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Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893.

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von Theyn, Emmaus und Glatz lohnen überhaupt eine nähere Betrachtung. Ihre fast ganz gleiche Grundrißgestaltung erweckt an und für sich den Eindruck, als rührten sie von einunddemselben Meister her. Zudem ist die Profilirung fast genau die gleiche, sodaß, wenn man nicht denselben Meister zugeben will, etwa Glatz nur durch einen Schüler und Gehülfen des Meisters der beiden ersteren Bauten gezeichnet worden sein kann. Emmaus und die Theynkirche schreibt man dem Peter Parler zu. Da aber alle drei Bauten in Profilen und Mauerstärken eher dem Untertheil des Prager Domes ähneln als dem Obertheil desselben (der letztere ist in seiner Durchbrochenheit und abweichenden Formenbildung der Fialen usw. fast das ausgesprochene Gegentheil dieser drei Kirchen mit ihren ängstlich starken Mauermassen und ihrer viel älteren Art der Detaillirung), so möchte man viel eher auf Matthias von Arras als auf Peter Parler schließen. Die Theynkirche sowohl wie Emmaus sind bedeutende Bauten, und doch spricht die Inschrift über der Büste P. Parlers im Triforium des Domes bei Aufzählung der Werke desselben nicht von ihnen. Allerdings auch nicht bei Matthias von Arras. Daß sie aber bei diesem nicht angeführt sind, spräche kaum gegen seine Urheberschaft, da der Nachfolger gewöhnlich nicht allzu beflissen ist, die Verdienste des Vorgängers hervorzuheben. Stehen doch auch sonstige Bauten des Matthias von Arras -- außer dem Dome selbst -- dort nicht aufgeführt. Zudem sind Emmaus und die Theynkirche erst lange nach Matthias fertig geworden und würden wohl von Peter Parler jahrelang besorgt und zu Ende geführt worden sein.

Doch steht man selbst mit dieser Annahme noch vor anderen Räthseln. Zu dem Slavenkloster, dessen Kirche die Emmauskirche ist, wird der Grundstein bereits im Jahre 1343 gelegt, als Matthias von Arras noch nicht in Prag war (er kam erst 1344 dorthin). Es werden allerdings zuerst nur das Kloster und der Kreuzgang errichtet, und erst gegen 1358 wird die Kirche begonnen, als Matthias schon todt (+ 1352) und Peter Parler Dombaumeister war. Die Annahme dürfte aber doch naheliegen, daß bei Beginn der Arbeiten ein vollständiger

von Theyn, Emmaus und Glatz lohnen überhaupt eine nähere Betrachtung. Ihre fast ganz gleiche Grundrißgestaltung erweckt an und für sich den Eindruck, als rührten sie von einunddemselben Meister her. Zudem ist die Profilirung fast genau die gleiche, sodaß, wenn man nicht denselben Meister zugeben will, etwa Glatz nur durch einen Schüler und Gehülfen des Meisters der beiden ersteren Bauten gezeichnet worden sein kann. Emmaus und die Theynkirche schreibt man dem Peter Parler zu. Da aber alle drei Bauten in Profilen und Mauerstärken eher dem Untertheil des Prager Domes ähneln als dem Obertheil desselben (der letztere ist in seiner Durchbrochenheit und abweichenden Formenbildung der Fialen usw. fast das ausgesprochene Gegentheil dieser drei Kirchen mit ihren ängstlich starken Mauermassen und ihrer viel älteren Art der Detaillirung), so möchte man viel eher auf Matthias von Arras als auf Peter Parler schließen. Die Theynkirche sowohl wie Emmaus sind bedeutende Bauten, und doch spricht die Inschrift über der Büste P. Parlers im Triforium des Domes bei Aufzählung der Werke desselben nicht von ihnen. Allerdings auch nicht bei Matthias von Arras. Daß sie aber bei diesem nicht angeführt sind, spräche kaum gegen seine Urheberschaft, da der Nachfolger gewöhnlich nicht allzu beflissen ist, die Verdienste des Vorgängers hervorzuheben. Stehen doch auch sonstige Bauten des Matthias von Arras — außer dem Dome selbst — dort nicht aufgeführt. Zudem sind Emmaus und die Theynkirche erst lange nach Matthias fertig geworden und würden wohl von Peter Parler jahrelang besorgt und zu Ende geführt worden sein.

