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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Nachtigall.
schwingen/ sie kan ihre Stimm nach den Lispel-
bächen zwingen/ das Reuter zu dem Pferd/ Sie gs-
und Trauerlieder singen/ bald schluffelt sie die
Klag/ bald führt sie hohe Tertzen mit dem Gegen-
hall zu schertzen/ wie der Trompeten Hall Tar-tar
ra-ra-rariret; so hat auch ihr Getön der gleiche
Ruf geführet: bald wie dz Wässerlein den schrof-
fen Kieß durchsausselt/ ist ihre Meisterstimm bunt
würblend ausgekrausselt/ daß jedes Tones Art in
ihrem Ton sich findt.

Es fliehet der Klang ereilt sich wieder/ vermi-
schet die Lieder mit schnellem Gesang. Wer sol
von einer kleinen Zungen so wandelbare Stimm
erzwingen. Die Winde stehen still die Singerin
zu hören/ die Blumen merken auf das Lentzen-
Kind zu ehren; daß auch die wilden Thier' und die
sonst schichtre Faunen ob solchem süssen Ton er-
starren und erstaunen. Wann auch deß Voglers
Hand die Nachtigall gefangen/ kan sie in keffig-
band das Leben leicht erlangen/ da singt sie trau-
er-Lieder biß sie die Freyheit wieder/ wo nicht den
Tod erlangt. Umb deß Orphei Grab da nisten
Nachtigallen/ mit wunder kraussen schallen.

Die Nachtigall wird zu der Poeterey ge-
mahlet.

320. Nahrung.

Speis/ Kost/ Unterhaltung deß Leibes/
das was vergeistert wird/ daß wir nicht schnell

veral-

Nachtigall.
ſchwingen/ ſie kan ihre Stimm nach den Liſpel-
baͤchen zwingẽ/ das Reuter zu dem Pferd/ Sie gs-
und Trauerlieder ſingen/ bald ſchluffelt ſie die
Klag/ bald fuͤhrt ſie hohe Tertzen mit dem Gegen-
hall zu ſchertzen/ wie der Trompeten Hall Tar-tar
ra-ra-rariret; ſo hat auch ihr Getoͤn der gleiche
Ruf gefuͤhret: bald wie dz Waͤſſerlein den ſchrof-
fen Kieß durchſauſſelt/ iſt ihre Meiſterſtim̃ bunt
wuͤrblend ausgekrauſſelt/ daß jedes Tones Art in
ihrem Ton ſich findt.

Es fliehet der Klang ereilt ſich wieder/ vermi-
ſchet die Lieder mit ſchnellem Geſang. Wer ſol
von einer kleinen Zungen ſo wandelbare Stimm
erzwingen. Die Winde ſtehen ſtill die Singerin
zu hoͤren/ die Blumen merken auf das Lentzen-
Kind zu ehren; daß auch die wilden Thier’ und die
ſonſt ſchichtre Faunen ob ſolchem ſuͤſſen Ton er-
ſtarren und erſtaunen. Wann auch deß Voglers
Hand die Nachtigall gefangen/ kan ſie in keffig-
band das Leben leicht erlangen/ da ſingt ſie trau-
er-Lieder biß ſie die Freyheit wieder/ wo nicht den
Tod erlangt. Umb deß Orphei Grab da niſten
Nachtigallen/ mit wunder krauſſen ſchallen.

Die Nachtigall wird zu der Poëterey ge-
mahlet.

320. Nahrung.

☞Speis/ Koſt/ Unterhaltung deß Leibes/
das was vergeiſtert wird/ daß wir nicht ſchnell

veral-
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[358[356]/0388] Nachtigall. ſchwingen/ ſie kan ihre Stimm nach den Liſpel- baͤchen zwingẽ/ das Reuter zu dem Pferd/ Sie gs- und Trauerlieder ſingen/ bald ſchluffelt ſie die Klag/ bald fuͤhrt ſie hohe Tertzen mit dem Gegen- hall zu ſchertzen/ wie der Trompeten Hall Tar-tar ra-ra-rariret; ſo hat auch ihr Getoͤn der gleiche Ruf gefuͤhret: bald wie dz Waͤſſerlein den ſchrof- fen Kieß durchſauſſelt/ iſt ihre Meiſterſtim̃ bunt wuͤrblend ausgekrauſſelt/ daß jedes Tones Art in ihrem Ton ſich findt. Es fliehet der Klang ereilt ſich wieder/ vermi- ſchet die Lieder mit ſchnellem Geſang. Wer ſol von einer kleinen Zungen ſo wandelbare Stimm erzwingen. Die Winde ſtehen ſtill die Singerin zu hoͤren/ die Blumen merken auf das Lentzen- Kind zu ehren; daß auch die wilden Thier’ und die ſonſt ſchichtre Faunen ob ſolchem ſuͤſſen Ton er- ſtarren und erſtaunen. Wann auch deß Voglers Hand die Nachtigall gefangen/ kan ſie in keffig- band das Leben leicht erlangen/ da ſingt ſie trau- er-Lieder biß ſie die Freyheit wieder/ wo nicht den Tod erlangt. Umb deß Orphei Grab da niſten Nachtigallen/ mit wunder krauſſen ſchallen. Die Nachtigall wird zu der Poëterey ge- mahlet. 320. Nahrung. ☞Speis/ Koſt/ Unterhaltung deß Leibes/ das was vergeiſtert wird/ daß wir nicht ſchnell veral-

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 358[356]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/388>, abgerufen am 26.11.2024.