Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 114, Hamburg, 18. Juli 1789.

Bild:
erste Seite
Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgischen unpartheyischen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Sonnabend, den 18 Julii.)    
Num. 114.



[Beginn Spaltensatz]

Seit dem 6ten dieses campiren 3 Schweizer Regi-
menter bey Versailles und Paris. Verschiedene Fran-
zösische Regimenter sind contremandirt worden, man
läßt aber dagegen fremde Truppen, sowol Jnfanterie
als Cavallerie, Dragoner und Husaren, kommen. Es
werden noch 3 Schweizer Regimenter erwartet. Vor-
gestern kam eine Brigade-Artilleristen von 460 Mann
an; eine zweyte ist bereits auf dem Marsche. Diese
beyden Brigaden haben 50 Kanonen bey sich. Ueber-
haupt wird die Anzahl der hieher beorderten Truppen,
die Französischen und Schweizergarden mitgerechnet,
30000 Mann ausmachen. Es werden 2 oder 3 Läger
formirt werden. Die Französischen Garden werden sich
aber nicht in diesen Lägern befinden. Den Schweizer-
Garden ist bey Spießruthen-Strafe verboten worden,
mit den Französischen Garden zu sprechen. Vorgestern
sollten 2 Mörder gerädert werden; es waren Detasche-
ments der Französischen und Schweizergarden beordert,
der Execution beyzuwohnen. Die letzten erhielten
scharfe Patronen, die ersten nicht, und deshalb wollten
sie nicht marschiren, so daß die Execution aufgeschoben
werden mußte. Einige Husaren haben ebenfalls Hän-
del mit den Französischen Garden gehabt, wobey einer
der ersten getödtet, und von beyden Seiten einige ver-
wundet worden. Das Volk erklärte sich gegen die
Husaren, und verfolgte sie mit Steinen. Die Truppen
mußten die Waffen ergreifen, um den Tumult zu stil-
len. Man läßt nun keine Leute mehr ins Lager kom-
men, weil man befürchtet, sie möchten die Soldaten
verführen. Zwey große Detaschements der Schweizer-
garden bewachen das Arsenal. Von den darinn befind-
lichen Flinten hat man die Bajonetten und Pfannen
abgenommen. Einige Brücken und Wege, die nach
Versailles führen, sind mit Kanonen besetzt. Alle diese
Zurüstungen haben das Volk in Angst gesetzt, es möchte
[Spaltenumbruch] selbst gegen die Versammlung des Reichstags Gewalt
gebraucht werden, woran doch nicht gedacht wird. Jn-
dessen haben die allgemeinen Stände Vorstellungen ge-
gen diese kriegerischen Zurüstungen gethan, und Herr
Necker hat selbige besonders deswegen widerrathen,
weil durch die vielen Truppen die Lebensmittel in der
Hauptstadt noch immer theurer werden. Viele von
diesen Truppen patroulliren Tag und Nacht in der
Hauptstadt; dennoch hatten wir hier gestern eine trau-
rige Scene. Ein Policeybedienter arretirte einen Men-
schen, den er als einen Gebranntmarkten zu kennen
vorgab, und brachte ihn zu einem Commißair. Der
Pöbel versammelte sich, der arretirte Mensch kam her-
aus, und sagte, er sey unschuldig. Gleich verlangte
der Haufe, daß der Policeybediente ihm ausgeliefert
werde, oder er wolle das Haus des Commissairs in
Brand stecken. Der Bediente kam hierauf mit 3 Mann
Wache heraus. Der Pöbel ergriff ihn, und führte ihn
unter beständigen Stockschlägen nach dem Garten des
Palais Royal. Hier wollte man ihn an einen Baum
henken, aber man änderte die Meynung, und prügelte
ihn mit dicken Stricken, warf ihn in ein Baßin, zog
ihn wieder heraus, führte ihn durch verschiedene Straßen
der Stadt, immer unter einem Regen von Stockschlä-
gen. Man schnitt ihm die Haare ab; er hatte das
Glück, zu entkommen, und in eine Kirche zu flüchten.
