Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

unterhalt für die reisenden königlichen Beamten in Anspruch
zu nehmen, da wußte jeder König oder Herzog einen geeigneten
Gebrauch davon zu machen.

So war namentlich Chlodwig und seine Nachfolger so
wenig, als die übrigen germanischen Könige gesonnen, in den
ehemals römischen Gebieten, deren Besitz ihnen zugefallen war,
auf die früheren kaiserlichen Gerechtsame zu verzichten.

Daher blieb die Last der Vorspanne und des Lebensunter-
halts bei Königsreisen als Pflicht der Unterthanen1) allenthalben
wohin nur einer der Könige und sein Gefolge ihre Reise
richteten.

Selbst die alte Uebung, Freibriefe auf den Genuß dieser
öffentlichen Vortheile auch an Andere nach Gutdünken zu ver-
leihen, dauerte als königliches Vorrecht ununterbrochen fort,
wie dies aus mehreren Quellen zu entnehmen ist.

Wie bei den Römern, so hatten auch bei den fränkischen
Königen die Gesandten des Hofes oder fremde Abgesandte, die
an ihren Hof kamen, den Genuß der freien Reise und freien
Unterhalt für ihre Person sowohl, als für ihr Gefolge auf
Kosten des Staates oder der Unterthanen. Zu diesem Zwecke
wurden sie vom Könige oder seinem Stellvertreter mit Frei-
briefen versehen, welche wie früher "evectiones" oder "trac-
toriae
" hießen2).

1) Flegler, zur Geschichte der Posten.
2) Guerard, Polyptyque de l'ablee d'Irminion, tom. I. p. 2 §. 425.
"Dans le diplome de Chilperic II "evectio" signifie ce qui est ac-
corde pour la route et "tractoriae" les lettres expediees a ce sujet.
9

unterhalt für die reiſenden königlichen Beamten in Anſpruch
zu nehmen, da wußte jeder König oder Herzog einen geeigneten
Gebrauch davon zu machen.

So war namentlich Chlodwig und ſeine Nachfolger ſo
wenig, als die übrigen germaniſchen Könige geſonnen, in den
ehemals römiſchen Gebieten, deren Beſitz ihnen zugefallen war,
auf die früheren kaiſerlichen Gerechtſame zu verzichten.

Daher blieb die Laſt der Vorſpanne und des Lebensunter-
halts bei Königsreiſen als Pflicht der Unterthanen1) allenthalben
wohin nur einer der Könige und ſein Gefolge ihre Reiſe
richteten.

Selbſt die alte Uebung, Freibriefe auf den Genuß dieſer
öffentlichen Vortheile auch an Andere nach Gutdünken zu ver-
leihen, dauerte als königliches Vorrecht ununterbrochen fort,
wie dies aus mehreren Quellen zu entnehmen iſt.

Wie bei den Römern, ſo hatten auch bei den fränkiſchen
Königen die Geſandten des Hofes oder fremde Abgeſandte, die
an ihren Hof kamen, den Genuß der freien Reiſe und freien
Unterhalt für ihre Perſon ſowohl, als für ihr Gefolge auf
Koſten des Staates oder der Unterthanen. Zu dieſem Zwecke
wurden ſie vom Könige oder ſeinem Stellvertreter mit Frei-
briefen verſehen, welche wie früher „evectiones“ oder „trac-
toriae
“ hießen2).

