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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 116, Hamburg, 22. Juli 1789.

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[Spaltenumbruch]

Des Kronpinzen, Königl. Hoheit, sind von einer
kleinen Erkältung, mit welcher sie einige Tage beschwert
gewesen, gegenwärtig vollkommen wieder hergestellt,
und werden, wie es nun sicher verlauten will, im
nächsten Monat die schon seit einiger Zeit vorgehabte
Reise nach Holstein antreten, sich aber daselbst nur
einige Wochen verweilen.

Nach diesem Herzogthum werden noch immer von
hier Kriegsgeräthschaften versandt, und erst vor ein
paar Tagen ist wieder eine Compagnie Artilleristen mit
der dazu gehörigen Bagage dahin abgegangen.

Der Kammerjunker des Königs, Herr von Mösting,
soll von Sr. Majestät die Amtmannschaft zu Haders-
leben erhalten, und an dessen Stelle der Kammerjunker
von Walmoden kommen.

Aus der Nordsee sind 2 neue in Archangel gebaute,
und den Winter über in Norwegen gelegene Rußische
Kriegsschiffe, No. 8 und 9. nebst 2 Fregatten, ange-
kommen, und haben sich außen vor der hiesigen Rhede
vor Anker gelegt.

Se. Majestät, der König, haben durch ihren Consul
in London dem Englischen Kauffahrtey-Capitain, Wil-
liam Danson, die goldene Medaille pro meritis zustellen
lassen, zur Belohnung, daß derselbe im November vori-
gen Jahrs die Mannschaft des bey Riga gestrandeten
Flensburger Schiffes, Emanuel, Capitain Niß Lorenzen
Collund, mit Gefahr seines und seiner Leute eigenen
Leben, gerettet hat.

Da man nun aus der Ostsee die gewisse Nachricht
erhalten, daß sowol die Rußische als Schwedische Flotte
in der Gegend von Bornholm kreuzen, so kann man
täglich wichtige Nachrichten erwarten.


Se. Königl. Majestät haben den gewesenen Land-
rath, Herrn Carl Rudolph Wilhelm von Billerbeck,
Erb- und Gerichtsherrn auf Domcken, Glysno, etc. in
Westpreußen, in Betracht seiner geleisteten treuen
Dienste, zu Dero geheimen Kriegsrath allergnädigst
zu ernennen, und ihm das Patent darüber huldreichst
ausfertigen zu lassen geruhet.

Der Königl. geheime Etatsminister, Freyherr von
Werder, ist von Frankfurt an der Oder allhier einge-
troffen.

Der Englische Gesandte, Herr Hailes, ist von hier
nach Warschau gereiset.


Da der Königl. Preußifche Oberste, Freyherr von
Grothaus, in einer hiesigen Zeitung für todt gesagt
worden, selbiger sich aber in bester Gesundheit zu Pots-
dam befindet; so hat er den Verfasser des Hamburgi-
schen unpartheyischen Correspondenten ersucht, den
folgenden Brief, der eigentlich an den Verfasser des
Blattes gerichtet ist, in dem sein Tod angekündigt
worden, auch in den Correspondenten zu rücken:


Mein Herr!

