Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite
Spinnwesen. Da mußte man noch sei Geschäfte ver-
stehn. Heute da is das nich mehr nötig. -- Reimann
zehn Silbergroschen.
Weber Reimann. E Fund wird doch gerechn't
uuf Abgang.
Pfeifer. Jch hab' keine Zeit. Abgemacht sela.
Was bringt Jhr?
Weber Heiber (legt sein Webe auf. Während Pfeifer unter-
sucht, tritt er an ihn und redet halblaut und eifrig in ihn hinein).
Se
werden verzeihen, Herr Feifer, ich möchte Sie gittichst
gebet'n habn, ob Se vielleicht und Se wolltn so
gnädig sein und wolltn mir den Gefalln thun und
liessen mir a Vorschuß dasmal nich abrechn.
Pfeifer (zirkelnd und guckend, höhnt). Nu da! Das
macht sich ja etwan. Hier is woll d'r halbe Einschuß
wieder auf a Feifeln geblieb'n?
Weber Heiber (in seiner Weise fortfahrend). Jch wollts
ja gerne uf de neue Woche gleiche machn. Vergangne
Woche hatt' ich blos zwee Howetage auf'n Dominium
zu leistn. Dabei liegt Meine krank derheeme . . . .
Pfeifer (das Stück an die Wage gebend). Das is eben
wieder ne richt'ge Schlauderarbeit.
(Schon wieder ein
neues Webe in Augenschein nehmend.)
So ein Salband, bald
breit, bald schmal. Emal hat's der Einschuß zu-
sammen gerißn, wer weeß wie sehr, dann hat's wieder
mal 's Sperrrittl auseinandergezog'n. Und auf a
Zoll kaum siebzig Faden Eintrag. Wo is denn
der Jbriche? Wo bleibt da die Reellität? Das wär
so was!
Weber Heiber (unterdrückt Thränen, steht gedemüthigt und
hilflos).
Bäcker (halblaut zu Baumert). Der Pakasche mächt
ma noch Garn drzune koofen.
Erste Weberfrau (welche nur wenig vom Cassentisch zurück-
getreten war und sich von Zeit zu Zeit mit starren Augen hilfesuchend um-
gesehen hat, ohne von der Stelle zu gehen, faßt sich ein Herz und wendet sich
von Neuem flehentlich an den Cassirer).
Jch kann halt balde ...
Spinnweſen. Da mußte man noch ſei Geſchäfte ver-
ſtehn. Heute da is das nich mehr nötig. — Reimann
zehn Silbergroſchen.
Weber Reimann. E Fund wird doch gerechn’t
uuf Abgang.
Pfeifer. Jch hab’ keine Zeit. Abgemacht ſela.
Was bringt Jhr?
Weber Heiber (legt ſein Webe auf. Während Pfeifer unter-
ſucht, tritt er an ihn und redet halblaut und eifrig in ihn hinein).
Se
werden verzeihen, Herr Feifer, ich möchte Sie gittichſt
gebet’n habn, ob Se vielleicht und Se wolltn ſo
gnädig ſein und wolltn mir den Gefalln thun und
lieſſen mir a Vorſchuß dasmal nich abrechn.
Pfeifer (zirkelnd und guckend, höhnt). Nu da! Das
macht ſich ja etwan. Hier is woll d’r halbe Einſchuß
wieder auf a Feifeln geblieb’n?
Weber Heiber (in ſeiner Weiſe fortfahrend). Jch wollts
ja gerne uf de neue Woche gleiche machn. Vergangne
Woche hatt’ ich blos zwee Howetage auf’n Dominium
zu leiſtn. Dabei liegt Meine krank derheeme . . . .
Pfeifer (das Stück an die Wage gebend). Das is eben
wieder ne richt’ge Schlauderarbeit.
(Schon wieder ein
neues Webe in Augenſchein nehmend.)
