Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.auch nur den oberflächlichsten Begriff von ihrer eigenen "Es ist in der That," sagt Lichtenberg, "ein Jch glaube, daß einem höhern Geschöpf, als auch nur den oberflaͤchlichſten Begriff von ihrer eigenen »Es iſt in der That,« ſagt Lichtenberg, »ein Jch glaube, daß einem hoͤhern Geſchoͤpf, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="130"/> auch nur den oberflaͤchlichſten Begriff von ihrer eigenen<lb/> Organiſation und von der Geſundheitslehre erhalten<lb/> zu haben. Wie! ihr habt Jahre lang eure Schuͤler<lb/> unzaͤhlige Stunden ſitzen laſſen, unter dem Vorwande<lb/> ihren Geiſt zu cultiviren; ſie haben von euch lernen<lb/> müſſen, wie es vor 2000 Jahren in Rom und Athen<lb/> ausſah; ſie kennen dem Namen nach alle Provinzen<lb/> und alle Staͤdte der Welt, ſind in den feinſten Nuancen<lb/> der lateiniſchen und griechiſchen Grammatik bewan-<lb/> dert, und wiſſen von ihrem eigenen Koͤrper nichts,<lb/> nichts von den Nerven, von der Blutcirculation,<lb/> von dem Knochenbau, von den Muskeln, nichts von<lb/> ihrem eigenen Wunderbau! Die Geſetze des Solon<lb/> und des Lykurg, welche geſunde Staaten gruͤndeten,<lb/> ſind ihnen bekannt, nicht aber die Geſetze, nach welchen<lb/> ſie ihre eigene Geſundheit erhalten und befeſtigen<lb/> koͤnnen! Duͤnken euch jene ſo viel wichtiger als dieſe?</p><lb/> <p>»Es iſt in der That,« ſagt Lichtenberg, »ein<lb/> ſehr blindes und unſern aufgeklaͤrten Zeiten ſehr un-<lb/> angemeſſenes Vorurtheil, daß wir die Geographie und<lb/> die roͤmiſche Geſchichte eher lernen als die Phyſio-<lb/> logie und Anatomie, ja die heidniſche Fabellehre eher,<lb/> als dieſe für Menſchen beinahe ſo unentbehrliche<lb/> Wiſſenſchaft, daß ſie naͤchſt der Religion ſollte ge-<lb/> lehrt werden.</p><lb/> <p>Jch glaube, daß einem hoͤhern Geſchoͤpf, als<lb/> wir Menſchen ſind, dieſes das reizendſte Schauſpiel<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0140]
auch nur den oberflaͤchlichſten Begriff von ihrer eigenen
Organiſation und von der Geſundheitslehre erhalten
zu haben. Wie! ihr habt Jahre lang eure Schuͤler
unzaͤhlige Stunden ſitzen laſſen, unter dem Vorwande
ihren Geiſt zu cultiviren; ſie haben von euch lernen
müſſen, wie es vor 2000 Jahren in Rom und Athen
ausſah; ſie kennen dem Namen nach alle Provinzen
und alle Staͤdte der Welt, ſind in den feinſten Nuancen
der lateiniſchen und griechiſchen Grammatik bewan-
dert, und wiſſen von ihrem eigenen Koͤrper nichts,
nichts von den Nerven, von der Blutcirculation,
von dem Knochenbau, von den Muskeln, nichts von
ihrem eigenen Wunderbau! Die Geſetze des Solon
und des Lykurg, welche geſunde Staaten gruͤndeten,
ſind ihnen bekannt, nicht aber die Geſetze, nach welchen
ſie ihre eigene Geſundheit erhalten und befeſtigen
koͤnnen! Duͤnken euch jene ſo viel wichtiger als dieſe?
»Es iſt in der That,« ſagt Lichtenberg, »ein
ſehr blindes und unſern aufgeklaͤrten Zeiten ſehr un-
angemeſſenes Vorurtheil, daß wir die Geographie und
die roͤmiſche Geſchichte eher lernen als die Phyſio-
logie und Anatomie, ja die heidniſche Fabellehre eher,
als dieſe für Menſchen beinahe ſo unentbehrliche
Wiſſenſchaft, daß ſie naͤchſt der Religion ſollte ge-
lehrt werden.
Jch glaube, daß einem hoͤhern Geſchoͤpf, als
wir Menſchen ſind, dieſes das reizendſte Schauſpiel
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