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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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wärtern wegen ihrer eigenen Schwelgereien verschuldete Futter-
entziehung aufgerieben waren, verursachte dies schwere Arbeit
und verzehrte beinahe die Kräfte Dessen, welcher das fertig
stehende Fuhrwerk fortschaffen sollte. Dasselbe verursachten
auch die Requisitionen der Kaiser und der Post-
wärter
. Man durfte nicht einmal ein wenig stehen bleiben
oder sich an der Krippe erholen. Die Schläge konnten aber
die erschöpften Maulthiere nicht mehr zum Laufen bringen;
zwanzig und mehr mußte man zum Fortschaffen eines einzigen
Wagens haben. Viele stürzten bei der Ausspannung todt nieder,
viele selbst schon, ehe sie ausgespannt werden konnten. So
wurde das, was der Eile bedurfte, aufgehalten, der Schaden
aber fiel durch die Kostenrechnung den Städten zur Last. Der
jämmerliche Zustand zeigte sich besonders im Winter, wo die
Ablösung der Relais oft unterbrochen war, die Maulthiertreiber
in die Gebirge flüchteten, die Maulthiere aber an der Erde
lagen; den Führern blieb dann nichts übrig, als zu schreien
und auf den Rücken zu schlagen. Durch dergleichen Verzöger-
ungen ging dann der Regierung die rechte Zeit für viele Ge-
schäfte verloren. -- Jch lasse unerwähnt, daß die Pferde Aehn-
liches erduldeten, die Esel aber noch viel Schlimmeres. Das
geschah aber, weil die Stationsbeamten verschwunden waren.
Julian beendigte diese Unordnung, indem er die überflüssigen
Stationen, wie es richtig war, aufhob, deßgleichen Postfreipässe,
als verderblich, zu ertheilen und nachzusuchen beschränkte und
den Beamten befahl, sich selbst Zugvieh anzuschaffen oder zu
miethen. So sah man, was unglaublich scheint, daß Maulthier-
treiber ihre Maulthiere und Pferdeknechte ihre Pferde spazieren
ritten, denn wenn sie vorher durch Strapatzen niedergeworfen

wärtern wegen ihrer eigenen Schwelgereien verſchuldete Futter-
entziehung aufgerieben waren, verurſachte dies ſchwere Arbeit
und verzehrte beinahe die Kräfte Deſſen, welcher das fertig
ſtehende Fuhrwerk fortſchaffen ſollte. Daſſelbe verurſachten
auch die Requiſitionen der Kaiſer und der Poſt-
wärter
. Man durfte nicht einmal ein wenig ſtehen bleiben
oder ſich an der Krippe erholen. Die Schläge konnten aber
die erſchöpften Maulthiere nicht mehr zum Laufen bringen;
zwanzig und mehr mußte man zum Fortſchaffen eines einzigen
Wagens haben. Viele ſtürzten bei der Ausſpannung todt nieder,
viele ſelbſt ſchon, ehe ſie ausgeſpannt werden konnten. So
wurde das, was der Eile bedurfte, aufgehalten, der Schaden
aber fiel durch die Koſtenrechnung den Städten zur Laſt. Der
jämmerliche Zuſtand zeigte ſich beſonders im Winter, wo die
Ablöſung der Relais oft unterbrochen war, die Maulthiertreiber
in die Gebirge flüchteten, die Maulthiere aber an der Erde
lagen; den Führern blieb dann nichts übrig, als zu ſchreien
und auf den Rücken zu ſchlagen. Durch dergleichen Verzöger-
ungen ging dann der Regierung die rechte Zeit für viele Ge-
ſchäfte verloren. — Jch laſſe unerwähnt, daß die Pferde Aehn-
liches erduldeten, die Eſel aber noch viel Schlimmeres. Das
geſchah aber, weil die Stationsbeamten verſchwunden waren.
Julian beendigte dieſe Unordnung, indem er die überflüſſigen
Stationen, wie es richtig war, aufhob, deßgleichen Poſtfreipäſſe,
als verderblich, zu ertheilen und nachzuſuchen beſchränkte und
den Beamten befahl, ſich ſelbſt Zugvieh anzuſchaffen oder zu
miethen. So ſah man, was unglaublich ſcheint, daß Maulthier-
treiber ihre Maulthiere und Pferdeknechte ihre Pferde ſpazieren
ritten, denn wenn ſie vorher durch Strapatzen niedergeworfen

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[100/0113] wärtern wegen ihrer eigenen Schwelgereien verſchuldete Futter- entziehung aufgerieben waren, verurſachte dies ſchwere Arbeit und verzehrte beinahe die Kräfte Deſſen, welcher das fertig ſtehende Fuhrwerk fortſchaffen ſollte. Daſſelbe verurſachten auch die Requiſitionen der Kaiſer und der Poſt- wärter. Man durfte nicht einmal ein wenig ſtehen bleiben oder ſich an der Krippe erholen. Die Schläge konnten aber die erſchöpften Maulthiere nicht mehr zum Laufen bringen; zwanzig und mehr mußte man zum Fortſchaffen eines einzigen Wagens haben. Viele ſtürzten bei der Ausſpannung todt nieder, viele ſelbſt ſchon, ehe ſie ausgeſpannt werden konnten. So wurde das, was der Eile bedurfte, aufgehalten, der Schaden aber fiel durch die Koſtenrechnung den Städten zur Laſt. Der jämmerliche Zuſtand zeigte ſich beſonders im Winter, wo die Ablöſung der Relais oft unterbrochen war, die Maulthiertreiber in die Gebirge flüchteten, die Maulthiere aber an der Erde lagen; den Führern blieb dann nichts übrig, als zu ſchreien und auf den Rücken zu ſchlagen. Durch dergleichen Verzöger- ungen ging dann der Regierung die rechte Zeit für viele Ge- ſchäfte verloren. — Jch laſſe unerwähnt, daß die Pferde Aehn- liches erduldeten, die Eſel aber noch viel Schlimmeres. Das geſchah aber, weil die Stationsbeamten verſchwunden waren. Julian beendigte dieſe Unordnung, indem er die überflüſſigen Stationen, wie es richtig war, aufhob, deßgleichen Poſtfreipäſſe, als verderblich, zu ertheilen und nachzuſuchen beſchränkte und den Beamten befahl, ſich ſelbſt Zugvieh anzuſchaffen oder zu miethen. So ſah man, was unglaublich ſcheint, daß Maulthier- treiber ihre Maulthiere und Pferdeknechte ihre Pferde ſpazieren ritten, denn wenn ſie vorher durch Strapatzen niedergeworfen

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/113>, abgerufen am 24.11.2024.