Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Tische sprangen in die Höhe und schrieen, "sie
ists, sie ists, Jungfer Rose und Bachus und
die Andern, hollah! jetzt geht das Freudenle¬
ben erst recht an;" und dabei stießen sie
die Römer zusammen, lachten, und der Dicke
schlug sich auf den Bauch und der blaße Keller¬
meister warf die Mütze geschickt zwischen den
Beinen durch an die Decke und stimmte ein in
das Jucheisa, heisa he! daß mir die Ohren
gellten. Welch ein Anblick! der hölzerne Ba¬
chus, so auf dem Faß im Keller geritten, war
herabgestiegen, nackt, wie er war; mit seinem
breiten freundlichen Gesicht, mit den klaren
Aeuglein grüßte er das Volk und trippelte auf
kleinen Füßchen in das Zimmer; an seiner
Hand führte er ganz ehrbarlich wie seine Braut
eine alte Matrone von hoher Gestalt und weid¬
licher Dicke. Noch weiß ich nicht bis dato,
wie es möglich war, daß dieß alles so gesche¬
hen, aber damals war es mir sogleich klar,

Tiſche ſprangen in die Hoͤhe und ſchrieen, „ſie
iſts, ſie iſts, Jungfer Roſe und Bachus und
die Andern, hollah! jetzt geht das Freudenle¬
ben erſt recht an;“ und dabei ſtießen ſie
die Roͤmer zuſammen, lachten, und der Dicke
ſchlug ſich auf den Bauch und der blaße Keller¬
meiſter warf die Muͤtze geſchickt zwiſchen den
Beinen durch an die Decke und ſtimmte ein in
das Jucheiſa, heiſa he! daß mir die Ohren
gellten. Welch ein Anblick! der hoͤlzerne Ba¬
chus, ſo auf dem Faß im Keller geritten, war
herabgeſtiegen, nackt, wie er war; mit ſeinem
breiten freundlichen Geſicht, mit den klaren
Aeuglein gruͤßte er das Volk und trippelte auf
kleinen Fuͤßchen in das Zimmer; an ſeiner
Hand fuͤhrte er ganz ehrbarlich wie ſeine Braut
eine alte Matrone von hoher Geſtalt und weid¬
licher Dicke. Noch weiß ich nicht bis dato,
wie es moͤglich war, daß dieß alles ſo geſche¬
hen, aber damals war es mir ſogleich klar,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="56"/>
Ti&#x017F;che &#x017F;prangen in die Ho&#x0364;he und &#x017F;chrieen, &#x201E;&#x017F;ie<lb/>
i&#x017F;ts, &#x017F;ie i&#x017F;ts, Jungfer Ro&#x017F;e und Bachus und<lb/>
die Andern, hollah! jetzt geht das Freudenle¬<lb/>
ben er&#x017F;t recht an;&#x201C; und dabei &#x017F;tießen &#x017F;ie<lb/>
die Ro&#x0364;mer zu&#x017F;ammen, lachten, und der Dicke<lb/>
&#x017F;chlug &#x017F;ich auf den Bauch und der blaße Keller¬<lb/>
mei&#x017F;ter warf die Mu&#x0364;tze ge&#x017F;chickt zwi&#x017F;chen den<lb/>
Beinen durch an die Decke und &#x017F;timmte ein in<lb/>
das Juchei&#x017F;a, hei&#x017F;a he! daß mir die Ohren<lb/>
gellten. Welch ein Anblick! der ho&#x0364;lzerne Ba¬<lb/>
chus, &#x017F;o auf dem Faß im Keller geritten, war<lb/>
herabge&#x017F;tiegen, nackt, wie er war; mit &#x017F;einem<lb/>
breiten freundlichen Ge&#x017F;icht, mit den klaren<lb/>
Aeuglein gru&#x0364;ßte er das Volk und trippelte auf<lb/>
kleinen Fu&#x0364;ßchen in das Zimmer; an &#x017F;einer<lb/>
Hand fu&#x0364;hrte er ganz ehrbarlich wie &#x017F;eine Braut<lb/>
eine alte Matrone von hoher Ge&#x017F;talt und weid¬<lb/>
licher Dicke. Noch weiß ich nicht bis dato,<lb/>
wie es mo&#x0364;glich war, daß dieß alles &#x017F;o ge&#x017F;che¬<lb/>
hen, aber damals war es mir &#x017F;ogleich klar,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0062] Tiſche ſprangen in die Hoͤhe und ſchrieen, „ſie iſts, ſie iſts, Jungfer Roſe und Bachus und die Andern, hollah! jetzt geht das Freudenle¬ ben erſt recht an;“ und dabei ſtießen ſie die Roͤmer zuſammen, lachten, und der Dicke ſchlug ſich auf den Bauch und der blaße Keller¬ meiſter warf die Muͤtze geſchickt zwiſchen den Beinen durch an die Decke und ſtimmte ein in das Jucheiſa, heiſa he! daß mir die Ohren gellten. Welch ein Anblick! der hoͤlzerne Ba¬ chus, ſo auf dem Faß im Keller geritten, war herabgeſtiegen, nackt, wie er war; mit ſeinem breiten freundlichen Geſicht, mit den klaren Aeuglein gruͤßte er das Volk und trippelte auf kleinen Fuͤßchen in das Zimmer; an ſeiner Hand fuͤhrte er ganz ehrbarlich wie ſeine Braut eine alte Matrone von hoher Geſtalt und weid¬ licher Dicke. Noch weiß ich nicht bis dato, wie es moͤglich war, daß dieß alles ſo geſche¬ hen, aber damals war es mir ſogleich klar,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/62
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/62>, abgerufen am 23.11.2024.