1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten.
2) Guérard, Polyptyque de l'ablée d'Irminion, tom. I. p. 2 §. 425.
„Dans le diplôme de Chilperic II „evectio“ signifie ce qui est ac-
cordé pour la route et „tractoriae“ les lettres expediées à ce sujet.
9
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0142" n="129"/>
unterhalt für die rei&#x017F;enden königlichen Beamten in An&#x017F;pruch<lb/>
zu nehmen, da wußte jeder König oder Herzog einen geeigneten<lb/>
Gebrauch davon zu machen.</p><lb/>
            <p>So war namentlich <hi rendition="#aq">Chlodwig</hi> und &#x017F;eine Nachfolger &#x017F;o<lb/>
wenig, als die übrigen germani&#x017F;chen Könige ge&#x017F;onnen, in den<lb/>
ehemals römi&#x017F;chen Gebieten, deren Be&#x017F;itz ihnen zugefallen war,<lb/>
auf die früheren kai&#x017F;erlichen Gerecht&#x017F;ame zu verzichten.</p><lb/>
            <p>Daher blieb die La&#x017F;t der Vor&#x017F;panne und des Lebensunter-<lb/>
halts bei Königsrei&#x017F;en als Pflicht der Unterthanen<note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Flegler</hi>, zur Ge&#x017F;chichte der Po&#x017F;ten.</note> allenthalben<lb/>
wohin nur einer der Könige und &#x017F;ein Gefolge ihre Rei&#x017F;e<lb/>
richteten.</p><lb/>
            <p>Selb&#x017F;t die alte Uebung, Freibriefe auf den Genuß die&#x017F;er<lb/>
öffentlichen Vortheile auch an Andere nach Gutdünken zu ver-<lb/>
leihen, dauerte als königliches Vorrecht ununterbrochen fort,<lb/>
wie dies aus mehreren Quellen zu entnehmen i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Wie bei den Römern, &#x017F;o hatten auch bei den fränki&#x017F;chen<lb/>
Königen die Ge&#x017F;andten des Hofes oder fremde Abge&#x017F;andte, die<lb/>
an ihren Hof kamen, den Genuß der freien Rei&#x017F;e und freien<lb/>
Unterhalt für ihre Per&#x017F;on &#x017F;owohl, als für ihr Gefolge auf<lb/>
Ko&#x017F;ten des Staates oder der Unterthanen. Zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
wurden &#x017F;ie vom Könige oder &#x017F;einem Stellvertreter mit Frei-<lb/>
briefen ver&#x017F;ehen, welche wie früher &#x201E;<hi rendition="#aq">evectiones</hi>&#x201C; oder &#x201E;<hi rendition="#aq">trac-<lb/>
toriae</hi>&#x201C; hießen<note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Guérard, Polyptyque de l'ablée d'Irminion, tom. I. p. 2 §. 425.<lb/>
&#x201E;Dans le diplôme de Chilperic II &#x201E;evectio&#x201C; signifie ce qui est ac-<lb/>
cordé pour la route et &#x201E;tractoriae&#x201C; les lettres expediées à ce sujet.</hi></note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">9</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0142] unterhalt für die reiſenden königlichen Beamten in Anſpruch zu nehmen, da wußte jeder König oder Herzog einen geeigneten Gebrauch davon zu machen. So war namentlich Chlodwig und ſeine Nachfolger ſo wenig, als die übrigen germaniſchen Könige geſonnen, in den ehemals römiſchen Gebieten, deren Beſitz ihnen zugefallen war, auf die früheren kaiſerlichen Gerechtſame zu verzichten. Daher blieb die Laſt der Vorſpanne und des Lebensunter- halts bei Königsreiſen als Pflicht der Unterthanen 1) allenthalben wohin nur einer der Könige und ſein Gefolge ihre Reiſe richteten. Selbſt die alte Uebung, Freibriefe auf den Genuß dieſer öffentlichen Vortheile auch an Andere nach Gutdünken zu ver- leihen, dauerte als königliches Vorrecht ununterbrochen fort, wie dies aus mehreren Quellen zu entnehmen iſt. Wie bei den Römern, ſo hatten auch bei den fränkiſchen Königen die Geſandten des Hofes oder fremde Abgeſandte, die an ihren Hof kamen, den Genuß der freien Reiſe und freien Unterhalt für ihre Perſon ſowohl, als für ihr Gefolge auf Koſten des Staates oder der Unterthanen. Zu dieſem Zwecke wurden ſie vom Könige oder ſeinem Stellvertreter mit Frei- briefen verſehen, welche wie früher „evectiones“ oder „trac- toriae“ hießen 2). 1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten. 2) Guérard, Polyptyque de l'ablée d'Irminion, tom. I. p. 2 §. 425. „Dans le diplôme de Chilperic II „evectio“ signifie ce qui est ac- cordé pour la route et „tractoriae“ les lettres expediées à ce sujet. 9

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/142
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/142>, abgerufen am 25.11.2024.