Man zog ihn mit Gewalt wieder heraus, schleppte ihn
auf dem Pflaster, und führte ihn in scheußlicher Gestalt,
mit blutigem Kopfe und mit Wunden bedeckt, wieder
nach dem Garten des Palais Royal, wo man ihn an-
fangs in den Fluß werfen wollte, als einige Personen
den Unglücklichen retteten. Diese Tragödie dauerte
5 Stunden, und man sagt, der Mensch sey gestorben.
Der Pöbel ward von den Truppen in seiner Barbarey
nicht gestöhrt.

Die Französischen Garden, welche neulich wieder

Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Sonnabend, den 18 Julii.)    
Num. 114.



[Beginn Spaltensatz]

Seit dem 6ten dieſes campiren 3 Schweizer Regi-
menter bey Verſailles und Paris. Verſchiedene Fran-
zoͤſiſche Regimenter ſind contremandirt worden, man
laͤßt aber dagegen fremde Truppen, ſowol Jnfanterie
als Cavallerie, Dragoner und Huſaren, kommen. Es
werden noch 3 Schweizer Regimenter erwartet. Vor-
geſtern kam eine Brigade-Artilleriſten von 460 Mann
an; eine zweyte iſt bereits auf dem Marſche. Dieſe
beyden Brigaden haben 50 Kanonen bey ſich. Ueber-
haupt wird die Anzahl der hieher beorderten Truppen,
die Franzoͤſiſchen und Schweizergarden mitgerechnet,
30000 Mann ausmachen. Es werden 2 oder 3 Laͤger
formirt werden. Die Franzoͤſiſchen Garden werden ſich
aber nicht in dieſen Laͤgern befinden. Den Schweizer-
Garden iſt bey Spießruthen-Strafe verboten worden,
mit den Franzoͤſiſchen Garden zu ſprechen. Vorgeſtern
ſollten 2 Moͤrder geraͤdert werden; es waren Detaſche-
ments der Franzoͤſiſchen und Schweizergarden beordert,
der Execution beyzuwohnen. Die letzten erhielten
ſcharfe Patronen, die erſten nicht, und deshalb wollten
ſie nicht marſchiren, ſo daß die Execution aufgeſchoben
werden mußte. Einige Huſaren haben ebenfalls Haͤn-
del mit den Franzoͤſiſchen Garden gehabt, wobey einer
der erſten getoͤdtet, und von beyden Seiten einige ver-
wundet worden. Das Volk erklaͤrte ſich gegen die
Huſaren, und verfolgte ſie mit Steinen. Die Truppen
mußten die Waffen ergreifen, um den Tumult zu ſtil-
len. Man laͤßt nun keine Leute mehr ins Lager kom-
men, weil man befuͤrchtet, ſie moͤchten die Soldaten
verfuͤhren. Zwey große Detaſchements der Schweizer-
garden bewachen das Arſenal. Von den darinn befind-
lichen Flinten hat man die Bajonetten und Pfannen
abgenommen. Einige Bruͤcken und Wege, die nach
Verſailles fuͤhren, ſind mit Kanonen beſetzt. Alle dieſe
Zuruͤſtungen haben das Volk in Angſt geſetzt, es moͤchte
[Spaltenumbruch] ſelbſt gegen die Verſammlung des Reichstags Gewalt
gebraucht werden, woran doch nicht gedacht wird. Jn-
deſſen haben die allgemeinen Staͤnde Vorſtellungen ge-
gen dieſe kriegeriſchen Zuruͤſtungen gethan, und Herr
Necker hat ſelbige beſonders deswegen widerrathen,
weil durch die vielen Truppen die Lebensmittel in der
Hauptſtadt noch immer theurer werden. Viele von
dieſen Truppen patroulliren Tag und Nacht in der
Hauptſtadt; dennoch hatten wir hier geſtern eine trau-
rige Scene. Ein Policeybedienter arretirte einen Men-
ſchen, den er als einen Gebranntmarkten zu kennen
vorgab, und brachte ihn zu einem Commißair. Der
Poͤbel verſammelte ſich, der arretirte Menſch kam her-
aus, und ſagte, er ſey unſchuldig. Gleich verlangte
der Haufe, daß der Policeybediente ihm ausgeliefert
werde, oder er wolle das Haus des Commiſſairs in
Brand ſtecken. Der Bediente kam hierauf mit 3 Mann
Wache heraus. Der Poͤbel ergriff ihn, und fuͤhrte ihn
unter beſtaͤndigen Stockſchlaͤgen nach dem Garten des
Palais Royal. Hier wollte man ihn an einen Baum
henken, aber man aͤnderte die Meynung, und pruͤgelte
ihn mit dicken Stricken, warf ihn in ein Baßin, zog
ihn wieder heraus, fuͤhrte ihn durch verſchiedene Straßen
der Stadt, immer unter einem Regen von Stockſchlaͤ-
gen. Man ſchnitt ihm die Haare ab; er hatte das
Gluͤck, zu entkommen, und in eine Kirche zu fluͤchten.
