Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 114, Hamburg, 18. Juli 1789.Mit allergnädigster Kayserlichen
Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei- tung des Hamburgischen unpartheyischen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Sonnabend, den 18 Julii.) Num. 114.
[Beginn Spaltensatz]
Schreiben aus Paris, vom
10 Julii.
Seit dem 6ten dieses campiren 3 Schweizer Regi- Die Französischen Garden, welche neulich
wieder Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen
Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Sonnabend, den 18 Julii.) Num. 114.
[Beginn Spaltensatz]
Schreïben aus Paris, vom
10 Julii.
Seit dem 6ten dieſes campiren 3 Schweizer Regi- Die Franzoͤſiſchen Garden, welche neulich
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Verſchiedene Fran-<lb/> zoͤſiſche Regimenter ſind contremandirt worden, man<lb/> laͤßt aber dagegen fremde Truppen, ſowol Jnfanterie<lb/> als Cavallerie, Dragoner und Huſaren, kommen. Es<lb/> werden noch 3 Schweizer Regimenter erwartet. Vor-<lb/> geſtern kam eine Brigade-Artilleriſten von 460 Mann<lb/> an; eine zweyte iſt bereits auf dem Marſche. Dieſe<lb/> beyden Brigaden haben 50 Kanonen bey ſich. Ueber-<lb/> haupt wird die Anzahl der hieher beorderten Truppen,<lb/> die Franzoͤſiſchen und Schweizergarden mitgerechnet,<lb/> 30000 Mann ausmachen. Es werden 2 oder 3 Laͤger<lb/> formirt werden. Die Franzoͤſiſchen Garden werden ſich<lb/> aber nicht in dieſen Laͤgern befinden. Den Schweizer-<lb/> Garden iſt bey Spießruthen-Strafe verboten worden,<lb/> mit den Franzoͤſiſchen Garden zu ſprechen. Vorgeſtern<lb/> ſollten 2 Moͤrder geraͤdert werden; es waren Detaſche-<lb/> ments der Franzoͤſiſchen und Schweizergarden beordert,<lb/> der Execution beyzuwohnen. Die letzten erhielten<lb/> ſcharfe Patronen, die erſten nicht, und deshalb wollten<lb/> ſie nicht marſchiren, ſo daß die Execution aufgeſchoben<lb/> werden mußte. Einige Huſaren haben ebenfalls Haͤn-<lb/> del mit den Franzoͤſiſchen Garden gehabt, wobey einer<lb/> der erſten getoͤdtet, und von beyden Seiten einige ver-<lb/> wundet worden. Das Volk erklaͤrte ſich gegen die<lb/> Huſaren, und verfolgte ſie mit Steinen. Die Truppen<lb/> mußten die Waffen ergreifen, um den Tumult zu ſtil-<lb/> len. Man laͤßt nun keine Leute mehr ins Lager kom-<lb/> men, weil man befuͤrchtet, ſie moͤchten die Soldaten<lb/> verfuͤhren. Zwey große Detaſchements der Schweizer-<lb/> garden bewachen das Arſenal. Von den darinn befind-<lb/> lichen Flinten hat man die Bajonetten und Pfannen<lb/> abgenommen. Einige Bruͤcken und Wege, die nach<lb/> Verſailles fuͤhren, ſind mit Kanonen beſetzt. Alle dieſe<lb/> Zuruͤſtungen haben das Volk in Angſt geſetzt, es moͤchte<lb/><cb/> ſelbſt gegen die Verſammlung des Reichstags Gewalt<lb/> gebraucht werden, woran doch nicht gedacht wird. Jn-<lb/> deſſen haben die allgemeinen Staͤnde Vorſtellungen ge-<lb/> gen dieſe kriegeriſchen Zuruͤſtungen gethan, und Herr<lb/> Necker hat ſelbige beſonders deswegen widerrathen,<lb/> weil durch die vielen Truppen die Lebensmittel in der<lb/> Hauptſtadt noch immer theurer werden. Viele von<lb/> dieſen Truppen patroulliren Tag und Nacht in der<lb/> Hauptſtadt; dennoch hatten wir hier geſtern eine trau-<lb/> rige Scene. Ein Policeybedienter arretirte einen Men-<lb/> ſchen, den er als einen Gebranntmarkten zu kennen<lb/> vorgab, und brachte ihn zu einem Commißair. Der<lb/> Poͤbel verſammelte ſich, der arretirte Menſch kam her-<lb/> aus, und ſagte, er ſey unſchuldig. Gleich verlangte<lb/> der Haufe, daß der Policeybediente ihm ausgeliefert<lb/> werde, oder er wolle das Haus des Commiſſairs in<lb/> Brand ſtecken. Der Bediente kam hierauf mit 3 Mann<lb/> Wache heraus. Der Poͤbel ergriff ihn, und fuͤhrte ihn<lb/> unter beſtaͤndigen Stockſchlaͤgen nach dem Garten des<lb/> Palais Royal. Hier wollte man ihn an einen Baum<lb/> henken, aber man aͤnderte die Meynung, und pruͤgelte<lb/> ihn mit dicken Stricken, warf ihn in ein Baßin, zog<lb/> ihn wieder heraus, fuͤhrte ihn durch verſchiedene Straßen<lb/> der Stadt, immer unter einem Regen von Stockſchlaͤ-<lb/> gen. Man ſchnitt ihm die Haare ab; er hatte das<lb/> Gluͤck, zu entkommen, und in eine Kirche zu fluͤchten.<lb/> Man zog ihn mit Gewalt wieder heraus, ſchleppte ihn<lb/> auf dem Pflaſter, und fuͤhrte ihn in ſcheußlicher Geſtalt,<lb/> mit blutigem Kopfe und mit Wunden bedeckt, wieder<lb/> nach dem Garten des Palais Royal, wo man ihn an-<lb/> fangs in den Fluß werfen wollte, als einige Perſonen<lb/> den Ungluͤcklichen retteten. Dieſe Tragoͤdie dauerte<lb/> 5 Stunden, und man ſagt, der Menſch ſey geſtorben.<lb/> Der Poͤbel ward von den Truppen in ſeiner Barbarey<lb/> nicht geſtoͤhrt.</p><lb/> <p>Die Franzoͤſiſchen Garden, welche neulich wieder<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.
