Gerade dieser Umstand mochte Veranlassung gegeben haben, daß sich im Verlaufe der Zeiten und besonders unter Carl VI. sich Viele in die Universitätsämter und ihre Privilegien einzu- schleichen wußten, so daß insbesondere seit 1445 immerwährende Klagen und Streitigkeiten der königlichen Steuerbeamten und Zolleinnehmer, sowie der städtischen Commissäre gegen die Uni- versität und umgekehrt wegen angeblich mißbrauchter Privi- legien entstanden. Jm Jahre 1516 fand die Bestätigung der academischen Privilegien in Folge dieser Mißbräuche sogar beim Parlament eine Beanstandung und es ist hieraus wohl zu er- sehen, welch' tief eingewurzelte und fest begründete Stellung diese academische Botenanstalt hatte, da sie selbst mit der spätern französischen Staatspost, deren Anfang sich, wie wir sehen werden, vom Jahr 1464 datiret, noch eine Concurrenz bis zum Jahre 1719 zu bestehen vermocht hat.
"Was nun," sagt Flegler1), "die ganze Einrichtung dieses Botenwesens als wahren Fortschritt erscheinen läßt, das ist die finanzielle Grundlage, auf welcher dieselbe beruhte. Man löste die Aufgabe, die Anstalt durch eigene Kraft zu erhalten. Ohne Zweifel war das Geschäft der Großboten, soweit es sich um Auslage und Kosten handelte, ein Privatunternehmen. Sie bezogen die festgestellten Postgelder, leisteten die nöthigen Dienste und bezahlten dafür an die Universität einen verhältnißmäßigen Betrag. Dieser floß zunächst in die Casse der Nationen und wurde von da aus zum Besten der Universität, namentlich zur Erhaltung der sogenannten Facultät der Künste verwendet. Daß die ganze Stellung der Großboten sie frühe darauf hinwies,
1)Flegler, zur Geschichte der Posten.
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Gerade dieſer Umſtand mochte Veranlaſſung gegeben haben, daß ſich im Verlaufe der Zeiten und beſonders unter Carl VI. ſich Viele in die Univerſitätsämter und ihre Privilegien einzu- ſchleichen wußten, ſo daß insbeſondere ſeit 1445 immerwährende Klagen und Streitigkeiten der königlichen Steuerbeamten und Zolleinnehmer, ſowie der ſtädtiſchen Commiſſäre gegen die Uni- verſität und umgekehrt wegen angeblich mißbrauchter Privi- legien entſtanden. Jm Jahre 1516 fand die Beſtätigung der academiſchen Privilegien in Folge dieſer Mißbräuche ſogar beim Parlament eine Beanſtandung und es iſt hieraus wohl zu er- ſehen, welch' tief eingewurzelte und feſt begründete Stellung dieſe academiſche Botenanſtalt hatte, da ſie ſelbſt mit der ſpätern franzöſiſchen Staatspoſt, deren Anfang ſich, wie wir ſehen werden, vom Jahr 1464 datiret, noch eine Concurrenz bis zum Jahre 1719 zu beſtehen vermocht hat.
„Was nun,“ ſagt Flegler1), „die ganze Einrichtung dieſes Botenweſens als wahren Fortſchritt erſcheinen läßt, das iſt die finanzielle Grundlage, auf welcher dieſelbe beruhte. Man löſte die Aufgabe, die Anſtalt durch eigene Kraft zu erhalten. Ohne Zweifel war das Geſchäft der Großboten, ſoweit es ſich um Auslage und Koſten handelte, ein Privatunternehmen. Sie bezogen die feſtgeſtellten Poſtgelder, leiſteten die nöthigen Dienſte und bezahlten dafür an die Univerſität einen verhältnißmäßigen Betrag. Dieſer floß zunächſt in die Caſſe der Nationen und wurde von da aus zum Beſten der Univerſität, namentlich zur Erhaltung der ſogenannten Facultät der Künſte verwendet. Daß die ganze Stellung der Großboten ſie frühe darauf hinwies,
1)Flegler, zur Geſchichte der Poſten.
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Gerade dieſer Umſtand mochte Veranlaſſung gegeben haben,
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ſchleichen wußten, ſo daß insbeſondere ſeit 1445 immerwährende
Klagen und Streitigkeiten der königlichen Steuerbeamten und
Zolleinnehmer, ſowie der ſtädtiſchen Commiſſäre gegen die Uni-
verſität und umgekehrt wegen angeblich mißbrauchter Privi-
legien entſtanden. Jm Jahre 1516 fand die Beſtätigung der
academiſchen Privilegien in Folge dieſer Mißbräuche ſogar beim
Parlament eine Beanſtandung und es iſt hieraus wohl zu er-
ſehen, welch' tief eingewurzelte und feſt begründete Stellung
dieſe academiſche Botenanſtalt hatte, da ſie ſelbſt mit der ſpätern
franzöſiſchen Staatspoſt, deren Anfang ſich, wie wir ſehen werden,
vom Jahr 1464 datiret, noch eine Concurrenz bis zum Jahre
1719 zu beſtehen vermocht hat.
„Was nun,“ ſagt Flegler 1), „die ganze Einrichtung dieſes
Botenweſens als wahren Fortſchritt erſcheinen läßt, das iſt die
finanzielle Grundlage, auf welcher dieſelbe beruhte. Man löſte
die Aufgabe, die Anſtalt durch eigene Kraft zu erhalten.
Ohne Zweifel war das Geſchäft der Großboten, ſoweit es ſich
um Auslage und Koſten handelte, ein Privatunternehmen. Sie
bezogen die feſtgeſtellten Poſtgelder, leiſteten die nöthigen Dienſte
und bezahlten dafür an die Univerſität einen verhältnißmäßigen
Betrag. Dieſer floß zunächſt in die Caſſe der Nationen und
wurde von da aus zum Beſten der Univerſität, namentlich zur
Erhaltung der ſogenannten Facultät der Künſte verwendet. Daß
die ganze Stellung der Großboten ſie frühe darauf hinwies,
1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten.
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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/224>, abgerufen am 24.11.2024.
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