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Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

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überlegen muß und immerfort so zu sagen auf Tod
und Leben kämpft und concurrirt, daß kein Tag ver-
geht ohne Aerger und Verlust: darüber schweigt des
Sängers Höflichkeit. Und was hängt nicht alles am
Fabrikanten, was saugt nich' alles an ihm und will
von ihm leben. Nee, nee! ihr solltet nur manchmal
in meiner Haut stecken, ihr würd's bald genug satt
kriegen.
(Nach einiger Sammlung.) Wie hat sich dieser Kerl,
dieser Bursche da, dieser Bäcker hier aufgeführt! Nun
wird er gehen und ausposaunen, ich wäre wer weiß
wie unbarmherzig. Jch setzte die Weber bei jeder
Kleinigkeit mir nichts, dir nichts vor die Thür. Js'
das wahr? Bin ich so unbarmherzig?
Viele Stimmen. Nee, Herr Dreißicher!
Dreißiger. Na, das scheint mir doch auch so.
Und dabei ziehen diese Lümmels umher und singen
gemeine Lieder auf uns Fabrikanten, wollen von
Hunger reden und haben so viel übrig, um den Fusel
quartweise consumiren zu können. Sie sollten mal
die Nase hübsch wo anders neinstecken und sehen,
wie's bei den Leinwandwebern aussieht. Die können
von Noth reden. Aber ihr hier, ihr Parchentweber,
ihr steht noch so da, daß ihr nur Grund habt, Gott
im Stillen zu danken. Und ich frage die alten
fleißigen und tüchtigen Weber, die hier sind: kann
ein Arbeiter, der seine Sachen zusammenhält, bei mir
auskommen oder nicht?
Sehr viele Stimmen. Ja, Herr Dreißicher!
Dreißiger. Na, seht ihr! -- So'n Kerl, wie
der Bäcker natürlich nicht. Aber, ich rathe euch, haltet
diese Burschen im Zaume; wird mir's zu bunt, dann
quittire ich. Dann löse ich das Geschäft auf, und
dann könnt ihr seh'n, wo ihr bleibt. Dann könnt
ihr seh'n, wo ihr Arbeit bekommt. Bei Ehren-Bäcker
sicherlich nicht.
Erste Weberfrau (hat sich an Dreißiger herangemacht, putzt
überlegen muß und immerfort ſo zu ſagen auf Tod
und Leben kämpft und concurrirt, daß kein Tag ver-
geht ohne Aerger und Verluſt: darüber ſchweigt des
Sängers Höflichkeit. Und was hängt nicht alles am
Fabrikanten, was ſaugt nich’ alles an ihm und will
von ihm leben. Nee, nee! ihr ſolltet nur manchmal
in meiner Haut ſtecken, ihr würd’s bald genug ſatt
kriegen.
(Nach einiger Sammlung.) Wie hat ſich dieſer Kerl,
dieſer Burſche da, dieſer Bäcker hier aufgeführt! Nun
wird er gehen und auspoſaunen, ich wäre wer weiß
wie unbarmherzig. Jch ſetzte die Weber bei jeder
Kleinigkeit mir nichts, dir nichts vor die Thür. Js’
das wahr? Bin ich ſo unbarmherzig?
Viele Stimmen. Nee, Herr Dreißicher!
Dreißiger. Na, das ſcheint mir doch auch ſo.
Und dabei ziehen dieſe Lümmels umher und ſingen
gemeine Lieder auf uns Fabrikanten, wollen von
Hunger reden und haben ſo viel übrig, um den Fuſel
quartweiſe conſumiren zu können. Sie ſollten mal
die Naſe hübſch wo anders neinſtecken und ſehen,
wie’s bei den Leinwandwebern ausſieht. Die können
von Noth reden. Aber ihr hier, ihr Parchentweber,
ihr ſteht noch ſo da, daß ihr nur Grund habt, Gott
im Stillen zu danken. Und ich frage die alten
fleißigen und tüchtigen Weber, die hier ſind: kann
ein Arbeiter, der ſeine Sachen zuſammenhält, bei mir
auskommen oder nicht?
Sehr viele Stimmen. Ja, Herr Dreißicher!
Dreißiger. Na, ſeht ihr! — So’n Kerl, wie
der Bäcker natürlich nicht. Aber, ich rathe euch, haltet
dieſe Burſchen im Zaume; wird mir’s zu bunt, dann
quittire ich. Dann löſe ich das Geſchäft auf, und
dann könnt ihr ſeh’n, wo ihr bleibt. Dann könnt
ihr ſeh’n, wo ihr Arbeit bekommt. Bei Ehren-Bäcker
ſicherlich nicht.
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[18/0031] überlegen muß und immerfort ſo zu ſagen auf Tod und Leben kämpft und concurrirt, daß kein Tag ver- geht ohne Aerger und Verluſt: darüber ſchweigt des Sängers Höflichkeit. Und was hängt nicht alles am Fabrikanten, was ſaugt nich’ alles an ihm und will von ihm leben. Nee, nee! ihr ſolltet nur manchmal in meiner Haut ſtecken, ihr würd’s bald genug ſatt kriegen. (Nach einiger Sammlung.) Wie hat ſich dieſer Kerl, dieſer Burſche da, dieſer Bäcker hier aufgeführt! Nun wird er gehen und auspoſaunen, ich wäre wer weiß wie unbarmherzig. Jch ſetzte die Weber bei jeder Kleinigkeit mir nichts, dir nichts vor die Thür. Js’ das wahr? Bin ich ſo unbarmherzig? Viele Stimmen. Nee, Herr Dreißicher! Dreißiger. Na, das ſcheint mir doch auch ſo. Und dabei ziehen dieſe Lümmels umher und ſingen gemeine Lieder auf uns Fabrikanten, wollen von Hunger reden und haben ſo viel übrig, um den Fuſel quartweiſe conſumiren zu können. Sie ſollten mal die Naſe hübſch wo anders neinſtecken und ſehen, wie’s bei den Leinwandwebern ausſieht. Die können von Noth reden. Aber ihr hier, ihr Parchentweber, ihr ſteht noch ſo da, daß ihr nur Grund habt, Gott im Stillen zu danken. Und ich frage die alten fleißigen und tüchtigen Weber, die hier ſind: kann ein Arbeiter, der ſeine Sachen zuſammenhält, bei mir auskommen oder nicht? Sehr viele Stimmen. Ja, Herr Dreißicher! Dreißiger. Na, ſeht ihr! — So’n Kerl, wie der Bäcker natürlich nicht. Aber, ich rathe euch, haltet dieſe Burſchen im Zaume; wird mir’s zu bunt, dann quittire ich. Dann löſe ich das Geſchäft auf, und dann könnt ihr ſeh’n, wo ihr bleibt. Dann könnt ihr ſeh’n, wo ihr Arbeit bekommt. Bei Ehren-Bäcker ſicherlich nicht. Erſte Weberfrau (hat ſich an Dreißiger herangemacht, putzt

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/31>, abgerufen am 03.12.2024.