Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.mache. Nun, die gute Frau hat durch die Revolution zu viel gelitten, und sie hatte ein Recht, sie zu fürchten. Nicht ich, der ich ihr so viel zu danken hatte, werde mit ihr rechten. Mit dem Nachtessen, das mich empfing, war ich sehr wohl zufrieden, noch mehr mit dem guten Bette, darin ich köstlich schlief, während es draußen schneite und stürmte. Mein erster Gedanke, als ich des Morgens erwachte, galt meiner Louison und dem Bedauern, daß sie die so böse Nacht, der Himmel weiß wo? und wie? zugebracht; dann fühlte ich mich wie ein Gefangener, und sehr unglücklich darüber, daß ich von Louison getrennt sein sollte. Der Lehrer stellte mir in eindringlichen Worten vor, welches Glück, von Gott gesandt, es sei, daß ich in die Anstalt gekommen, und welchen Nutzen es mir bringen werde, wenn ich da etwas lernte. Vergebens! ich schämte mich wohl einzugestehen, daß ich vorzugsweise eines Mädchens wegen wieder ins Elend hinaus und alle die Wohlthaten von mir weisen wollte; aber ich blieb dabei, daß ich fort müsse. Solche Widersetzlichkeit war dem Lehrer nicht neu, da sie bei den meisten neuen Zöglingen vorkam, die, an das herumstreifende Leben gewöhnt, sich Anfangs immer unbehaglich fühlten. Man übte in der ersten Zeit einen leisen Zwang, vertröstete von einem Tage zum andern, bis endlich der Junge freiwillig in der Anstalt blieb. So ging es auch mir, ohne daß sich meine Sehnsucht nach Louison vermindert hätte, und mache. Nun, die gute Frau hat durch die Revolution zu viel gelitten, und sie hatte ein Recht, sie zu fürchten. Nicht ich, der ich ihr so viel zu danken hatte, werde mit ihr rechten. Mit dem Nachtessen, das mich empfing, war ich sehr wohl zufrieden, noch mehr mit dem guten Bette, darin ich köstlich schlief, während es draußen schneite und stürmte. Mein erster Gedanke, als ich des Morgens erwachte, galt meiner Louison und dem Bedauern, daß sie die so böse Nacht, der Himmel weiß wo? und wie? zugebracht; dann fühlte ich mich wie ein Gefangener, und sehr unglücklich darüber, daß ich von Louison getrennt sein sollte. Der Lehrer stellte mir in eindringlichen Worten vor, welches Glück, von Gott gesandt, es sei, daß ich in die Anstalt gekommen, und welchen Nutzen es mir bringen werde, wenn ich da etwas lernte. Vergebens! ich schämte mich wohl einzugestehen, daß ich vorzugsweise eines Mädchens wegen wieder ins Elend hinaus und alle die Wohlthaten von mir weisen wollte; aber ich blieb dabei, daß ich fort müsse. Solche Widersetzlichkeit war dem Lehrer nicht neu, da sie bei den meisten neuen Zöglingen vorkam, die, an das herumstreifende Leben gewöhnt, sich Anfangs immer unbehaglich fühlten. Man übte in der ersten Zeit einen leisen Zwang, vertröstete von einem Tage zum andern, bis endlich der Junge freiwillig in der Anstalt blieb. So ging es auch mir, ohne daß sich meine Sehnsucht nach Louison vermindert hätte, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0029"/> mache. Nun, die gute Frau hat durch die Revolution zu viel gelitten, und sie hatte ein Recht, sie zu fürchten. Nicht ich, der ich ihr so viel zu danken hatte, werde mit ihr rechten.</p><lb/> <p>Mit dem Nachtessen, das mich empfing, war ich sehr wohl zufrieden, noch mehr mit dem guten Bette, darin ich köstlich schlief, während es draußen schneite und stürmte. Mein erster Gedanke, als ich des Morgens erwachte, galt meiner Louison und dem Bedauern, daß sie die so böse Nacht, der Himmel weiß wo? und wie? zugebracht; dann fühlte ich mich wie ein Gefangener, und sehr unglücklich darüber, daß ich von Louison getrennt sein sollte. Der Lehrer stellte mir in eindringlichen Worten vor, welches Glück, von Gott gesandt, es sei, daß ich in die Anstalt gekommen, und welchen Nutzen es mir bringen werde, wenn ich da etwas lernte. Vergebens! ich schämte mich wohl einzugestehen, daß ich vorzugsweise eines Mädchens wegen wieder ins Elend hinaus und alle die Wohlthaten von mir weisen wollte; aber ich blieb dabei, daß ich fort müsse. Solche Widersetzlichkeit war dem Lehrer nicht neu, da sie bei den meisten neuen Zöglingen vorkam, die, an das herumstreifende Leben gewöhnt, sich Anfangs immer unbehaglich fühlten. Man übte in der ersten Zeit einen leisen Zwang, vertröstete von einem Tage zum andern, bis endlich der Junge freiwillig in der Anstalt blieb. So ging es auch mir, ohne daß sich meine Sehnsucht nach Louison vermindert hätte, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
mache. Nun, die gute Frau hat durch die Revolution zu viel gelitten, und sie hatte ein Recht, sie zu fürchten. Nicht ich, der ich ihr so viel zu danken hatte, werde mit ihr rechten.
Mit dem Nachtessen, das mich empfing, war ich sehr wohl zufrieden, noch mehr mit dem guten Bette, darin ich köstlich schlief, während es draußen schneite und stürmte. Mein erster Gedanke, als ich des Morgens erwachte, galt meiner Louison und dem Bedauern, daß sie die so böse Nacht, der Himmel weiß wo? und wie? zugebracht; dann fühlte ich mich wie ein Gefangener, und sehr unglücklich darüber, daß ich von Louison getrennt sein sollte. Der Lehrer stellte mir in eindringlichen Worten vor, welches Glück, von Gott gesandt, es sei, daß ich in die Anstalt gekommen, und welchen Nutzen es mir bringen werde, wenn ich da etwas lernte. Vergebens! ich schämte mich wohl einzugestehen, daß ich vorzugsweise eines Mädchens wegen wieder ins Elend hinaus und alle die Wohlthaten von mir weisen wollte; aber ich blieb dabei, daß ich fort müsse. Solche Widersetzlichkeit war dem Lehrer nicht neu, da sie bei den meisten neuen Zöglingen vorkam, die, an das herumstreifende Leben gewöhnt, sich Anfangs immer unbehaglich fühlten. Man übte in der ersten Zeit einen leisen Zwang, vertröstete von einem Tage zum andern, bis endlich der Junge freiwillig in der Anstalt blieb. So ging es auch mir, ohne daß sich meine Sehnsucht nach Louison vermindert hätte, und
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