Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.
seh' Dir's an, die Herren am Nebentische haben nichts Gutes über mich gesprochen. -- Sag' mir doch, bitte! was sie gesprochen haben. Loth. Das sollte ich wohl nicht thun, denn ich will Dich nachher um zweihundert Mark bitten, gerade- zu bitten, denn ich werde sie Dir wohl kaum je wieder- geben können. Hoffmann (zieht ein Checbuch aus der Brusttasche, füllt Chec aus, übergiebt ihn Loth). Bei irgend einer Reichsbankfiliale.... Es ist mir 'n Vergnügen.... Loth. Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Er- wartungen. -- Na! -- ich nehm' es dankbar an und Du weißt ja, übel angewandt ist es auch nicht. Hoffmann (mit Anflug von Pathos). Ein Arbeiter ist seines Lohnes werth! -- doch jetzt, Loth! sei so gut, sag mir, was die Herren am Nebentisch.... Loth. Sie haben wohl Unsinn gesprochen. Hoffmann. Sag mir's trotzdem, bitte! -- Es ist mir lediglich interessant, ledig-lich interessant -- Loth. Es war davon die Rede, daß Du hier einen Anderen aus der Position verdrängt hättest, -- einen Bauunternehmer Müller. Hoffmann. Na-tür-lich! diese Geschichte! Loth. Ich glaube, der Mann sollte mit Deiner jetzigen Frau verlobt gewesen sein. Hoffmann. War er auch. -- Und was weiter? Loth. Ich erzähle Dir Alles, wie ich es hörte, weil ich annehme: es kommt Dir darauf an, die Ver- leumdung möglichst getreu kennen zu lernen. Hoffmann Ganz recht! Also? Loth. So viel ich heraus hörte, soll dieser Müller den Bau einer Strecke der hiesigen Gebirgsbahn über- nommen haben. Hoffmann. Ja! Mit lumpigen zehntausend Tha- lern Vermögen. Als er einsah, daß dieses Geld nicht zureichte, wollte er schnell eine Witzdorfer Bauerntochter fischen; meine jetzige Frau sollte diejenige sein, welche.
ſeh' Dir's an, die Herren am Nebentiſche haben nichts Gutes über mich geſprochen. — Sag' mir doch, bitte! was ſie geſprochen haben. Loth. Das ſollte ich wohl nicht thun, denn ich will Dich nachher um zweihundert Mark bitten, gerade- zu bitten, denn ich werde ſie Dir wohl kaum je wieder- geben können. Hoffmann (zieht ein Checbuch aus der Bruſttaſche, füllt Chec aus, übergiebt ihn Loth). Bei irgend einer Reichsbankfiliale.... Es iſt mir 'n Vergnügen.... Loth. Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Er- wartungen. — Na! — ich nehm' es dankbar an und Du weißt ja, übel angewandt iſt es auch nicht. Hoffmann (mit Anflug von Pathos). Ein Arbeiter iſt ſeines Lohnes werth! — doch jetzt, Loth! ſei ſo gut, ſag mir, was die Herren am Nebentiſch.... Loth. Sie haben wohl Unſinn geſprochen. Hoffmann. Sag mir's trotzdem, bitte! — Es iſt mir lediglich intereſſant, ledig-lich intereſſant — Loth. Es war davon die Rede, daß Du hier einen Anderen aus der Poſition verdrängt hätteſt, — einen Bauunternehmer Müller. Hoffmann. Na-tür-lich! dieſe Geſchichte! Loth. Ich glaube, der Mann ſollte mit Deiner jetzigen Frau verlobt geweſen ſein. Hoffmann. War er auch. — Und was weiter? Loth. Ich erzähle Dir Alles, wie ich es hörte, weil ich annehme: es kommt Dir darauf an, die Ver- leumdung möglichſt getreu kennen zu lernen. Hoffmann Ganz recht! Alſo? Loth. So viel ich heraus hörte, ſoll dieſer Müller den Bau einer Strecke der hieſigen Gebirgsbahn über- nommen haben. Hoffmann. Ja! Mit lumpigen zehntauſend Tha- lern Vermögen. Als er einſah, daß dieſes Geld nicht zureichte, wollte er ſchnell eine Witzdorfer Bauerntochter fiſchen; meine jetzige Frau ſollte diejenige ſein, welche. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#HOF"> <p><pb facs="#f0022" n="16"/> ſeh' Dir's an, die Herren am Nebentiſche haben nichts<lb/> Gutes über mich geſprochen. — Sag' mir doch, bitte!<lb/> was ſie geſprochen haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Das ſollte ich wohl nicht thun, denn ich<lb/> will Dich nachher um zweihundert Mark bitten, gerade-<lb/> zu <hi rendition="#g">bitten</hi>, denn ich werde ſie Dir wohl kaum je wieder-<lb/> geben können.