Man zog ihn mit Gewalt wieder heraus, ſchleppte ihn
auf dem Pflaſter, und fuͤhrte ihn in ſcheußlicher Geſtalt,
mit blutigem Kopfe und mit Wunden bedeckt, wieder
nach dem Garten des Palais Royal, wo man ihn an-
fangs in den Fluß werfen wollte, als einige Perſonen
den Ungluͤcklichen retteten. Dieſe Tragoͤdie dauerte
5 Stunden, und man ſagt, der Menſch ſey geſtorben.
Der Poͤbel ward von den Truppen in ſeiner Barbarey
nicht geſtoͤhrt.

Die Franzoͤſiſchen Garden, welche neulich wieder

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001" n="[1]"/>
      <titlePage type="main">
        <imprimatur> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Mit allergna&#x0364;dig&#x017F;ter Kay&#x017F;erlichen
                         Freyheit.</hi> </hi> </imprimatur><lb/>
        <docTitle>
          <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Staats- und <figure/> Gelehrte</hi><lb/> <hi rendition="#b #g"><hi rendition="#in">Z</hi>ei- tung</hi><lb/> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">des Hamburgi&#x017F;chen
                             unpartheyi&#x017F;chen</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#in">C</hi>ORRESPONDENTEN.</hi> </hi> </hi> </titlePart>
        </docTitle><lb/>
        <docDate><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1789. <space dim="horizontal"/>(Am Sonnabend,
                     den 18 Julii.)</docDate>
        <space dim="horizontal"/>
        <docTitle>
          <titlePart type="sub"><hi rendition="#aq">Num.</hi> 114.</titlePart>
        </docTitle>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </titlePage><lb/>
    </front>
    <body>
      <cb type="start"/>
      <div n="1">
        <div type="jPoliticalNews">
          <div type="jArticle">
            <dateline> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Schreïben aus Paris, vom
                                     10 Julii.</hi> </hi> </dateline><lb/>
            <p>Seit dem 6ten die&#x017F;es campiren 3 Schweizer Regi-<lb/>
menter bey
                             Ver&#x017F;ailles und Paris. Ver&#x017F;chiedene
                             Fran-<lb/>
zo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Regimenter &#x017F;ind
                             contremandirt worden, man<lb/>
la&#x0364;ßt aber dagegen fremde Truppen,
                             &#x017F;owol Jnfanterie<lb/>
als Cavallerie, Dragoner und Hu&#x017F;aren,
                             kommen. Es<lb/>
werden noch 3 Schweizer Regimenter erwartet.
                             Vor-<lb/>
ge&#x017F;tern kam eine Brigade-Artilleri&#x017F;ten von 460
                             Mann<lb/>
an; eine zweyte i&#x017F;t bereits auf dem Mar&#x017F;che.
                             Die&#x017F;e<lb/>
beyden Brigaden haben 50 Kanonen bey &#x017F;ich.