So ein Salband, bald
breit, bald ſchmal. Emal hat’s der Einſchuß zu-
ſammen gerißn, wer weeß wie ſehr, dann hat’s wieder
mal ’s Sperrrittl auseinandergezog’n. Und auf a
Zoll kaum ſiebzig Faden Eintrag. Wo is denn
der Jbriche? Wo bleibt da die Reellität? Das wär
ſo was!
Weber Heiber (unterdrückt Thränen, ſteht gedemüthigt und
hilflos).
Bäcker (halblaut zu Baumert). Der Pakaſche mächt
ma noch Garn drzune koofen.
Erſte Weberfrau (welche nur wenig vom Caſſentiſch zurück-
getreten war und ſich von Zeit zu Zeit mit ſtarren Augen hilfeſuchend um-
geſehen hat, ohne von der Stelle zu gehen, faßt ſich ein Herz und wendet ſich
von Neuem flehentlich an den Caſſirer).
Jch kann halt balde …
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#PFE">
          <p><pb facs="#f0021" n="8"/>
Spinnwe&#x017F;en. Da mußte man noch &#x017F;ei Ge&#x017F;chäfte ver-<lb/>
&#x017F;tehn. Heute da is das nich mehr nötig. &#x2014; Reimann<lb/>
zehn Silbergro&#x017F;chen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#REIM">
          <speaker><hi rendition="#g">Weber Reimann</hi>.</speaker>
          <p>E Fund wird doch gerechn&#x2019;t<lb/>
uuf Abgang.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#PFE">
          <speaker><hi rendition="#g">Pfeifer</hi>.</speaker>
          <p>Jch hab&#x2019; keine Zeit. Abgemacht &#x017F;ela.<lb/>
Was bringt Jhr?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HEIBER">
          <speaker> <hi rendition="#g">Weber Heiber</hi> </speaker>
          <stage>(legt &#x017F;ein Webe auf. Während Pfeifer unter-<lb/>
&#x017F;ucht, tritt er an ihn und redet halblaut und eifrig in ihn hinein).</stage>
          <p>Se<lb/>
werden verzeihen, Herr Feifer, ich möchte Sie gittich&#x017F;t<lb/>
gebet&#x2019;n habn, ob Se vielleicht und Se wolltn &#x017F;o<lb/>
gnädig &#x017F;ein und wolltn mir den Gefalln thun und<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;en mir a Vor&#x017F;chuß dasmal nich abrechn.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#PFE">
          <speaker> <hi rendition="#g">Pfeifer</hi> </speaker>
          <stage>(zirkelnd und guckend, höhnt).</stage>
          <p>Nu da! Das<lb/>
macht &#x017F;ich ja etwan. Hier is woll d&#x2019;r halbe Ein&#x017F;chuß<lb/>
wieder auf a Feifeln geblieb&#x2019;n?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HEIBER">
          <speaker> <hi rendition="#g">Weber Heiber</hi> </speaker>
          <stage>(in &#x017F;einer Wei&#x017F;e fortfahrend).</stage>
          <p>Jch wollts<lb/>
ja gerne uf de neue Woche gleiche machn. Vergangne<lb/>
Woche hatt&#x2019; ich blos zwee Howetage auf&#x2019;n Dominium<lb/>
zu lei&#x017F;tn. Dabei liegt Meine krank derheeme . . . .</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#PFE">
          <speaker> <hi rendition="#g">Pfeifer</hi> </speaker>
          <stage>(das Stück an die Wage gebend).</stage>
          <p>Das is eben<lb/>
wieder ne richt&#x2019;ge Schlauderarbeit.</p>
          <stage>(Schon wieder ein<lb/>
neues Webe in Augen&#x017F;chein nehmend.)</stage>
          <p>So ein Salband, bald<lb/>
breit, bald &#x017F;chmal. Emal hat&#x2019;s der Ein&#x017F;chuß zu-<lb/>
&#x017F;ammen gerißn, wer weeß wie &#x017F;ehr, dann hat&#x2019;s wieder<lb/>