Da ich nunmehro todt bin, und bereits in Potsdam
an einem Schlagfluß schleunig verstorben, wie ich
ganz deutlich selbst in Jhrer Zeitung gelesen habe, so
darf ich mich wol aus Bescheidenheit nicht anders als
einen aus der Unterwelt zurückgekommenen Schatten
[Spaltenumbruch] ansehen. Jch habe indessen auch einige brave Freunde
in dieser Oberwelt, und meine alte Mutter, die mich
herzlich liebt, und die mein Tod erschreckt haben muß,
wohnt in Jhrer Nachbarschaft. Jch ersuche dahero,
auch meine Wiederkunft aus den Elisäischen Feldern
bekannt zu machen, damit eine alte Frau den Tod
ihres Sohnes nicht zu frühzeitig zu beweinen braucht,
und meine Freunde und Anverwandte wissen, daß ich
wohl bin. -- Es hat übrigens nichts zu bedeuten; ein-
mal mehr oder weniger todt thut nichts zur Sache.
Dieses ist nun wenigstens das viertemal, daß ich die
Ehre habe, zu sterben; bald in London und bald in
Venedig, und ich glaube gar schon einmal in Constan-
tinopel. -- Jndessen habe ich allemal das Vergnügen
gehabt, unter den größten und besten Menschen von
Europa Theilnehmer meines Schicksals zu finden. --
Jhr Charakter, mein Herr, Jhre gute Denkungsart
und Jhre Person, sind mir so wohl bekannt, daß ich
gewiß bin, daß Sie aus keiner übeln Absicht diese
Nachricht verbreitet haben; es kann auch niemand
aus Feindschaft gegen mich Jhnen solche gegeben haben,
denn ich habe keinen Feind, weil ich selbst niemanden
feind bin. Nur muß ich diese kleine medicinische An-
merkung machen, daß jemand, der sein Blut durch
Bewegung so weiß in Choc zu setzen, als ich, nicht am
Schlagfluß sterben kann. Wie die Olimpischen Spiele
noch standen, war der Schlagfluß vermuthlich nicht
bekannt, sammt allen denen vielen Krankheiten, die
durch die Nichtbewegung entstehen. Jch werde daher
vermuthlich meinen Tod nicht durch einen Schlagfluß
oder Krankheit, sondern in einem Kriege finden, und
werde schon sorgen, daß durch einen meiner braven
Cameraden Sie gleich davon benachrichtiget werden,
damit ich meinen alten Platz in Jhrer Zeitung wieder
einnehmen könne.

Jch wünsche Jhnen gute Gesundheit und alles mög-
liche Glück, bitte, alle diejenige, die mich in Jhrem
vortrefflichen Hamburg kennen, vielmals von mir zu
grüßen, und zu glauben, daß ich mit steter Hochach-
tung bin

Mein Herr,
Dero
gehorsamster Diener   
von Grothaus, Kön. Pr. Oberster.

Der Königl. Preußische Oberste, Freyherr von Grot-
haus, führte 1775 300 Englische Rekruten nach Eng-
land, und gieng im Winter mit ihnen unter Segel.
Es entstanden fürchterliche Stürme, und andere mit
ihm ausgelaufene Schiffe suchten ihre Zuflucht in Hol-
ländischen und andern Häven. Er aber hielt ungeachtet
der Stürme die See. Da nun niemand glaubte, er
werde sich retten, wegen der von den eingelaufenen
Schiffen erhaltenen fürchterlichen Nachrichten, so ward
auch diesmal der Oberste von Grothaus mit aller seiner
Mannschaft für verlohren geschätzt, und bereits todt
gesagt. Ein gleiches ward in England geglaubt, bis
auf einmal, nach einer langen und gefährlichen Fahrt,
der Herr von Grothaus vor Dover erschien, und glück-
lich in den ihm bestimmten Haven mit seiner Mann-
schaft einlief. Er bekam hierauf, als bloßer Capitain,
2000 Mann in Stade und Harburg unter seinem Com-
mando, unter dem damaligen Obersten, nunmehro

[Spaltenumbruch]

Des Kronpinzen, Koͤnigl. Hoheit, ſind von einer
kleinen Erkaͤltung, mit welcher ſie einige Tage beſchwert
geweſen, gegenwaͤrtig vollkommen wieder hergeſtellt,
und werden, wie es nun ſicher verlauten will, im
naͤchſten Monat die ſchon ſeit einiger Zeit vorgehabte
Reiſe nach Holſtein antreten, ſich aber daſelbſt nur
einige Wochen verweilen.

Nach dieſem Herzogthum werden noch immer von
hier Kriegsgeraͤthſchaften verſandt, und erſt vor ein
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der dazu gehoͤrigen Bagage dahin abgegangen.