                             Ueber-<lb/>
haupt wird die Anzahl der hieher beorderten Truppen,<lb/>
die
                             Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen und Schweizergarden
                             mitgerechnet,<lb/>
30000 Mann ausmachen. Es werden 2 oder 3
                             La&#x0364;ger<lb/>
formirt werden. Die
                             Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Garden werden &#x017F;ich<lb/>
aber
                             nicht in die&#x017F;en La&#x0364;gern befinden. Den
                             Schweizer-<lb/>
Garden i&#x017F;t bey Spießruthen-Strafe verboten
                             worden,<lb/>
mit den Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Garden zu
                             &#x017F;prechen. Vorge&#x017F;tern<lb/>
&#x017F;ollten 2 Mo&#x0364;rder
                             gera&#x0364;dert werden; es waren Deta&#x017F;che-<lb/>
ments der
                             Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen und Schweizergarden
                             beordert,<lb/>
der Execution beyzuwohnen. Die letzten
                             erhielten<lb/>
&#x017F;charfe Patronen, die er&#x017F;ten nicht, und
                             deshalb wollten<lb/>
&#x017F;ie nicht mar&#x017F;chiren, &#x017F;o daß
                             die Execution aufge&#x017F;choben<lb/>
werden mußte. Einige
                             Hu&#x017F;aren haben ebenfalls Ha&#x0364;n-<lb/>
del mit den
                             Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Garden gehabt, wobey einer<lb/>
der
                             er&#x017F;ten geto&#x0364;dtet, und von beyden Seiten einige
                             ver-<lb/>
wundet worden. Das Volk erkla&#x0364;rte &#x017F;ich gegen
                             die<lb/>
Hu&#x017F;aren, und verfolgte &#x017F;ie mit Steinen. Die
                             Truppen<lb/>
mußten die Waffen ergreifen, um den Tumult zu
                             &#x017F;til-<lb/>
len. Man la&#x0364;ßt nun keine Leute mehr ins Lager
                             kom-<lb/>
men, weil man befu&#x0364;rchtet, &#x017F;ie mo&#x0364;chten
                             die Soldaten<lb/>
verfu&#x0364;hren. Zwey große Deta&#x017F;chements der
                             Schweizer-<lb/>
garden bewachen das Ar&#x017F;enal. Von den darinn
                             befind-<lb/>
lichen Flinten hat man die Bajonetten und
                             Pfannen<lb/>
abgenommen. Einige Bru&#x0364;cken und Wege, die
                             nach<lb/>
Ver&#x017F;ailles fu&#x0364;hren, &#x017F;ind mit Kanonen
                             be&#x017F;etzt. Alle die&#x017F;e<lb/>
Zuru&#x0364;&#x017F;tungen haben
                             das Volk in Ang&#x017F;t ge&#x017F;etzt, es mo&#x0364;chte<lb/><cb/>
&#x017F;elb&#x017F;t gegen die Ver&#x017F;ammlung des Reichstags
                             Gewalt<lb/>
gebraucht werden, woran doch nicht gedacht wird.
                             Jn-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en haben die allgemeinen Sta&#x0364;nde
                             Vor&#x017F;tellungen ge-<lb/>
gen die&#x017F;e kriegeri&#x017F;chen
                             Zuru&#x0364;&#x017F;tungen gethan, und Herr<lb/>
Necker hat
                             &#x017F;elbige be&#x017F;onders deswegen widerrathen,<lb/>
weil durch die
                             vielen Truppen die Lebensmittel in der<lb/>
Haupt&#x017F;tadt noch immer
                             theurer werden. Viele von<lb/>
die&#x017F;en Truppen patroulliren Tag und
                             Nacht in der<lb/>
Haupt&#x017F;tadt; dennoch hatten wir hier
                             ge&#x017F;tern eine trau-<lb/>
rige Scene. Ein Policeybedienter arretirte
                             einen Men-<lb/>
&#x017F;chen, den er als einen Gebranntmarkten zu
                             kennen<lb/>
vorgab, und brachte ihn zu einem Commißair.