mal &#x2019;s Sperrrittl auseinandergezog&#x2019;n. Und auf a<lb/>
Zoll kaum &#x017F;iebzig Faden Eintrag. Wo is denn<lb/>
der Jbriche? Wo bleibt da die Reellität? Das wär<lb/>
&#x017F;o was!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HEIBER">
          <speaker> <hi rendition="#g">Weber Heiber</hi> </speaker>
          <stage>(unterdrückt Thränen, &#x017F;teht gedemüthigt und<lb/>
hilflos).</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAECK">
          <speaker> <hi rendition="#g">Bäcker</hi> </speaker>
          <stage>(halblaut zu Baumert).</stage>
          <p>Der Paka&#x017F;che mächt<lb/>
ma noch Garn drzune koofen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WEBF">
          <speaker> <hi rendition="#g">Er&#x017F;te Weberfrau</hi> </speaker>
          <stage>(welche nur wenig vom Ca&#x017F;&#x017F;enti&#x017F;ch zurück-<lb/>
getreten war und &#x017F;ich von Zeit zu Zeit mit &#x017F;tarren Augen hilfe&#x017F;uchend um-<lb/>
ge&#x017F;ehen hat, ohne von der Stelle zu gehen, faßt &#x017F;ich ein Herz und wendet &#x017F;ich<lb/>
von Neuem flehentlich an den Ca&#x017F;&#x017F;irer).</stage>
          <p>Jch kann halt balde &#x2026;<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0021] Spinnweſen. Da mußte man noch ſei Geſchäfte ver- ſtehn. Heute da is das nich mehr nötig. — Reimann zehn Silbergroſchen. Weber Reimann. E Fund wird doch gerechn’t uuf Abgang. Pfeifer. Jch hab’ keine Zeit. Abgemacht ſela. Was bringt Jhr? Weber Heiber (legt ſein Webe auf. Während Pfeifer unter- ſucht, tritt er an ihn und redet halblaut und eifrig in ihn hinein). Se werden verzeihen, Herr Feifer, ich möchte Sie gittichſt gebet’n habn, ob Se vielleicht und Se wolltn ſo gnädig ſein und wolltn mir den Gefalln thun und lieſſen mir a Vorſchuß dasmal nich abrechn. Pfeifer (zirkelnd und guckend, höhnt). Nu da! Das macht ſich ja etwan. Hier is woll d’r halbe Einſchuß wieder auf a Feifeln geblieb’n? Weber Heiber (in ſeiner Weiſe fortfahrend). Jch wollts ja gerne uf de neue Woche gleiche machn. Vergangne Woche hatt’ ich blos zwee Howetage auf’n Dominium zu leiſtn. Dabei liegt Meine krank derheeme . . . . Pfeifer (das Stück an die Wage gebend). Das is eben wieder ne richt’ge Schlauderarbeit. (Schon wieder ein neues Webe in Augenſchein nehmend.) So ein Salband, bald breit, bald ſchmal. Emal hat’s der Einſchuß zu- ſammen gerißn, wer weeß wie ſehr, dann hat’s wieder mal ’s Sperrrittl auseinandergezog’n. Und auf a Zoll kaum ſiebzig Faden Eintrag. Wo is denn der Jbriche? Wo bleibt da die Reellität? Das wär ſo was! Weber Heiber (unterdrückt Thränen, ſteht gedemüthigt und hilflos). Bäcker (halblaut zu Baumert). Der Pakaſche mächt ma noch Garn drzune koofen. Erſte Weberfrau (welche nur wenig vom Caſſentiſch zurück- getreten war und ſich von Zeit zu Zeit mit ſtarren Augen hilfeſuchend um- geſehen hat, ohne von der Stelle zu gehen, faßt ſich ein Herz und wendet ſich von Neuem flehentlich an den Caſſirer). Jch kann halt balde …

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Weber sind zu Beginn auf schlesisch erschiene… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/21
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/21>, abgerufen am 21.11.2024.