Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

welche den Dienst gewissenhaft verrichteten, eine sehr geringe
gewesen sein muß. Einem andern frühern Gesetze des Kaiser
Valentinian (v. J. 364) zufolge scheinen auch arge Mißbräuche
und Unterschleife vorgekommen zu sein, und wer weiß, welche
unfreiwilligen Steuern die Reisenden an manchen Stationen
zu zahlen hatten, wenigstens sagt dieses Gesetz: "competenti
ratione prohibemus, ne hi qui familiae praesunt
(nämlich
die mancipes) novum rapinarum ac fraudium genus exer-
ceant, ut pro rotarum tritura ac ministeriis pecuniam ab
angariarum praebitoribus poscant
". -- Das Gesetz spricht
noch obendrein von einer neuen Methode von Betrug und
Erpressung, also müssen andere vorher schon bekannt und in
Schwung gewesen sein.

Die Lasten des Dienstes waren allerdings auch sehr groß;
zunächst die große Verantwortung, Alles herbeizuschaffen, was
der cursus publicus benöthigte, und zwar stets kämpfend gegen
den Widerwillen der sich widerstrebenden Provinzialen, denen
die Verpflichtung zur unentgeltlichen Lieferung schon lange eine
Last geworden war, dann aber selbst von der Gehässigkeit der
Provinzialen vielleicht ohne Schuld verfolgt und angefeindet
und überdieß von den curiosis und übrigen Oberaufsehern in
Allem mißtrauisch bewacht, konnte es nicht anders kommen,
als daß der Kaiser im Verlaufe der Zeit selbst zwangsweise
andere ausgediente Beamte für diesen Dienst verwenden mußte.

Wie strenge der Dienst selbst gehandhabt werden sollte, ist
wohl aus ebendemselben Gesetz (L. XXXVI.) ersichtlich, da die
Beamten nach demselben innerhalb 30 Tagen nur je einen Tag
sich vom Dienst entfernen durften, -- nec intra triginta dies
amplius
(nämlich die) cuiquam liceat ex mutatione discedere;

welche den Dienſt gewiſſenhaft verrichteten, eine ſehr geringe
geweſen ſein muß. Einem andern frühern Geſetze des Kaiſer
Valentinian (v. J. 364) zufolge ſcheinen auch arge Mißbräuche
und Unterſchleife vorgekommen zu ſein, und wer weiß, welche
unfreiwilligen Steuern die Reiſenden an manchen Stationen
zu zahlen hatten, wenigſtens ſagt dieſes Geſetz: „competenti
ratione prohibemus, ne hi qui familiae praesunt
(nämlich
die mancipes) novum rapinarum ac fraudium genus exer-
ceant, ut pro rotarum tritura ac ministeriis pecuniam ab
angariarum praebitoribus poscant
“. — Das Geſetz ſpricht
noch obendrein von einer neuen Methode von Betrug und
Erpreſſung, alſo müſſen andere vorher ſchon bekannt und in
Schwung geweſen ſein.

Die Laſten des Dienſtes waren allerdings auch ſehr groß;
zunächſt die große Verantwortung, Alles herbeizuſchaffen, was
der cursus publicus benöthigte, und zwar ſtets kämpfend gegen
den Widerwillen der ſich widerſtrebenden Provinzialen, denen
die Verpflichtung zur unentgeltlichen Lieferung ſchon lange eine
Laſt geworden war, dann aber ſelbſt von der Gehäſſigkeit der
Provinzialen vielleicht ohne Schuld verfolgt und angefeindet
und überdieß von den curiosis und übrigen Oberaufſehern in
Allem mißtrauiſch bewacht, konnte es nicht anders kommen,
als daß der Kaiſer im Verlaufe der Zeit ſelbſt zwangsweiſe
andere ausgediente Beamte für dieſen Dienſt verwenden mußte.