                             Der<lb/>
Po&#x0364;bel ver&#x017F;ammelte &#x017F;ich, der arretirte
                             Men&#x017F;ch kam her-<lb/>
aus, und &#x017F;agte, er &#x017F;ey
                             un&#x017F;chuldig. Gleich verlangte<lb/>
der Haufe, daß der
                             Policeybediente ihm ausgeliefert<lb/>
werde, oder er wolle das Haus des
                             Commi&#x017F;&#x017F;airs in<lb/>
Brand &#x017F;tecken. Der Bediente kam
                             hierauf mit 3 Mann<lb/>
Wache heraus. Der Po&#x0364;bel ergriff ihn, und
                             fu&#x0364;hrte ihn<lb/>
unter be&#x017F;ta&#x0364;ndigen
                             Stock&#x017F;chla&#x0364;gen nach dem Garten des<lb/>
Palais Royal. Hier
                             wollte man ihn an einen Baum<lb/>
henken, aber man a&#x0364;nderte die
                             Meynung, und pru&#x0364;gelte<lb/>
ihn mit dicken Stricken, warf ihn in
                             ein Baßin, zog<lb/>
ihn wieder heraus, fu&#x0364;hrte ihn durch
                             ver&#x017F;chiedene Straßen<lb/>
der Stadt, immer unter einem Regen von
                             Stock&#x017F;chla&#x0364;-<lb/>
gen. Man &#x017F;chnitt ihm die Haare ab;
                             er hatte das<lb/>
Glu&#x0364;ck, zu entkommen, und in eine Kirche zu
                             flu&#x0364;chten.<lb/>
Man zog ihn mit Gewalt wieder heraus,
                             &#x017F;chleppte ihn<lb/>
auf dem Pfla&#x017F;ter, und fu&#x0364;hrte ihn
                             in &#x017F;cheußlicher Ge&#x017F;talt,<lb/>
mit blutigem Kopfe und mit
                             Wunden bedeckt, wieder<lb/>
nach dem Garten des Palais Royal, wo man ihn
                             an-<lb/>
fangs in den Fluß werfen wollte, als einige
                             Per&#x017F;onen<lb/>
den Unglu&#x0364;cklichen retteten. Die&#x017F;e
                             Trago&#x0364;die dauerte<lb/>
5 Stunden, und man &#x017F;agt, der
                             Men&#x017F;ch &#x017F;ey ge&#x017F;torben.<lb/>
Der Po&#x0364;bel ward
                             von den Truppen in &#x017F;einer Barbarey<lb/>
nicht
                             ge&#x017F;to&#x0364;hrt.</p><lb/>
            <p>Die Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Garden, welche neulich
                                 wieder<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0001] Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und [Abbildung] Gelehrte Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Sonnabend, den 18 Julii.) Num. 114. Schreïben aus Paris, vom 10 Julii. Seit dem 6ten dieſes campiren 3 Schweizer Regi- menter bey Verſailles und Paris. Verſchiedene Fran- zoͤſiſche Regimenter ſind contremandirt worden, man laͤßt aber dagegen fremde Truppen, ſowol Jnfanterie als Cavallerie, Dragoner und Huſaren, kommen. Es werden noch 3 Schweizer Regimenter erwartet. Vor- geſtern kam eine Brigade-Artilleriſten von 460 Mann an; eine zweyte iſt bereits auf dem Marſche. Dieſe beyden Brigaden haben 50 Kanonen bey ſich. Ueber- haupt wird die Anzahl der hieher beorderten Truppen, die Franzoͤſiſchen und Schweizergarden mitgerechnet, 30000 Mann ausmachen. Es werden 2 oder 3 Laͤger formirt werden. Die Franzoͤſiſchen Garden werden ſich aber nicht in dieſen Laͤgern befinden. Den Schweizer- Garden iſt bey Spießruthen-Strafe verboten worden, mit den Franzoͤſiſchen Garden