Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Der Zug hielt abermals, und es entspann Und so geschah es. Zwei Männer trugen Wie eine riesige purpurglühende Kugel lag Rüstig, aber vorsichtig schritt man vorwärts, Der Zug hielt abermals, und es entſpann Und ſo geſchah es. Zwei Männer trugen Wie eine rieſige purpurglühende Kugel lag Rüſtig, aber vorſichtig ſchritt man vorwärts, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0071" n="59"/> <p>Der Zug hielt abermals, und es entſpann<lb/> ſich eine Beratung über das, was nun zu thun<lb/> ſei. Man entſchied ſich dafür, die Leiche des<lb/> Kindes einſtweilen im Wärterhaus unterzu¬<lb/> bringen, und ſtatt ihrer den durch kein Mittel<lb/> wieder ins Bewußtſein zu rufenden Wärter<lb/> mittelſt der Bahre nach Hauſe zu bringen.</p><lb/> <p>Und ſo geſchah es. Zwei Männer trugen<lb/> die Bahre mit dem Bewußtloſen, gefolgt von<lb/> Lene, die, fortwährend ſchluchzend, mit thränen¬<lb/> überſtrömtem Geſicht den Kinderwagen mit dem<lb/> Kleinſten durch den Sand ſtieß.</p><lb/> <p>Wie eine rieſige purpurglühende Kugel lag<lb/> der Mond zwiſchen den Kieferſchäften am Waldes¬<lb/> grund. Je höher er rückte, umſo kleiner ſchien<lb/> er zu werden, umſomehr verblaßte er. Endlich<lb/> hing er, einer Ampel vergleichbar, über dem<lb/> Forſt, durch alle Spalten und Lücken der Kronen<lb/> einen matten Lichtdunſt drängend, welcher die<lb/> Geſichter der Dahinſchreitenden leichenhaft an¬<lb/> malte.</p><lb/> <p>Rüſtig, aber vorſichtig ſchritt man vorwärts,<lb/> jetzt durch enggedrängtes Jungholz, dann wieder<lb/> an weiten, hochwaldumſtandenen Schonungen<lb/> entlang, darin ſich das bleiche Licht wie in<lb/> großen, dunklen Becken angeſammelt hatte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0071]
Der Zug hielt abermals, und es entſpann
ſich eine Beratung über das, was nun zu thun
ſei. Man entſchied ſich dafür, die Leiche des
Kindes einſtweilen im Wärterhaus unterzu¬
bringen, und ſtatt ihrer den durch kein Mittel
wieder ins Bewußtſein zu rufenden Wärter
mittelſt der Bahre nach Hauſe zu bringen.
Und ſo geſchah es. Zwei Männer trugen
die Bahre mit dem Bewußtloſen, gefolgt von
Lene, die, fortwährend ſchluchzend, mit thränen¬
überſtrömtem Geſicht den Kinderwagen mit dem
Kleinſten durch den Sand ſtieß.
Wie eine rieſige purpurglühende Kugel lag
der Mond zwiſchen den Kieferſchäften am Waldes¬
grund. Je höher er rückte, umſo kleiner ſchien
er zu werden, umſomehr verblaßte er. Endlich
hing er, einer Ampel vergleichbar, über dem
Forſt, durch alle Spalten und Lücken der Kronen
einen matten Lichtdunſt drängend, welcher die
Geſichter der Dahinſchreitenden leichenhaft an¬
malte.
Rüſtig, aber vorſichtig ſchritt man vorwärts,
jetzt durch enggedrängtes Jungholz, dann wieder
an weiten, hochwaldumſtandenen Schonungen
entlang, darin ſich das bleiche Licht wie in
großen, dunklen Becken angeſammelt hatte.
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