfuͤl- len: Mein Bauch ſteht auf der Bruſt/ mein Hals iſt ob den Haubt * Man hat mir/ ohne Geld zu ſpielen offt erlaubt. 264. Leben. So lang der warme Geiſt belebet/ begeiſtert/ erwaͤrmet/ erhitzet/ verlaͤngert/ betaget/ verzoͤgert/ erſtrecket unſer Leben/ unſre Tage/ verhindert unſren Tod/ wir wallen unvermerkt zu dem letzten Lebensziel. Wir gehen auf deß Todes Weg/ und ſehen nicht den ſchmalen Steg der uns doch fuͤr den Augen ligt. Ein jeder Augenblick vermin- dert unſer Leben/ deß Todes ſtarke Stuck’ hat alle Welt umbgeben. Kein Wehrt/ kein Gelt/ ja ſelbſt die Welt kan auf der weiten Erden/ gleichſchaͤtz- und achtbar werden/ deß Menſchen Leben zube- zahlen. Die Gunſt/ die Kunſt/ die Zucht und Tu- gend erhaͤlt das Leben/ in der Jugend. Die Un- zucht und der Muͤſſiggang die ſind deß Alters ſchneller Zwang. Deß Lebens Feind/ drey Suͤn- den ſeind/ der Zorn/ Venus und das Sauffen/ die * deß der da ſchlegt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/340
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 310[308]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/340>, abgerufen am 24.11.2024.