Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.
noch. Wer sagt das? -- Man arbeitet eben seinen soliden Stiefel fort: das belohnt sich naturgemäß -- wer sagt das übrigens? Loth. Ich hörte drüben in Jauer zwei Herren am Nebentisch davon reden. Hoffmann. Ä! Du! -- Ich habe Feinde! -- Was sagten die denn übrigens? Loth. Nichts Besonderes. Durch sie erfuhr ich: daß Du Dich zur Zeit eben hier auf das Gut Deiner Schwiegereltern zurückgezogen hast. Hoffmann. Was die Menschen nicht alles aus- schnüffeln! Lieber Freund! Du glaubst nicht, wie ein Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt be- obachtet wird: Das ist auch so 'n Uebelstand des Reich.... -- Die Sache ist nämlich die: ich erwarte der größeren Ruhe und gesünderen Luft wegen die Nieder- kunft meiner Frau hier. Loth. Wie paßt denn das aber mit dem Arzt? Ein guter Arzt ist doch in solchen Fällen von aller- größter Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe.... Hoffmann. Das ist es eben, der Arzt hier ist ganz besonders tüchtig; und, weißt Du, so viel habe ich bereits weg: Gewissenhaftigkeit geht beim Arzt über Genie. Loth. Vielleicht ist sie eine Begleiterscheinung des Genie's im Arzt. Hoffmann. Mein'twegen, jedenfalls hat unser Arzt Gewissen. Er ist nämlich auch so'n Stück Ideo- loge, halb und halb unser Schlag -- reussirt schauder- haft unter Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk. Man vergöttert ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens 'n recht unverdaulicher Patron, 'n Mischmasch von Härte und Sentimentalität. Aber, wie gesagt, Gewissenhaftig- keit weiß ich zu schätzen! -- Unbedingt! -- Eh' ich's vergesse....es ist mir nämlich darum zu thun... man muß immer wissen, wessen man sich zu versehen hat....Höre!....sage mir doch....ich
noch. Wer ſagt das? — Man arbeitet eben ſeinen ſoliden Stiefel fort: das belohnt ſich naturgemäß — wer ſagt das übrigens? Loth. Ich hörte drüben in Jauer zwei Herren am Nebentiſch davon reden. Hoffmann. Ä! Du! — Ich habe Feinde! — Was ſagten die denn übrigens? Loth. Nichts Beſonderes. Durch ſie erfuhr ich: daß Du Dich zur Zeit eben hier auf das Gut Deiner Schwiegereltern zurückgezogen haſt. Hoffmann. Was die Menſchen nicht alles aus- ſchnüffeln! Lieber Freund! Du glaubſt nicht, wie ein Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt be- obachtet wird: Das iſt auch ſo 'n Uebelſtand des Reich.... — Die Sache iſt nämlich die: ich erwarte der größeren Ruhe und geſünderen Luft wegen die Nieder- kunft meiner Frau hier. Loth. Wie paßt denn das aber mit dem Arzt? Ein guter Arzt iſt doch in ſolchen Fällen von aller- größter Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe.... Hoffmann. Das iſt es eben, der Arzt hier iſt ganz beſonders tüchtig; und, weißt Du, ſo viel habe ich bereits weg: Gewiſſenhaftigkeit geht beim Arzt über Genie. Loth. Vielleicht iſt ſie eine Begleiterſcheinung des Genie's im Arzt. Hoffmann. Mein'twegen, jedenfalls hat unſer Arzt Gewiſſen. Er iſt nämlich auch ſo'n Stück Ideo- loge, halb und halb unſer Schlag — reuſſirt ſchauder- haft unter Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk. Man vergöttert ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens 'n recht unverdaulicher Patron, 'n Miſchmaſch von Härte und Sentimentalität. Aber, wie geſagt, Gewiſſenhaftig- keit weiß ich zu ſchätzen! — Unbedingt! — Eh' ich's vergeſſe....es iſt mir nämlich darum zu thun... man muß immer wiſſen, weſſen man ſich zu verſehen hat....Höre!....ſage mir doch....ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#HOF"> <p><pb facs="#f0021" n="15"/> noch. Wer ſagt das? — Man arbeitet eben ſeinen<lb/> ſoliden Stiefel fort: das belohnt ſich naturgemäß —<lb/> wer ſagt das übrigens?</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Ich hörte drüben in Jauer zwei Herren<lb/> am Nebentiſch davon reden.