Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Corporationen ansehnlich und einflußreich in Kirche und
Staat wurden. Auf solche Weise entstanden theils Special-
schulen für besondere Wissenschaften, theils Generalschulen oder
Universitäten. Von den ersten sind zumal jene zu Bononien
für die Jurisprudenz, zu Salerno für die Arzneigelehrtheit,
Paris und Oxford für die Philosophie und Theologie berühmt
geworden. Die beiden letzten erweiterten sich zu Universitäten,
deren Rang und Vorrechte auch die Schulen von Rom, Padua,
Toulouse, Montpellier und Salamanca erhielten.

Die Verbindungen, welche diese Schulen und Universitäten
sowohl untereinander, als mit der Heimat der sie Besuchenden
unterhielten, haben einen so großen und wichtigen Antheil an
der Entwicklung des Verkehrslebens, daß ein detaillirtes Ein-
gehen in die Sache von größtem Jnteresse ist.

Nicht alle Universitäten zeigen eine gleiche Entwicklung ihrer
Botenanstalten, am meisten aber hat sich durch ihre Ausdehn-
ung und lange Dauer die Botenanstalt der Pariser Universität
bemerklich gemacht. -- Man scheint daraus geschlossen zu haben1),
daß diese Einrichtung eine ausschließliche Eigenthümlichkeit der
Pariser Hochschule gewesen sei, was indeß keineswegs der Fall
war. Vielmehr galt das Jnstitut gefreiter Boten für ein ebenso
nothwendiges Attribut jeder universitas literarum, als ihre gleich-
falls gefreiten Apparitoren oder Pedelle (bidelli), ihre Schreiber,
Buchbinder und Papierfabrikanten. Wie dieses ganze Corps von
Dienern der Universität, so genossen auch die Boten oder Nun-
tien die gleichen Privilegien mit den Magistern und Studenten.

1) Historisch-politische Blätter, 1858. Band II.

Corporationen anſehnlich und einflußreich in Kirche und
Staat wurden. Auf ſolche Weiſe entſtanden theils Special-
ſchulen für beſondere Wiſſenſchaften, theils Generalſchulen oder
Univerſitäten. Von den erſten ſind zumal jene zu Bononien
für die Jurisprudenz, zu Salerno für die Arzneigelehrtheit,
Paris und Oxford für die Philoſophie und Theologie berühmt
geworden. Die beiden letzten erweiterten ſich zu Univerſitäten,
deren Rang und Vorrechte auch die Schulen von Rom, Padua,
Toulouſe, Montpellier und Salamanca erhielten.

Die Verbindungen, welche dieſe Schulen und Univerſitäten
ſowohl untereinander, als mit der Heimat der ſie Beſuchenden
unterhielten, haben einen ſo großen und wichtigen Antheil an
der Entwicklung des Verkehrslebens, daß ein detaillirtes Ein-
gehen in die Sache von größtem Jntereſſe iſt.

Nicht alle Univerſitäten zeigen eine gleiche Entwicklung ihrer
Botenanſtalten, am meiſten aber hat ſich durch ihre Ausdehn-
ung und lange Dauer die Botenanſtalt der Pariſer Univerſität
bemerklich gemacht. — Man ſcheint daraus geſchloſſen zu haben1),
daß dieſe Einrichtung eine ausſchließliche Eigenthümlichkeit der
Pariſer Hochſchule geweſen ſei, was indeß keineswegs der Fall
war. Vielmehr galt das Jnſtitut gefreiter Boten für ein ebenſo
nothwendiges Attribut jeder universitas literarum, als ihre gleich-
falls gefreiten Apparitoren oder Pedelle (bidelli), ihre Schreiber,
Buchbinder und Papierfabrikanten. Wie dieſes ganze Corps von
Dienern der Univerſität, ſo genoſſen auch die Boten oder Nun-
tien die gleichen Privilegien mit den Magiſtern und Studenten.