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker> <hi rendition="#g">Hoffmann</hi> </speaker> <p><stage>(zieht ein Checbuch aus der Bruſttaſche, füllt Chec aus,<lb/> übergiebt ihn Loth).</stage> Bei irgend einer Reichsbankfiliale....<lb/> Es iſt mir 'n Vergnügen....</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Er-<lb/> wartungen. — Na! — ich nehm' es dankbar an und<lb/> Du weißt ja, übel angewandt iſt es auch nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker> <hi rendition="#g">Hoffmann</hi> </speaker> <p><stage>(mit Anflug von Pathos).</stage> Ein Arbeiter iſt<lb/> ſeines Lohnes werth! — doch jetzt, Loth! ſei ſo gut,<lb/> ſag mir, was die Herren am Nebentiſch....</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Sie haben wohl Unſinn geſprochen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Sag mir's trotzdem, bitte! — Es<lb/> iſt mir lediglich intereſſant, <hi rendition="#g">ledig</hi>-<hi rendition="#g">lich</hi> intereſſant —</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Es war davon die Rede, daß Du hier<lb/> einen Anderen aus der Poſition verdrängt hätteſt, — einen<lb/> Bauunternehmer Müller.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Na-tür-lich! <hi rendition="#g">dieſe</hi> Geſchichte!</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Ich glaube, der Mann ſollte mit Deiner<lb/> jetzigen Frau verlobt geweſen ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>War er auch. — Und was weiter?</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Ich erzähle Dir Alles, wie ich es hörte,<lb/> weil ich annehme: es kommt Dir darauf an, die Ver-<lb/> leumdung möglichſt getreu kennen zu lernen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker> <hi rendition="#g">Hoffmann</hi> </speaker> <p>Ganz recht! Alſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>So viel ich heraus hörte, ſoll dieſer Müller<lb/> den Bau einer Strecke der hieſigen Gebirgsbahn über-<lb/> nommen haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Ja! Mit lumpigen zehntauſend Tha-<lb/> lern Vermögen. Als er einſah, daß dieſes Geld nicht<lb/> zureichte, wollte er ſchnell eine Witzdorfer Bauerntochter<lb/> fiſchen; meine jetzige Frau ſollte <hi rendition="#g">diejenige</hi> ſein, <hi rendition="#g">welche</hi>.</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [16/0022]
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Loth. Das ſollte ich wohl nicht thun, denn ich
will Dich nachher um zweihundert Mark bitten, gerade-
zu bitten, denn ich werde ſie Dir wohl kaum je wieder-
geben können.
Hoffmann (zieht ein Checbuch aus der Bruſttaſche, füllt Chec aus,
übergiebt ihn Loth). Bei irgend einer Reichsbankfiliale....
Es iſt mir 'n Vergnügen....
Loth. Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Er-
wartungen. — Na! — ich nehm' es dankbar an und
Du weißt ja, übel angewandt iſt es auch nicht.
Hoffmann (mit Anflug von Pathos). Ein Arbeiter iſt
ſeines Lohnes werth! — doch jetzt, Loth! ſei ſo gut,
ſag mir, was die Herren am Nebentiſch....
Loth. Sie haben wohl Unſinn geſprochen.
Hoffmann. Sag mir's trotzdem, bitte! — Es
iſt mir lediglich intereſſant, ledig-lich intereſſant —
Loth. Es war davon die Rede, daß Du hier
einen Anderen aus der Poſition verdrängt hätteſt, — einen
Bauunternehmer Müller.
Hoffmann. Na-tür-lich! dieſe Geſchichte!
Loth. Ich glaube, der Mann ſollte mit Deiner
jetzigen Frau verlobt geweſen ſein.
Hoffmann. War er auch. — Und was weiter?
Loth. Ich erzähle Dir Alles, wie ich es hörte,
weil ich annehme: es kommt Dir darauf an, die Ver-
leumdung möglichſt getreu kennen zu lernen.
Hoffmann Ganz recht! Alſo?
Loth. So viel ich heraus hörte, ſoll dieſer Müller
den Bau einer Strecke der hieſigen Gebirgsbahn über-
nommen haben.
Hoffmann. Ja! Mit lumpigen zehntauſend Tha-
lern Vermögen. Als er einſah, daß dieſes Geld nicht
zureichte, wollte er ſchnell eine Witzdorfer Bauerntochter
fiſchen; meine jetzige Frau ſollte diejenige ſein, welche.
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