Doch steht man selbst mit dieser Annahme noch vor anderen Räthseln. Zu dem Slavenkloster, dessen Kirche die Emmauskirche ist, wird der Grundstein bereits im Jahre 1343 gelegt, als Matthias von Arras noch nicht in Prag war (er kam erst 1344 dorthin). Es werden allerdings zuerst nur das Kloster und der Kreuzgang errichtet, und erst gegen 1358 wird die Kirche begonnen, als Matthias schon todt († 1352) und Peter Parler Dombaumeister war. Die Annahme dürfte aber doch naheliegen, daß bei Beginn der Arbeiten ein vollständiger

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von Theyn, Emmaus und Glatz lohnen überhaupt eine nähere Betrachtung. Ihre fast ganz gleiche Grundrißgestaltung erweckt an und für sich den Eindruck, als rührten sie von einunddemselben Meister her. Zudem ist die Profilirung fast genau die gleiche, sodaß, wenn man nicht denselben Meister zugeben will, etwa Glatz nur durch einen Schüler und Gehülfen des Meisters der beiden ersteren Bauten gezeichnet worden sein kann. Emmaus und die Theynkirche schreibt man dem Peter Parler zu. Da aber alle drei Bauten in Profilen und Mauerstärken eher dem Untertheil des Prager Domes ähneln als dem Obertheil desselben (der letztere ist in seiner Durchbrochenheit und abweichenden Formenbildung der Fialen usw. fast das ausgesprochene Gegentheil dieser drei Kirchen mit ihren ängstlich starken Mauermassen und ihrer viel älteren Art der Detaillirung), so möchte man viel eher auf Matthias von Arras als auf Peter Parler schließen. Die Theynkirche sowohl wie Emmaus sind bedeutende Bauten, und doch spricht die Inschrift über der Büste P. Parlers im Triforium des Domes bei Aufzählung der Werke desselben nicht von ihnen. Allerdings auch nicht bei Matthias von Arras. Daß sie aber bei diesem nicht angeführt sind, spräche kaum gegen seine Urheberschaft, da der Nachfolger gewöhnlich nicht allzu beflissen ist, die Verdienste des Vorgängers hervorzuheben. Stehen doch auch sonstige Bauten des Matthias von Arras &#x2014; außer dem Dome selbst &#x2014; dort nicht aufgeführt. Zudem sind Emmaus und die Theynkirche erst lange nach Matthias fertig geworden und würden wohl von Peter Parler jahrelang besorgt und zu Ende geführt worden sein.</p>
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[28/0034] von Theyn, Emmaus und Glatz lohnen überhaupt eine nähere Betrachtung. Ihre fast ganz gleiche Grundrißgestaltung erweckt an und für sich den Eindruck, als rührten sie von einunddemselben Meister her. Zudem ist die Profilirung fast genau die gleiche, sodaß, wenn man nicht denselben Meister zugeben will, etwa Glatz nur durch einen Schüler und Gehülfen des Meisters der beiden ersteren Bauten gezeichnet worden sein kann. Emmaus und die Theynkirche schreibt man dem Peter Parler zu. Da aber alle drei Bauten in Profilen und Mauerstärken eher dem Untertheil des Prager Domes ähneln als dem Obertheil desselben (der letztere ist in seiner Durchbrochenheit und abweichenden Formenbildung der Fialen usw. fast das ausgesprochene Gegentheil dieser drei Kirchen mit ihren ängstlich starken Mauermassen und ihrer viel älteren Art der Detaillirung), so möchte man viel eher auf Matthias von Arras als auf Peter Parler schließen. Die Theynkirche sowohl wie Emmaus sind bedeutende Bauten, und doch spricht die Inschrift über der Büste P. Parlers im Triforium des Domes bei Aufzählung der Werke desselben nicht von ihnen. Allerdings auch nicht bei Matthias von Arras. Daß sie aber bei diesem nicht angeführt sind, spräche kaum gegen seine Urheberschaft, da der Nachfolger gewöhnlich nicht allzu beflissen ist, die Verdienste des Vorgängers hervorzuheben. Stehen doch auch sonstige Bauten des Matthias von Arras — außer dem Dome selbst — dort nicht aufgeführt. Zudem sind Emmaus und die Theynkirche erst lange nach Matthias fertig geworden und würden wohl von Peter Parler jahrelang besorgt und zu Ende geführt worden sein. Doch steht man selbst mit dieser Annahme noch vor anderen Räthseln. Zu dem Slavenkloster, dessen Kirche die Emmauskirche ist, wird der Grundstein bereits im Jahre 1343 gelegt, als Matthias von Arras noch nicht in Prag war (er kam erst 1344 dorthin). Es werden allerdings zuerst nur das Kloster und der Kreuzgang errichtet, und erst gegen 1358 wird die Kirche begonnen, als Matthias schon todt († 1352) und Peter Parler Dombaumeister war. Die Annahme dürfte aber doch naheliegen, daß bei Beginn der Arbeiten ein vollständiger

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Zitationshilfe: Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hasak_predigtkirche_1893/34>, abgerufen am 03.12.2024.