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Hauptmann, Gerhart: Der Biberpelz. Berlin, 1893.

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Mitteldorf. Da kann ich nu ooch nischt Ge-
naues sachen. Blos det er krank is, det sachen de
Leute. Er leidet ja wohl an de Zuckerkrankheit.
Wehrhahn. An was der Mann leidet, is mir
egal. Der kann Syrup schwitzen, wenn's ihm Spaß
macht. -- Was ist er?
Glasenapp (zuckt die Achseln). Er nennt sich
Provatjelehrter.
Wehrhahn. Pri! Pri! nicht Pro -- Privat-
gelehrter.
Glasenapp. Der Buchbinder Hugk hat Bücher
von ihm. Er läßt alle Woche welche einbinden.
Wehrhahn. Ich möchte mal sehn, was der
Mann so liest.
Glasenapp. Der Briefträger meint, er hält
zwanzig Zeitungen. Auch demokratische sind mit
drunter.
Wehrhahn. Sie können mir Hugk mal hierher
bestellen.
Glasenapp. Jleich?
Wehrhahn. Bei Jelegenheit. Morjen, über-
morjen. Er mag mal so'n paar Bücher mitbringen.

(Zu Mitteldorf). Sie scheinen den janzen Tach zu schlafen
-- oder hat der Mann vielleicht gute Cigarren?
Mitteldorf. Herr Vorsteher ...!
Wehrhahn. Na, das lassen Sie man. Ich
sehe mir meine Leute schon an. Das hat mein Herr
Vorgänger so einreißen lassen. Allmälich wird das
schon anders werden. -- Für eine Polizeiperson ist es
Mitteldorf. Da kann ich nu ooch niſcht Ge-
naues ſachen. Blos det er krank is, det ſachen de
Leute. Er leidet ja wohl an de Zuckerkrankheit.
Wehrhahn. An was der Mann leidet, is mir
egal. Der kann Syrup ſchwitzen, wenn’s ihm Spaß
macht. — Was iſt er?
Glaſenapp (zuckt die Achſeln). Er nennt ſich
Provatjelehrter.
Wehrhahn. Pri! Pri! nicht Pro — Privat-
gelehrter.
Glaſenapp. Der Buchbinder Hugk hat Bücher
von ihm. Er läßt alle Woche welche einbinden.
Wehrhahn. Ich möchte mal ſehn, was der
Mann ſo lieſt.
Glaſenapp. Der Briefträger meint, er hält
zwanzig Zeitungen. Auch demokratiſche ſind mit
drunter.
Wehrhahn. Sie können mir Hugk mal hierher
beſtellen.
Glaſenapp. Jleich?
Wehrhahn. Bei Jelegenheit. Morjen, über-
morjen. Er mag mal ſo’n paar Bücher mitbringen.

(Zu Mitteldorf). Sie ſcheinen den janzen Tach zu ſchlafen
— oder hat der Mann vielleicht gute Cigarren?
Mitteldorf. Herr Vorſteher …!
Wehrhahn. Na, das laſſen Sie man. Ich
ſehe mir meine Leute ſchon an. Das hat mein Herr
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[41/0047] Mitteldorf. Da kann ich nu ooch niſcht Ge- naues ſachen. Blos det er krank is, det ſachen de Leute. Er leidet ja wohl an de Zuckerkrankheit. Wehrhahn. An was der Mann leidet, is mir egal. Der kann Syrup ſchwitzen, wenn’s ihm Spaß macht. — Was iſt er? Glaſenapp (zuckt die Achſeln). Er nennt ſich Provatjelehrter. Wehrhahn. Pri! Pri! nicht Pro — Privat- gelehrter. Glaſenapp. Der Buchbinder Hugk hat Bücher von ihm. Er läßt alle Woche welche einbinden. Wehrhahn. Ich möchte mal ſehn, was der Mann ſo lieſt. Glaſenapp. Der Briefträger meint, er hält zwanzig Zeitungen. Auch demokratiſche ſind mit drunter. Wehrhahn. Sie können mir Hugk mal hierher beſtellen. Glaſenapp. Jleich? Wehrhahn. Bei Jelegenheit. Morjen, über- morjen. Er mag mal ſo’n paar Bücher mitbringen. (Zu Mitteldorf). Sie ſcheinen den janzen Tach zu ſchlafen — oder hat der Mann vielleicht gute Cigarren? Mitteldorf. Herr Vorſteher …! Wehrhahn. Na, das laſſen Sie man. Ich ſehe mir meine Leute ſchon an. Das hat mein Herr Vorgänger ſo einreißen laſſen. Allmälich wird das ſchon anders werden. — Für eine Polizeiperſon iſt es

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Biberpelz. Berlin, 1893, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_biberpelz_1893/47>, abgerufen am 28.03.2024.