Wie ſtrenge der Dienſt ſelbſt gehandhabt werden ſollte, iſt
wohl aus ebendemſelben Geſetz (L. XXXVI.) erſichtlich, da die
Beamten nach demſelben innerhalb 30 Tagen nur je einen Tag
ſich vom Dienſt entfernen durften, — nec intra triginta dies
amplius
(nämlich die) cuiquam liceat ex mutatione discedere;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0071" n="58"/>
welche den Dien&#x017F;t gewi&#x017F;&#x017F;enhaft verrichteten, eine &#x017F;ehr geringe<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ein muß. Einem andern frühern Ge&#x017F;etze des Kai&#x017F;er<lb/><hi rendition="#aq">Valentinian</hi> (v. J. 364) zufolge &#x017F;cheinen auch arge Mißbräuche<lb/>
und Unter&#x017F;chleife vorgekommen zu &#x017F;ein, und wer weiß, welche<lb/>
unfreiwilligen Steuern die Rei&#x017F;enden an manchen Stationen<lb/>
zu zahlen hatten, wenig&#x017F;tens &#x017F;agt die&#x017F;es Ge&#x017F;etz: &#x201E;<hi rendition="#aq">competenti<lb/>
ratione prohibemus, ne hi qui familiae praesunt</hi> (nämlich<lb/>
die <hi rendition="#aq">mancipes) <hi rendition="#g">novum</hi> rapinarum ac fraudium genus exer-<lb/>
ceant, ut pro rotarum tritura ac ministeriis pecuniam ab<lb/>
angariarum praebitoribus poscant</hi>&#x201C;. &#x2014; Das Ge&#x017F;etz &#x017F;pricht<lb/>
noch obendrein von einer <hi rendition="#g">neuen</hi> Methode von Betrug und<lb/>
Erpre&#x017F;&#x017F;ung, al&#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en andere vorher &#x017F;chon bekannt und in<lb/>
Schwung gewe&#x017F;en &#x017F;ein.</p><lb/>
                <p>Die La&#x017F;ten des Dien&#x017F;tes waren allerdings auch &#x017F;ehr groß;<lb/>
zunäch&#x017F;t die große Verantwortung, Alles herbeizu&#x017F;chaffen, was<lb/>
der <hi rendition="#aq">cursus publicus</hi> benöthigte, und zwar &#x017F;tets kämpfend gegen<lb/>
den Widerwillen der &#x017F;ich wider&#x017F;trebenden Provinzialen, denen<lb/>
die Verpflichtung zur unentgeltlichen Lieferung &#x017F;chon lange eine<lb/>
La&#x017F;t geworden war, dann aber &#x017F;elb&#x017F;t von der Gehä&#x017F;&#x017F;igkeit der<lb/>
Provinzialen vielleicht ohne Schuld verfolgt und angefeindet<lb/>
und überdieß von den <hi rendition="#aq">curiosis</hi> und übrigen Oberauf&#x017F;ehern in<lb/>
Allem mißtraui&#x017F;ch bewacht, konnte es nicht anders kommen,<lb/>
als daß der Kai&#x017F;er im Verlaufe der Zeit &#x017F;elb&#x017F;t zwangswei&#x017F;e<lb/>
andere ausgediente Beamte für die&#x017F;en Dien&#x017F;t verwenden mußte.</p><lb/>
                <p>Wie &#x017F;trenge der Dien&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t gehandhabt werden &#x017F;ollte, i&#x017F;t<lb/>
wohl aus ebendem&#x017F;elben Ge&#x017F;etz (<hi rendition="#aq">L. XXXVI.</hi>) er&#x017F;ichtlich, da die<lb/>
Beamten nach dem&#x017F;elben innerhalb 30 Tagen nur je <hi rendition="#g">einen</hi> Tag<lb/>
&#x017F;ich vom Dien&#x017F;t entfernen durften, &#x2014; <hi rendition="#aq">nec intra triginta dies<lb/>
amplius</hi> (nämlich <hi rendition="#aq">die</hi>) <hi rendition="#aq">cuiquam liceat ex mutatione discedere;<lb/></hi></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0071] welche den Dienſt gewiſſenhaft verrichteten, eine ſehr geringe geweſen ſein muß. Einem andern frühern Geſetze des Kaiſer Valentinian (v. J. 364) zufolge ſcheinen auch arge Mißbräuche und Unterſchleife vorgekommen zu ſein, und wer weiß, welche unfreiwilligen Steuern die Reiſenden an manchen Stationen zu zahlen hatten, wenigſtens ſagt dieſes Geſetz: „competenti ratione prohibemus, ne hi qui familiae praesunt (nämlich die mancipes) novum rapinarum ac fraudium genus exer- ceant, ut pro rotarum tritura ac ministeriis pecuniam ab angariarum praebitoribus poscant“. — Das Geſetz ſpricht noch obendrein von einer neuen Methode von Betrug und Erpreſſung, alſo müſſen andere vorher ſchon bekannt und in Schwung geweſen ſein. Die Laſten des Dienſtes waren allerdings auch ſehr groß; zunächſt die große Verantwortung, Alles herbeizuſchaffen, was der cursus publicus benöthigte, und zwar ſtets kämpfend gegen den Widerwillen der ſich widerſtrebenden Provinzialen, denen die Verpflichtung zur unentgeltlichen Lieferung ſchon lange eine Laſt geworden war, dann aber ſelbſt von der Gehäſſigkeit der Provinzialen vielleicht ohne Schuld verfolgt und angefeindet und überdieß von den curiosis und übrigen Oberaufſehern in Allem mißtrauiſch bewacht, konnte es nicht anders kommen, als daß der Kaiſer im Verlaufe der Zeit ſelbſt zwangsweiſe andere ausgediente Beamte für dieſen Dienſt verwenden mußte. Wie ſtrenge der Dienſt ſelbſt gehandhabt werden ſollte, iſt wohl aus ebendemſelben Geſetz (L. XXXVI.) erſichtlich, da die Beamten nach demſelben innerhalb 30 Tagen nur je einen Tag ſich vom Dienſt entfernen durften, — nec intra triginta dies amplius (nämlich die) cuiquam liceat ex mutatione discedere;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/71
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/71>, abgerufen am 21.11.2024.