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Ä! Du! — Ich habe Feinde! — Was<lb/> ſagten die denn übrigens?</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Nichts Beſonderes. Durch ſie erfuhr ich:<lb/> daß Du Dich zur Zeit eben hier auf das Gut Deiner<lb/> Schwiegereltern zurückgezogen haſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p><hi rendition="#g">Was</hi> die Menſchen nicht alles aus-<lb/> ſchnüffeln! Lieber Freund! Du glaubſt nicht, wie ein<lb/> Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt be-<lb/> obachtet wird: Das iſt auch ſo 'n Uebelſtand des<lb/> Reich.... — Die Sache iſt nämlich <hi rendition="#g">die</hi>: ich erwarte der<lb/> größeren Ruhe und geſünderen Luft wegen die Nieder-<lb/> kunft meiner Frau <hi rendition="#g">hier</hi>.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Wie paßt denn das aber mit dem Arzt?<lb/> Ein guter Arzt iſt doch in ſolchen Fällen von aller-<lb/> größter Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe....</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Das <hi rendition="#g">iſt</hi> es eben, der Arzt hier iſt<lb/> ganz beſonders tüchtig; und, weißt Du, ſo viel habe<lb/> ich bereits weg: Gewiſſenhaftigkeit geht beim Arzt über<lb/> Genie.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Vielleicht iſt ſie eine Begleiterſcheinung des<lb/> Genie's im Arzt.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Mein'twegen, jedenfalls <hi rendition="#g">hat</hi> unſer<lb/> Arzt Gewiſſen. Er iſt nämlich auch ſo'n Stück Ideo-<lb/> loge, halb und halb unſer Schlag — reuſſirt ſchauder-<lb/> haft unter Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk.<lb/> Man vergöttert ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens 'n<lb/> recht unverdaulicher Patron, 'n Miſchmaſch von Härte<lb/> und Sentimentalität. Aber, wie geſagt, Gewiſſenhaftig-<lb/> keit weiß ich zu ſchätzen! — Unbedingt! — Eh' ich's<lb/> vergeſſe....es iſt mir nämlich darum zu thun...<lb/> man muß immer wiſſen, weſſen man ſich zu verſehen<lb/> hat....Höre!....ſage mir doch....ich<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [15/0021]
noch. Wer ſagt das? — Man arbeitet eben ſeinen
ſoliden Stiefel fort: das belohnt ſich naturgemäß —
wer ſagt das übrigens?
Loth. Ich hörte drüben in Jauer zwei Herren
am Nebentiſch davon reden.
Hoffmann. Ä! Du! — Ich habe Feinde! — Was
ſagten die denn übrigens?
Loth. Nichts Beſonderes. Durch ſie erfuhr ich:
daß Du Dich zur Zeit eben hier auf das Gut Deiner
Schwiegereltern zurückgezogen haſt.
Hoffmann. Was die Menſchen nicht alles aus-
ſchnüffeln! Lieber Freund! Du glaubſt nicht, wie ein
Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt be-
obachtet wird: Das iſt auch ſo 'n Uebelſtand des
Reich.... — Die Sache iſt nämlich die: ich erwarte der
größeren Ruhe und geſünderen Luft wegen die Nieder-
kunft meiner Frau hier.
Loth. Wie paßt denn das aber mit dem Arzt?
Ein guter Arzt iſt doch in ſolchen Fällen von aller-
größter Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe....
Hoffmann. Das iſt es eben, der Arzt hier iſt
ganz beſonders tüchtig; und, weißt Du, ſo viel habe
ich bereits weg: Gewiſſenhaftigkeit geht beim Arzt über
Genie.
Loth. Vielleicht iſt ſie eine Begleiterſcheinung des
Genie's im Arzt.
Hoffmann. Mein'twegen, jedenfalls hat unſer
Arzt Gewiſſen. Er iſt nämlich auch ſo'n Stück Ideo-
loge, halb und halb unſer Schlag — reuſſirt ſchauder-
haft unter Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk.
Man vergöttert ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens 'n
recht unverdaulicher Patron, 'n Miſchmaſch von Härte
und Sentimentalität. Aber, wie geſagt, Gewiſſenhaftig-
keit weiß ich zu ſchätzen! — Unbedingt! — Eh' ich's
vergeſſe....es iſt mir nämlich darum zu thun...
man muß immer wiſſen, weſſen man ſich zu verſehen
hat....Höre!....ſage mir doch....ich
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