auch das Publicum zur Betheiligung heranzuziehen, läßt sich von vornherein annehmen, und da die Anstalt in Fällen des Kriegs durch Privilegien der Könige sowie der Regierungen der angrenzenden Staaten gesichert war, so gewährte dieselbe eine Sicherheit, welche alle Classen der Gesellschaft zur Benütz- ung einlud".
Wir sehen demnach eine Einrichtung vor uns, die, ursprüng- lich zum Besten einer Körperschaft gegründet, im eigenen Jn- teresse sehr bald die übrige Gesellschaft in's Auge faßte und durch die Beiträge dieser Gesellschaft erhalten wurde, ohne auf verhaßte Weise die Kräfte Dritter und Unbetheiligter zum Vor- theile Alleingenießender auszubeuten. --
Jn der Anstalt spiegelt sich zugleich der eigenthümliche Geist der mittelalterlichen Zeit, denn nicht die Zustände dieser letzteren, welche Viele in thörichter Vermessenheit zurückzuführen trachten, an und für sich und unbedingt bilden das Bewundernswerthe, sondern es ist das Princip der Freiheit, die durch alle Schichten der Gesellschaft dringt, das Aufleben neuer Kräfte ist es, welche alle, je in tausend verschiedenartigen Kreisen arbeitend, doch zusammen einen Boden schufen, dem auch die Einheit entsprießen konnte.
Aber auch diese gewichtige Grundkraft des Mittelalters hatte eine ihr zugewiesene Begrenzung; sie mußte dahin schwinden, sobald die zuerst wirkenden und schaffenden Triebfedern in ihr selber an Nachhaltigkeit zu verlieren anfingen. Alle Einricht- ungen dieses Zeitraumes waren auf die Bedürfnisse der Land- schaften, der Oertlichkeiten, der Körperschaften und Stände ge- gründet; sobald neue Bedürfnisse entstanden, welche über alle diese Einzeldinge hinausgingen, sie durchkreuzten und schwächten
auch das Publicum zur Betheiligung heranzuziehen, läßt ſich von vornherein annehmen, und da die Anſtalt in Fällen des Kriegs durch Privilegien der Könige ſowie der Regierungen der angrenzenden Staaten geſichert war, ſo gewährte dieſelbe eine Sicherheit, welche alle Claſſen der Geſellſchaft zur Benütz- ung einlud“.
Wir ſehen demnach eine Einrichtung vor uns, die, urſprüng- lich zum Beſten einer Körperſchaft gegründet, im eigenen Jn- tereſſe ſehr bald die übrige Geſellſchaft in's Auge faßte und durch die Beiträge dieſer Geſellſchaft erhalten wurde, ohne auf verhaßte Weiſe die Kräfte Dritter und Unbetheiligter zum Vor- theile Alleingenießender auszubeuten. —
Jn der Anſtalt ſpiegelt ſich zugleich der eigenthümliche Geiſt der mittelalterlichen Zeit, denn nicht die Zuſtände dieſer letzteren, welche Viele in thörichter Vermeſſenheit zurückzuführen trachten, an und für ſich und unbedingt bilden das Bewundernswerthe, ſondern es iſt das Princip der Freiheit, die durch alle Schichten der Geſellſchaft dringt, das Aufleben neuer Kräfte iſt es, welche alle, je in tauſend verſchiedenartigen Kreiſen arbeitend, doch zuſammen einen Boden ſchufen, dem auch die Einheit entſprießen konnte.
Aber auch dieſe gewichtige Grundkraft des Mittelalters hatte eine ihr zugewieſene Begrenzung; ſie mußte dahin ſchwinden, ſobald die zuerſt wirkenden und ſchaffenden Triebfedern in ihr ſelber an Nachhaltigkeit zu verlieren anfingen. Alle Einricht- ungen dieſes Zeitraumes waren auf die Bedürfniſſe der Land- ſchaften, der Oertlichkeiten, der Körperſchaften und Stände ge- gründet; ſobald neue Bedürfniſſe entſtanden, welche über alle dieſe Einzeldinge hinausgingen, ſie durchkreuzten und ſchwächten
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[212/0225]
auch das Publicum zur Betheiligung heranzuziehen, läßt ſich
von vornherein annehmen, und da die Anſtalt in Fällen des
Kriegs durch Privilegien der Könige ſowie der Regierungen
der angrenzenden Staaten geſichert war, ſo gewährte dieſelbe
eine Sicherheit, welche alle Claſſen der Geſellſchaft zur Benütz-
ung einlud“.
Wir ſehen demnach eine Einrichtung vor uns, die, urſprüng-
lich zum Beſten einer Körperſchaft gegründet, im eigenen Jn-
tereſſe ſehr bald die übrige Geſellſchaft in's Auge faßte und
durch die Beiträge dieſer Geſellſchaft erhalten wurde, ohne auf
verhaßte Weiſe die Kräfte Dritter und Unbetheiligter zum Vor-
theile Alleingenießender auszubeuten. —
Jn der Anſtalt ſpiegelt ſich zugleich der eigenthümliche Geiſt
der mittelalterlichen Zeit, denn nicht die Zuſtände dieſer letzteren,
welche Viele in thörichter Vermeſſenheit zurückzuführen trachten,
an und für ſich und unbedingt bilden das Bewundernswerthe,
ſondern es iſt das Princip der Freiheit, die durch alle Schichten
der Geſellſchaft dringt, das Aufleben neuer Kräfte iſt es, welche
alle, je in tauſend verſchiedenartigen Kreiſen arbeitend, doch
zuſammen einen Boden ſchufen, dem auch die Einheit entſprießen
konnte.
Aber auch dieſe gewichtige Grundkraft des Mittelalters hatte
eine ihr zugewieſene Begrenzung; ſie mußte dahin ſchwinden,
ſobald die zuerſt wirkenden und ſchaffenden Triebfedern in ihr
ſelber an Nachhaltigkeit zu verlieren anfingen. Alle Einricht-
ungen dieſes Zeitraumes waren auf die Bedürfniſſe der Land-
ſchaften, der Oertlichkeiten, der Körperſchaften und Stände ge-
gründet; ſobald neue Bedürfniſſe entſtanden, welche über alle
dieſe Einzeldinge hinausgingen, ſie durchkreuzten und ſchwächten
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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/225>, abgerufen am 24.11.2024.
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