Anno 1789. (Am Sonnabend, den 18 Julii.) Num. 114.
Schreïben aus Paris, vom 10 Julii.
Seit dem 6ten dieſes campiren 3 Schweizer Regi-
menter bey Verſailles und Paris. Verſchiedene Fran-
zoͤſiſche Regimenter ſind contremandirt worden, man
laͤßt aber dagegen fremde Truppen, ſowol Jnfanterie
als Cavallerie, Dragoner und Huſaren, kommen. Es
werden noch 3 Schweizer Regimenter erwartet. Vor-
geſtern kam eine Brigade-Artilleriſten von 460 Mann
an; eine zweyte iſt bereits auf dem Marſche. Dieſe
beyden Brigaden haben 50 Kanonen bey ſich. Ueber-
haupt wird die Anzahl der hieher beorderten Truppen,
die Franzoͤſiſchen und Schweizergarden mitgerechnet,
30000 Mann ausmachen. Es werden 2 oder 3 Laͤger
formirt werden. Die Franzoͤſiſchen Garden werden ſich
aber nicht in dieſen Laͤgern befinden. Den Schweizer-
Garden iſt bey Spießruthen-Strafe verboten worden,
mit den Franzoͤſiſchen Garden zu ſprechen. Vorgeſtern
ſollten 2 Moͤrder geraͤdert werden; es waren Detaſche-
ments der Franzoͤſiſchen und Schweizergarden beordert,
der Execution beyzuwohnen. Die letzten erhielten
ſcharfe Patronen, die erſten nicht, und deshalb wollten
ſie nicht marſchiren, ſo daß die Execution aufgeſchoben
werden mußte. Einige Huſaren haben ebenfalls Haͤn-
del mit den Franzoͤſiſchen Garden gehabt, wobey einer
der erſten getoͤdtet, und von beyden Seiten einige ver-
wundet worden. Das Volk erklaͤrte ſich gegen die
Huſaren, und verfolgte ſie mit Steinen. Die Truppen
mußten die Waffen ergreifen, um den Tumult zu ſtil-
len. Man laͤßt nun keine Leute mehr ins Lager kom-
men, weil man befuͤrchtet, ſie moͤchten die Soldaten
verfuͤhren. Zwey große Detaſchements der Schweizer-
garden bewachen das Arſenal. Von den darinn befind-
lichen Flinten hat man die Bajonetten und Pfannen
abgenommen. Einige Bruͤcken und Wege, die nach
Verſailles fuͤhren, ſind mit Kanonen beſetzt. Alle dieſe
Zuruͤſtungen haben das Volk in Angſt geſetzt, es moͤchte
ſelbſt gegen die Verſammlung des Reichstags Gewalt
gebraucht werden, woran doch nicht gedacht wird. Jn-
deſſen haben die allgemeinen Staͤnde Vorſtellungen ge-
gen dieſe kriegeriſchen Zuruͤſtungen gethan, und Herr
Necker hat ſelbige beſonders deswegen widerrathen,
weil durch die vielen Truppen die Lebensmittel in der
Hauptſtadt noch immer theurer werden. Viele von
dieſen Truppen patroulliren Tag und Nacht in der
Hauptſtadt; dennoch hatten wir hier geſtern eine trau-
rige Scene. Ein Policeybedienter arretirte einen Men-
ſchen, den er als einen Gebranntmarkten zu kennen
vorgab, und brachte ihn zu einem Commißair. Der
Poͤbel verſammelte ſich, der arretirte Menſch kam her-
aus, und ſagte, er ſey unſchuldig. Gleich verlangte
der Haufe, daß der Policeybediente ihm ausgeliefert
werde, oder er wolle das Haus des Commiſſairs in
Brand ſtecken. Der Bediente kam hierauf mit 3 Mann
Wache heraus. Der Poͤbel ergriff ihn, und fuͤhrte ihn
unter beſtaͤndigen Stockſchlaͤgen nach dem Garten des
Palais Royal. Hier wollte man ihn an einen Baum
henken, aber man aͤnderte die Meynung, und pruͤgelte
ihn mit dicken Stricken, warf ihn in ein Baßin, zog
ihn wieder heraus, fuͤhrte ihn durch verſchiedene Straßen
der Stadt, immer unter einem Regen von Stockſchlaͤ-
gen. Man ſchnitt ihm die Haare ab; er hatte das
Gluͤck, zu entkommen, und in eine Kirche zu fluͤchten.
Man zog ihn mit Gewalt wieder heraus, ſchleppte ihn
auf dem Pflaſter, und fuͤhrte ihn in ſcheußlicher Geſtalt,
mit blutigem Kopfe und mit Wunden bedeckt, wieder
nach dem Garten des Palais Royal, wo man ihn an-
fangs in den Fluß werfen wollte, als einige Perſonen
den Ungluͤcklichen retteten. Dieſe Tragoͤdie dauerte
5 Stunden, und man ſagt, der Menſch ſey geſtorben.
Der Poͤbel ward von den Truppen in ſeiner Barbarey
nicht geſtoͤhrt.
Die Franzoͤſiſchen Garden, welche neulich wieder
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