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Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.

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dröhnte unaufhaltsam die ungeheuere Wallfahrt
der Menschen.

Man rief, man lockte, man winkte, schwarze,
blaue, rothe Schleier flatterten, blonde offene
Frauenhaare, graue und weiße Köpfe nickten,
Fleisch bloßer, nerviger Arme leuchtete auf, be¬
geisterte Augen, zum Himmel blickend, oder
flammend auf ihn gerichtet, voll reinen Glaubens:
auf ihn, der voran schritt.

Und nun sprach er es aus, ganz leise, kaum
hörbar, das heilige Kleinodwort: -- Weltfriede!
Aber es lebte und flog zurück von Einem zum
Andern. Es war ein Gemurmel der Ergriffen¬
heit und Feierlichkeit. Von ferne her kam der
Wind und brachte weiche Accorde beginnender
Choräle. Gedämpfte Posaunenklänge, Menschen¬
stimmen, welche zaghaft und rein sangen; bis
etwas brach, wie das Eis eines Stromes und
ein Gesang emporschwoll wie von tausend
brausenden Orgeln. Ein Gesang der ganz Seele
und Sturm war und eine alte Melodie hatte,
die er kannte: nun danket alle Gott.

Er kam zu sich. Sein Herz hämmerte. Er
war nahe am Weinen. Vor seinen Augen
schwammen weiße Punkte durcheinander. Seine
Glieder waren wie zerschlagen.

dröhnte unaufhaltſam die ungeheuere Wallfahrt
der Menſchen.

Man rief, man lockte, man winkte, ſchwarze,
blaue, rothe Schleier flatterten, blonde offene
Frauenhaare, graue und weiße Köpfe nickten,
Fleiſch bloßer, nerviger Arme leuchtete auf, be¬
geiſterte Augen, zum Himmel blickend, oder
flammend auf ihn gerichtet, voll reinen Glaubens:
auf ihn, der voran ſchritt.

Und nun ſprach er es aus, ganz leiſe, kaum
hörbar, das heilige Kleinodwort: — Weltfriede!
Aber es lebte und flog zurück von Einem zum
Andern. Es war ein Gemurmel der Ergriffen¬
heit und Feierlichkeit. Von ferne her kam der
Wind und brachte weiche Accorde beginnender
Choräle. Gedämpfte Poſaunenklänge, Menſchen¬
ſtimmen, welche zaghaft und rein ſangen; bis
etwas brach, wie das Eis eines Stromes und
ein Geſang emporſchwoll wie von tauſend
brauſenden Orgeln. Ein Geſang der ganz Seele
und Sturm war und eine alte Melodie hatte,
die er kannte: nun danket alle Gott.

Er kam zu ſich. Sein Herz hämmerte. Er
war nahe am Weinen. Vor ſeinen Augen
ſchwammen weiße Punkte durcheinander. Seine
Glieder waren wie zerſchlagen.

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[89/0103] dröhnte unaufhaltſam die ungeheuere Wallfahrt der Menſchen. Man rief, man lockte, man winkte, ſchwarze, blaue, rothe Schleier flatterten, blonde offene Frauenhaare, graue und weiße Köpfe nickten, Fleiſch bloßer, nerviger Arme leuchtete auf, be¬ geiſterte Augen, zum Himmel blickend, oder flammend auf ihn gerichtet, voll reinen Glaubens: auf ihn, der voran ſchritt. Und nun ſprach er es aus, ganz leiſe, kaum hörbar, das heilige Kleinodwort: — Weltfriede! Aber es lebte und flog zurück von Einem zum Andern. Es war ein Gemurmel der Ergriffen¬ heit und Feierlichkeit. Von ferne her kam der Wind und brachte weiche Accorde beginnender Choräle. Gedämpfte Poſaunenklänge, Menſchen¬ ſtimmen, welche zaghaft und rein ſangen; bis etwas brach, wie das Eis eines Stromes und ein Geſang emporſchwoll wie von tauſend brauſenden Orgeln. Ein Geſang der ganz Seele und Sturm war und eine alte Melodie hatte, die er kannte: nun danket alle Gott. Er kam zu ſich. Sein Herz hämmerte. Er war nahe am Weinen. Vor ſeinen Augen ſchwammen weiße Punkte durcheinander. Seine Glieder waren wie zerſchlagen.

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/103>, abgerufen am 21.11.2024.