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Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.

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um den zurückbleibenden Säugling besorgt ist.
Sie und der fremde Mann tragen die Bahre.
Thiel begleitet den Zug bis an die Grenze seines
Reviers, dann bleibt er stehen, und schaut ihm
lange nach. Plötzlich schlägt er sich mit der
flachen Hand vor die Stirn, daß es weithin schallt.

Er meint sich zu erwecken, "denn es wird
ein Traum sein, wie der gestern," sagt er sich.
-- Vergebens. -- Mehr taumelnd als laufend
erreichte er sein Häuschen, drinnen fiel er auf
die Erde, das Gesicht voran. Seine Mütze
rollte in die Ecke, seine peinlich gepflegte Uhr
fiel aus seiner Tasche, die Kapsel sprang, das
Glas zerbrach. Es war, als hielt ihn eine ei¬
serne Faust im Nacken gepackt, so fest, daß er
sich nicht bewegen konnte, so sehr er auch unter
Ächzen und Stöhnen sich frei zu machen suchte.
Seine Stirn war kalt, seine Augen trocken, sein
Schlund brannte.

Die Singnalglocke weckte ihn. Unter dem
Eindruck jener sich wiederholenden drei Glocken¬
schläge ließ der Anfall nach. Thiel konnte sich
erheben und seinen Dienst thun. Zwar waren
seine Füße bleischwer, zwar kreiste um ihn die
Strecke wie die Speiche eines ungeheuren Rades
dessen Achse sein Kopf war; aber er gewann,

um den zurückbleibenden Säugling beſorgt iſt.
Sie und der fremde Mann tragen die Bahre.
Thiel begleitet den Zug bis an die Grenze ſeines
Reviers, dann bleibt er ſtehen, und ſchaut ihm
lange nach. Plötzlich ſchlägt er ſich mit der
flachen Hand vor die Stirn, daß es weithin ſchallt.

Er meint ſich zu erwecken, „denn es wird
ein Traum ſein, wie der geſtern,“ ſagt er ſich.
— Vergebens. — Mehr taumelnd als laufend
erreichte er ſein Häuschen, drinnen fiel er auf
die Erde, das Geſicht voran. Seine Mütze
rollte in die Ecke, ſeine peinlich gepflegte Uhr
fiel aus ſeiner Taſche, die Kapſel ſprang, das
Glas zerbrach. Es war, als hielt ihn eine ei¬
ſerne Fauſt im Nacken gepackt, ſo feſt, daß er
ſich nicht bewegen konnte, ſo ſehr er auch unter
Ächzen und Stöhnen ſich frei zu machen ſuchte.
Seine Stirn war kalt, ſeine Augen trocken, ſein
Schlund brannte.

Die Singnalglocke weckte ihn. Unter dem
Eindruck jener ſich wiederholenden drei Glocken¬
ſchläge ließ der Anfall nach. Thiel konnte ſich
erheben und ſeinen Dienſt thun. Zwar waren
ſeine Füße bleiſchwer, zwar kreiſte um ihn die
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[50/0062] um den zurückbleibenden Säugling beſorgt iſt. Sie und der fremde Mann tragen die Bahre. Thiel begleitet den Zug bis an die Grenze ſeines Reviers, dann bleibt er ſtehen, und ſchaut ihm lange nach. Plötzlich ſchlägt er ſich mit der flachen Hand vor die Stirn, daß es weithin ſchallt. Er meint ſich zu erwecken, „denn es wird ein Traum ſein, wie der geſtern,“ ſagt er ſich. — Vergebens. — Mehr taumelnd als laufend erreichte er ſein Häuschen, drinnen fiel er auf die Erde, das Geſicht voran. Seine Mütze rollte in die Ecke, ſeine peinlich gepflegte Uhr fiel aus ſeiner Taſche, die Kapſel ſprang, das Glas zerbrach. Es war, als hielt ihn eine ei¬ ſerne Fauſt im Nacken gepackt, ſo feſt, daß er ſich nicht bewegen konnte, ſo ſehr er auch unter Ächzen und Stöhnen ſich frei zu machen ſuchte. Seine Stirn war kalt, ſeine Augen trocken, ſein Schlund brannte. Die Singnalglocke weckte ihn. Unter dem Eindruck jener ſich wiederholenden drei Glocken¬ ſchläge ließ der Anfall nach. Thiel konnte ſich erheben und ſeinen Dienſt thun. Zwar waren ſeine Füße bleiſchwer, zwar kreiſte um ihn die Strecke wie die Speiche eines ungeheuren Rades deſſen Achſe ſein Kopf war; aber er gewann,

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/62>, abgerufen am 04.12.2024.