Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gefolgt war, holte ich eines Tages Louison ab und bat sie, mit mir einen Spaziergang zu machen. Sie meinte, ich sei nun mit dem Gedanken an ihre glänzende Laufbahn versöhnt, und sprach mir auf dem Wege von nichts Anderem, als von dem Glücke, das uns Beide erwarte, und wie wir uns früher, als wir je hätten träumen dürfen, in unser "Schloß" zurückziehen würden. Ich schwieg und ging immer weiter, bis wir auf die Höhen jenseits der Rue St. Lazare ankamen, wo damals noch viele einzelne Pavillons in großen Gärten standen. Ich trat in einen dieser Pavillons, und man ließ mich ungehindert eintreten, da ich die letzten Tage mehrere Mal in Gesellschaft der Arbeiter, die daselbst beschäftigt, gekommen war. Louison fragte mich, was ich da wollte. Ich schwieg und führte sie von Zimmer zu Zimmer. Sie war von der schönen Einrichtung entzückt. Dann rief ich den Portier herauf und fragte ihn in Louison's Gegenwart: wer diesen Pavillon so schön einrichten lasse? und wer ihn dann bewohnen solle? -- Der Marquis Villarson, antwortete der Portier, ein Savoyarde, will hier seine Geliebte, ebenfalls eine Savoyardin, unterbringen. Louison erbleichte und wollte zum Hause hinausfliehen, ich aber hielt sie zurück und zwang sie, sich mit mir auf eines der seidenen Sophas niederzulassen. Ich wußte, daß der Marquis kommen sollte, um das Appartement zu besichtigen. Er ließ auch nicht lange auf sich warten. Ein Phaeton fuhr vor, und bald dar- gefolgt war, holte ich eines Tages Louison ab und bat sie, mit mir einen Spaziergang zu machen. Sie meinte, ich sei nun mit dem Gedanken an ihre glänzende Laufbahn versöhnt, und sprach mir auf dem Wege von nichts Anderem, als von dem Glücke, das uns Beide erwarte, und wie wir uns früher, als wir je hätten träumen dürfen, in unser „Schloß“ zurückziehen würden. Ich schwieg und ging immer weiter, bis wir auf die Höhen jenseits der Rue St. Lazare ankamen, wo damals noch viele einzelne Pavillons in großen Gärten standen. Ich trat in einen dieser Pavillons, und man ließ mich ungehindert eintreten, da ich die letzten Tage mehrere Mal in Gesellschaft der Arbeiter, die daselbst beschäftigt, gekommen war. Louison fragte mich, was ich da wollte. Ich schwieg und führte sie von Zimmer zu Zimmer. Sie war von der schönen Einrichtung entzückt. Dann rief ich den Portier herauf und fragte ihn in Louison's Gegenwart: wer diesen Pavillon so schön einrichten lasse? und wer ihn dann bewohnen solle? — Der Marquis Villarson, antwortete der Portier, ein Savoyarde, will hier seine Geliebte, ebenfalls eine Savoyardin, unterbringen. Louison erbleichte und wollte zum Hause hinausfliehen, ich aber hielt sie zurück und zwang sie, sich mit mir auf eines der seidenen Sophas niederzulassen. Ich wußte, daß der Marquis kommen sollte, um das Appartement zu besichtigen. Er ließ auch nicht lange auf sich warten. Ein Phaeton fuhr vor, und bald dar- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0037"/> gefolgt war, holte ich eines Tages Louison ab und bat sie, mit mir einen Spaziergang zu machen. Sie meinte, ich sei nun mit dem Gedanken an ihre glänzende Laufbahn versöhnt, und sprach mir auf dem Wege von nichts Anderem, als von dem Glücke, das uns Beide erwarte, und wie wir uns früher, als wir je hätten träumen dürfen, in unser „Schloß“ zurückziehen würden. Ich schwieg und ging immer weiter, bis wir auf die Höhen jenseits der Rue St. Lazare ankamen, wo damals noch viele einzelne Pavillons in großen Gärten standen. Ich trat in einen dieser Pavillons, und man ließ mich ungehindert eintreten, da ich die letzten Tage mehrere Mal in Gesellschaft der Arbeiter, die daselbst beschäftigt, gekommen war. Louison fragte mich, was ich da wollte. Ich schwieg und führte sie von Zimmer zu Zimmer. Sie war von der schönen Einrichtung entzückt. Dann rief ich den Portier herauf und fragte ihn in Louison's Gegenwart: wer diesen Pavillon so schön einrichten lasse? und wer ihn dann bewohnen solle? — Der Marquis Villarson, antwortete der Portier, ein Savoyarde, will hier seine Geliebte, ebenfalls eine Savoyardin, unterbringen. Louison erbleichte und wollte zum Hause hinausfliehen, ich aber hielt sie zurück und zwang sie, sich mit mir auf eines der seidenen Sophas niederzulassen. Ich wußte, daß der Marquis kommen sollte, um das Appartement zu besichtigen. Er ließ auch nicht lange auf sich warten. Ein Phaeton fuhr vor, und bald dar-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
gefolgt war, holte ich eines Tages Louison ab und bat sie, mit mir einen Spaziergang zu machen. Sie meinte, ich sei nun mit dem Gedanken an ihre glänzende Laufbahn versöhnt, und sprach mir auf dem Wege von nichts Anderem, als von dem Glücke, das uns Beide erwarte, und wie wir uns früher, als wir je hätten träumen dürfen, in unser „Schloß“ zurückziehen würden. Ich schwieg und ging immer weiter, bis wir auf die Höhen jenseits der Rue St. Lazare ankamen, wo damals noch viele einzelne Pavillons in großen Gärten standen. Ich trat in einen dieser Pavillons, und man ließ mich ungehindert eintreten, da ich die letzten Tage mehrere Mal in Gesellschaft der Arbeiter, die daselbst beschäftigt, gekommen war. Louison fragte mich, was ich da wollte. Ich schwieg und führte sie von Zimmer zu Zimmer. Sie war von der schönen Einrichtung entzückt. Dann rief ich den Portier herauf und fragte ihn in Louison's Gegenwart: wer diesen Pavillon so schön einrichten lasse? und wer ihn dann bewohnen solle? — Der Marquis Villarson, antwortete der Portier, ein Savoyarde, will hier seine Geliebte, ebenfalls eine Savoyardin, unterbringen. Louison erbleichte und wollte zum Hause hinausfliehen, ich aber hielt sie zurück und zwang sie, sich mit mir auf eines der seidenen Sophas niederzulassen. Ich wußte, daß der Marquis kommen sollte, um das Appartement zu besichtigen. Er ließ auch nicht lange auf sich warten. Ein Phaeton fuhr vor, und bald dar-
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