waren, hatte der große Churfürst die jetzige Anstalt zur Be- förderung des Gemein-Wohls eingerichtet, auch hierin dem Wahlspruch folgend, den er dem Churprinzen auswendig lernen ließ: "Sic gesturus sum principatum, ut sciam, rem populi esse, non meam privatam"1).
Solche Grundsätze hatten bei den Reichsposten noch nicht Platz gegriffen, ebensowenig bei den österreichischen Erbland- posten; denn in diese 3 Verwaltungen war nunmehr das Post- wesen der deutschen Lande getheilt.
Mit diesem Grundsatze war aber auch der Gedanke eines volkswirthschaftlichen Princips ausgesprochen, das man bei der Durchführung der Posteinrichtungen festhalten wollte; bei den Reichsposten konnte dies selbstverständlich nicht sobald und im gleichen Maße gehofft werden, denn den materiellen Opfern, welche zu bringen waren, standen nicht die gleichen volkswirth- schaftlichen Früchte gegenüber.
Friedrich Wilhelm der Große war also der erste deutsche Reichsfürst, welcher seine Territorialposten nach den heutigen Principien einrichtete, und sehr treffend sagt Stephan2) "wie wenig ahnt oft die im ruhigen Genuß der Güter des Lebens und der Einrichtungen des Staates be- griffene Nachwelt, welche Schwierigkeiten die Vorfahren zu über- stehen hatten, um nur das zu erreichen, was uns so natürlich erscheint."
1)Stephan a. a. O. 64.
2)Stephan a. a. O. p. 63.
waren, hatte der große Churfürſt die jetzige Anſtalt zur Be- förderung des Gemein-Wohls eingerichtet, auch hierin dem Wahlſpruch folgend, den er dem Churprinzen auswendig lernen ließ: „Sic gesturus sum principatum, ut sciam, rem populi esse, non meam privatam“1).
Solche Grundſätze hatten bei den Reichspoſten noch nicht Platz gegriffen, ebenſowenig bei den öſterreichiſchen Erbland- poſten; denn in dieſe 3 Verwaltungen war nunmehr das Poſt- weſen der deutſchen Lande getheilt.
Mit dieſem Grundſatze war aber auch der Gedanke eines volkswirthſchaftlichen Princips ausgeſprochen, das man bei der Durchführung der Poſteinrichtungen feſthalten wollte; bei den Reichspoſten konnte dies ſelbſtverſtändlich nicht ſobald und im gleichen Maße gehofft werden, denn den materiellen Opfern, welche zu bringen waren, ſtanden nicht die gleichen volkswirth- ſchaftlichen Früchte gegenüber.
Friedrich Wilhelm der Große war alſo der erſte deutſche Reichsfürſt, welcher ſeine Territorialpoſten nach den heutigen Principien einrichtete, und ſehr treffend ſagt Stephan2) „wie wenig ahnt oft die im ruhigen Genuß der Güter des Lebens und der Einrichtungen des Staates be- griffene Nachwelt, welche Schwierigkeiten die Vorfahren zu über- ſtehen hatten, um nur das zu erreichen, was uns ſo natürlich erſcheint.“
1)Stephan a. a. O. 64.
2)Stephan a. a. O. p. 63.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0340"n="327"/>
waren, hatte der große Churfürſt die jetzige Anſtalt zur Be-<lb/>
förderung des <hirendition="#g">Gemein-Wohls</hi> eingerichtet, auch hierin dem<lb/>
Wahlſpruch folgend, den er dem Churprinzen auswendig lernen<lb/>
ließ: <hirendition="#aq">„Sic gesturus sum principatum, ut sciam, rem populi<lb/>
esse, non meam privatam“</hi><noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Stephan</hi> a. a. O. 64.</note>.</p><lb/><p>Solche Grundſätze hatten bei den Reichspoſten noch nicht<lb/>
Platz gegriffen, ebenſowenig bei den öſterreichiſchen Erbland-<lb/>
poſten; denn in dieſe 3 Verwaltungen war nunmehr das Poſt-<lb/>
weſen der deutſchen Lande getheilt.</p><lb/><p>Mit dieſem Grundſatze war aber auch der Gedanke eines<lb/>
volkswirthſchaftlichen Princips ausgeſprochen, das man bei der<lb/>
Durchführung der Poſteinrichtungen feſthalten wollte; bei den<lb/>
Reichspoſten konnte dies ſelbſtverſtändlich nicht ſobald und im<lb/>
gleichen Maße gehofft werden, denn den materiellen Opfern,<lb/>
welche zu bringen waren, ſtanden nicht die gleichen volkswirth-<lb/>ſchaftlichen Früchte gegenüber.</p><lb/><p>Friedrich Wilhelm der Große war alſo der <hirendition="#g">erſte deutſche<lb/>
Reichsfürſt, welcher ſeine Territorialpoſten nach<lb/>
den heutigen Principien einrichtete,</hi> und ſehr treffend<lb/>ſagt <hirendition="#aq">Stephan</hi><noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#aq">Stephan</hi> a. a. O. <hirendition="#aq">p</hi>. 63.</note>„wie wenig ahnt oft die im ruhigen Genuß<lb/>
der Güter des Lebens und der Einrichtungen des Staates be-<lb/>
griffene Nachwelt, welche Schwierigkeiten die Vorfahren zu über-<lb/>ſtehen hatten, um nur das zu erreichen, was uns ſo natürlich<lb/>
erſcheint.“</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></div></div></body></text></TEI>
[327/0340]
waren, hatte der große Churfürſt die jetzige Anſtalt zur Be-
förderung des Gemein-Wohls eingerichtet, auch hierin dem
Wahlſpruch folgend, den er dem Churprinzen auswendig lernen
ließ: „Sic gesturus sum principatum, ut sciam, rem populi
esse, non meam privatam“ 1).
Solche Grundſätze hatten bei den Reichspoſten noch nicht
Platz gegriffen, ebenſowenig bei den öſterreichiſchen Erbland-
poſten; denn in dieſe 3 Verwaltungen war nunmehr das Poſt-
weſen der deutſchen Lande getheilt.
Mit dieſem Grundſatze war aber auch der Gedanke eines
volkswirthſchaftlichen Princips ausgeſprochen, das man bei der
Durchführung der Poſteinrichtungen feſthalten wollte; bei den
Reichspoſten konnte dies ſelbſtverſtändlich nicht ſobald und im
gleichen Maße gehofft werden, denn den materiellen Opfern,
welche zu bringen waren, ſtanden nicht die gleichen volkswirth-
ſchaftlichen Früchte gegenüber.
Friedrich Wilhelm der Große war alſo der erſte deutſche
Reichsfürſt, welcher ſeine Territorialpoſten nach
den heutigen Principien einrichtete, und ſehr treffend
ſagt Stephan 2) „wie wenig ahnt oft die im ruhigen Genuß
der Güter des Lebens und der Einrichtungen des Staates be-
griffene Nachwelt, welche Schwierigkeiten die Vorfahren zu über-
ſtehen hatten, um nur das zu erreichen, was uns ſo natürlich
erſcheint.“
1) Stephan a. a. O. 64.
2) Stephan a. a. O. p. 63.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/340>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.