1) Hiſtoriſch-politiſche Blätter, 1858. Band II.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0215" n="202"/>
Corporationen</hi> an&#x017F;ehnlich und einflußreich in Kirche und<lb/>
Staat wurden. Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e ent&#x017F;tanden theils Special-<lb/>
&#x017F;chulen für be&#x017F;ondere Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, theils General&#x017F;chulen oder<lb/>
Univer&#x017F;itäten. Von den er&#x017F;ten &#x017F;ind zumal jene zu Bononien<lb/>
für die Jurisprudenz, zu Salerno für die Arzneigelehrtheit,<lb/>
Paris und Oxford für die Philo&#x017F;ophie und Theologie berühmt<lb/>
geworden. Die beiden letzten erweiterten &#x017F;ich zu Univer&#x017F;itäten,<lb/>
deren Rang und Vorrechte auch die Schulen von Rom, Padua,<lb/>
Toulou&#x017F;e, Montpellier und Salamanca erhielten.</p><lb/>
            <p>Die Verbindungen, welche die&#x017F;e Schulen und Univer&#x017F;itäten<lb/>
&#x017F;owohl untereinander, als mit der Heimat der &#x017F;ie Be&#x017F;uchenden<lb/>
unterhielten, haben einen &#x017F;o großen und wichtigen Antheil an<lb/>
der Entwicklung des Verkehrslebens, daß ein detaillirtes Ein-<lb/>
gehen in die Sache von größtem Jntere&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Nicht alle Univer&#x017F;itäten zeigen eine gleiche Entwicklung ihrer<lb/>
Botenan&#x017F;talten, am mei&#x017F;ten aber hat &#x017F;ich durch ihre Ausdehn-<lb/>
ung und lange Dauer die Botenan&#x017F;talt der Pari&#x017F;er Univer&#x017F;ität<lb/>
bemerklich gemacht. &#x2014; Man &#x017F;cheint daraus ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en zu haben<note place="foot" n="1)">Hi&#x017F;tori&#x017F;ch-politi&#x017F;che Blätter, 1858. Band <hi rendition="#aq">II</hi>.</note>,<lb/>
daß die&#x017F;e Einrichtung eine aus&#x017F;chließliche Eigenthümlichkeit der<lb/>
Pari&#x017F;er Hoch&#x017F;chule gewe&#x017F;en &#x017F;ei, was indeß keineswegs der Fall<lb/>
war. Vielmehr galt das Jn&#x017F;titut gefreiter Boten für ein eben&#x017F;o<lb/>
nothwendiges Attribut jeder <hi rendition="#aq">universitas literarum</hi>, als ihre gleich-<lb/>
falls gefreiten Apparitoren oder Pedelle (<hi rendition="#aq">bidelli</hi>), ihre Schreiber,<lb/>
Buchbinder und Papierfabrikanten. Wie die&#x017F;es ganze Corps von<lb/>
Dienern der Univer&#x017F;ität, &#x017F;o geno&#x017F;&#x017F;en auch die Boten oder Nun-<lb/>
tien die gleichen Privilegien mit den Magi&#x017F;tern und Studenten.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0215] Corporationen anſehnlich und einflußreich in Kirche und Staat wurden. Auf ſolche Weiſe entſtanden theils Special- ſchulen für beſondere Wiſſenſchaften, theils Generalſchulen oder Univerſitäten. Von den erſten ſind zumal jene zu Bononien für die Jurisprudenz, zu Salerno für die Arzneigelehrtheit, Paris und Oxford für die Philoſophie und Theologie berühmt geworden. Die beiden letzten erweiterten ſich zu Univerſitäten, deren Rang und Vorrechte auch die Schulen von Rom, Padua, Toulouſe, Montpellier und Salamanca erhielten. Die Verbindungen, welche dieſe Schulen und Univerſitäten ſowohl untereinander, als mit der Heimat der ſie Beſuchenden unterhielten, haben einen ſo großen und wichtigen Antheil an der Entwicklung des Verkehrslebens, daß ein detaillirtes Ein- gehen in die Sache von größtem Jntereſſe iſt. Nicht alle Univerſitäten zeigen eine gleiche Entwicklung ihrer Botenanſtalten, am meiſten aber hat ſich durch ihre Ausdehn- ung und lange Dauer die Botenanſtalt der Pariſer Univerſität bemerklich gemacht. — Man ſcheint daraus geſchloſſen zu haben 1), daß dieſe Einrichtung eine ausſchließliche Eigenthümlichkeit der Pariſer Hochſchule geweſen ſei, was indeß keineswegs der Fall war. Vielmehr galt das Jnſtitut gefreiter Boten für ein ebenſo nothwendiges Attribut jeder universitas literarum, als ihre gleich- falls gefreiten Apparitoren oder Pedelle (bidelli), ihre Schreiber, Buchbinder und Papierfabrikanten. Wie dieſes ganze Corps von Dienern der Univerſität, ſo genoſſen auch die Boten oder Nun- tien die gleichen Privilegien mit den Magiſtern und Studenten. 1) Hiſtoriſch-politiſche Blätter, 1858. Band II.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/215
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/215>, abgerufen am 24.11.2024.