zu ſprechen. Vorgeſtern ſollten 2 Moͤrder geraͤdert werden; es waren Detaſche- ments der Franzoͤſiſchen und Schweizergarden beordert, der Execution beyzuwohnen. Die letzten erhielten ſcharfe Patronen, die erſten nicht, und deshalb wollten ſie nicht marſchiren, ſo daß die Execution aufgeſchoben werden mußte. Einige Huſaren haben ebenfalls Haͤn- del mit den Franzoͤſiſchen Garden gehabt, wobey einer der erſten getoͤdtet, und von beyden Seiten einige ver- wundet worden. Das Volk erklaͤrte ſich gegen die Huſaren, und verfolgte ſie mit Steinen. Die Truppen mußten die Waffen ergreifen, um den Tumult zu ſtil- len. Man laͤßt nun keine Leute mehr ins Lager kom- men, weil man befuͤrchtet, ſie moͤchten die Soldaten verfuͤhren. Zwey große Detaſchements der Schweizer- garden bewachen das Arſenal. Von den darinn befind- lichen Flinten hat man die Bajonetten und Pfannen abgenommen. Einige Bruͤcken und Wege, die nach Verſailles fuͤhren, ſind mit Kanonen beſetzt. Alle dieſe Zuruͤſtungen haben das Volk in Angſt geſetzt, es moͤchte ſelbſt gegen die Verſammlung des Reichstags Gewalt gebraucht werden, woran doch nicht gedacht wird. Jn- deſſen haben die allgemeinen Staͤnde Vorſtellungen ge- gen dieſe kriegeriſchen Zuruͤſtungen gethan, und Herr Necker hat ſelbige beſonders deswegen widerrathen, weil durch die vielen Truppen die Lebensmittel in der Hauptſtadt noch immer theurer werden. Viele von dieſen Truppen patroulliren Tag und Nacht in der Hauptſtadt; dennoch hatten wir hier geſtern eine trau- rige Scene. Ein Policeybedienter arretirte einen Men- ſchen, den er als einen Gebranntmarkten zu kennen vorgab, und brachte ihn zu einem Commißair. Der Poͤbel verſammelte ſich, der arretirte Menſch kam her- aus, und ſagte, er ſey unſchuldig. Gleich verlangte der Haufe, daß der Policeybediente ihm ausgeliefert werde, oder er wolle das Haus des Commiſſairs in Brand ſtecken. Der Bediente kam hierauf mit 3 Mann Wache heraus. Der Poͤbel ergriff ihn, und fuͤhrte ihn unter beſtaͤndigen Stockſchlaͤgen nach dem Garten des Palais Royal. Hier wollte man ihn an einen Baum henken, aber man aͤnderte die Meynung, und pruͤgelte ihn mit dicken Stricken, warf ihn in ein Baßin, zog ihn wieder heraus, fuͤhrte ihn durch verſchiedene Straßen der Stadt, immer unter einem Regen von Stockſchlaͤ- gen. Man ſchnitt ihm die Haare ab; er hatte das Gluͤck, zu entkommen, und in eine Kirche zu fluͤchten. Man zog ihn mit Gewalt wieder heraus, ſchleppte ihn auf dem Pflaſter, und fuͤhrte ihn in ſcheußlicher Geſtalt, mit blutigem Kopfe und mit Wunden bedeckt, wieder nach dem Garten des Palais Royal, wo man ihn an- fangs in den Fluß werfen wollte, als einige Perſonen den Ungluͤcklichen retteten. Dieſe Tragoͤdie dauerte 5 Stunden, und man ſagt, der Menſch ſey geſtorben. Der Poͤbel ward von den Truppen in ſeiner Barbarey nicht geſtoͤhrt. Die Franzoͤſiſchen Garden, welche neulich wieder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Britt-Marie Schuster, Manuel Wille, Arnika Lutz: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-07T10:32:49Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (doppelt erfasst).

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (&#xa75b;): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1141807_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1141807_1789/1
Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 114, Hamburg, 18. Juli 1789, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1141807_1789/1>, abgerufen am 21.11.2024.