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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sprach daher: Nun wollen wir anfangen mit unserem Geschäft. Das waren die Fremden zufrieden, thaten, wie wenn sie voll Weines wären, und tranken auf ihrer Seite den Herren weidlich zu.

Da wurde nun gesprochen und getrunken, gehandelt und wieder getrunken, bis der Bürgermeister mitten im Satz einschlief und der Doktor Schnellpfeffer unter dem Tische lag. Da kamen denn die andern Rathsherren und tranken den Fremden zu und führten die Verhandlung fort; aber trank der Hauptmann lästerlich , so machte es sein Reitknecht nicht schlimmer: fünf Küper mußten immer hin- und herlaufen und einschenken, denn der Wein verschwand von dem Tisch, als wäre er in den Sand gegossen worden. So geschah es, daß die Gäste nacheinander den ganzen Rath unter den Tisch tranken bis auf Einen.

Dieser Eine aber war ein großer starker Mann, mit Namens Walther, von welchem man allerlei sprach in Bremen, und wäre er nicht im Rath gesessen, man hätte ihn längst böser Künste und Zauberei angeklagt. Herr Walther war seines Zeichens eigentlich ein Zirkelschmied gewesen, hatte sich aber hervorgethan in seiner Gilde, war unter die Aeltermänner gekommen und nachher in den Senat. Dieser hielt aus bei den Gästen, trank zweimal soviel als Beide, so daß ihnen ganz unheimlich wurde, denn er war so verständig, wie zuvor, während der Hauptmann schon trübe Augen bekam und glaubte, es gehe ihm ein Rad im Kopf herum.

sprach daher: Nun wollen wir anfangen mit unserem Geschäft. Das waren die Fremden zufrieden, thaten, wie wenn sie voll Weines wären, und tranken auf ihrer Seite den Herren weidlich zu.

Da wurde nun gesprochen und getrunken, gehandelt und wieder getrunken, bis der Bürgermeister mitten im Satz einschlief und der Doktor Schnellpfeffer unter dem Tische lag. Da kamen denn die andern Rathsherren und tranken den Fremden zu und führten die Verhandlung fort; aber trank der Hauptmann lästerlich , so machte es sein Reitknecht nicht schlimmer: fünf Küper mußten immer hin- und herlaufen und einschenken, denn der Wein verschwand von dem Tisch, als wäre er in den Sand gegossen worden. So geschah es, daß die Gäste nacheinander den ganzen Rath unter den Tisch tranken bis auf Einen.

Dieser Eine aber war ein großer starker Mann, mit Namens Walther, von welchem man allerlei sprach in Bremen, und wäre er nicht im Rath gesessen, man hätte ihn längst böser Künste und Zauberei angeklagt. Herr Walther war seines Zeichens eigentlich ein Zirkelschmied gewesen, hatte sich aber hervorgethan in seiner Gilde, war unter die Aeltermänner gekommen und nachher in den Senat. Dieser hielt aus bei den Gästen, trank zweimal soviel als Beide, so daß ihnen ganz unheimlich wurde, denn er war so verständig, wie zuvor, während der Hauptmann schon trübe Augen bekam und glaubte, es gehe ihm ein Rad im Kopf herum.

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[0053] sprach daher: Nun wollen wir anfangen mit unserem Geschäft. Das waren die Fremden zufrieden, thaten, wie wenn sie voll Weines wären, und tranken auf ihrer Seite den Herren weidlich zu. Da wurde nun gesprochen und getrunken, gehandelt und wieder getrunken, bis der Bürgermeister mitten im Satz einschlief und der Doktor Schnellpfeffer unter dem Tische lag. Da kamen denn die andern Rathsherren und tranken den Fremden zu und führten die Verhandlung fort; aber trank der Hauptmann lästerlich , so machte es sein Reitknecht nicht schlimmer: fünf Küper mußten immer hin- und herlaufen und einschenken, denn der Wein verschwand von dem Tisch, als wäre er in den Sand gegossen worden. So geschah es, daß die Gäste nacheinander den ganzen Rath unter den Tisch tranken bis auf Einen. Dieser Eine aber war ein großer starker Mann, mit Namens Walther, von welchem man allerlei sprach in Bremen, und wäre er nicht im Rath gesessen, man hätte ihn längst böser Künste und Zauberei angeklagt. Herr Walther war seines Zeichens eigentlich ein Zirkelschmied gewesen, hatte sich aber hervorgethan in seiner Gilde, war unter die Aeltermänner gekommen und nachher in den Senat. Dieser hielt aus bei den Gästen, trank zweimal soviel als Beide, so daß ihnen ganz unheimlich wurde, denn er war so verständig, wie zuvor, während der Hauptmann schon trübe Augen bekam und glaubte, es gehe ihm ein Rad im Kopf herum.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/53>, abgerufen am 21.11.2024.