Der Kammerjunker des Koͤnigs, Herr von Moͤſting,
ſoll von Sr. Majeſtaͤt die Amtmannſchaft zu Haders-
leben erhalten, und an deſſen Stelle der Kammerjunker
von Walmoden kommen.

Aus der Nordſee ſind 2 neue in Archangel gebaute,
und den Winter uͤber in Norwegen gelegene Rußiſche
Kriegsſchiffe, No. 8 und 9. nebſt 2 Fregatten, ange-
kommen, und haben ſich außen vor der hieſigen Rhede
vor Anker gelegt.

Se. Majeſtaͤt, der Koͤnig, haben durch ihren Conſul
in London dem Engliſchen Kauffahrtey-Capitain, Wil-
liam Danſon, die goldene Medaille pro meritis zuſtellen
laſſen, zur Belohnung, daß derſelbe im November vori-
gen Jahrs die Mannſchaft des bey Riga geſtrandeten
Flensburger Schiffes, Emanuel, Capitain Niß Lorenzen
Collund, mit Gefahr ſeines und ſeiner Leute eigenen
Leben, gerettet hat.

Da man nun aus der Oſtſee die gewiſſe Nachricht
erhalten, daß ſowol die Rußiſche als Schwediſche Flotte
in der Gegend von Bornholm kreuzen, ſo kann man
taͤglich wichtige Nachrichten erwarten.


Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt haben den geweſenen Land-
rath, Herrn Carl Rudolph Wilhelm von Billerbeck,
Erb- und Gerichtsherrn auf Domcken, Glysno, ꝛc. in
Weſtpreußen, in Betracht ſeiner geleiſteten treuen
Dienſte, zu Dero geheimen Kriegsrath allergnaͤdigſt
zu ernennen, und ihm das Patent daruͤber huldreichſt
ausfertigen zu laſſen geruhet.

Der Koͤnigl. geheime Etatsminiſter, Freyherr von
Werder, iſt von Frankfurt an der Oder allhier einge-
troffen.

Der Engliſche Geſandte, Herr Hailes, iſt von hier
nach Warſchau gereiſet.


Da der Koͤnigl. Preußifche Oberſte, Freyherr von
Grothaus, in einer hieſigen Zeitung fuͤr todt geſagt
worden, ſelbiger ſich aber in beſter Geſundheit zu Pots-
dam befindet; ſo hat er den Verfaſſer des Hamburgi-
ſchen unpartheyiſchen Correſpondenten erſucht, den
folgenden Brief, der eigentlich an den Verfaſſer des
Blattes gerichtet iſt, in dem ſein Tod angekuͤndigt
worden, auch in den Correſpondenten zu ruͤcken:


Mein Herr!

Da ich nunmehro todt bin, und bereits in Potsdam
an einem Schlagfluß ſchleunig verſtorben, wie ich
ganz deutlich ſelbſt in Jhrer Zeitung geleſen habe, ſo
darf ich mich wol aus Beſcheidenheit nicht anders als
einen aus der Unterwelt zuruͤckgekommenen Schatten
[Spaltenumbruch] anſehen. Jch habe indeſſen auch einige brave Freunde
in dieſer Oberwelt, und meine alte Mutter, die mich
herzlich liebt, und die mein Tod erſchreckt haben muß,
wohnt in Jhrer Nachbarſchaft. Jch erſuche dahero,
auch meine Wiederkunft aus den Eliſaͤiſchen Feldern
bekannt zu machen, damit eine alte Frau den Tod
ihres Sohnes nicht zu fruͤhzeitig zu beweinen braucht,
und meine Freunde und Anverwandte wiſſen, daß ich
wohl bin. — Es hat uͤbrigens nichts zu bedeuten; ein-
mal mehr oder weniger todt thut nichts zur Sache.
Dieſes iſt nun wenigſtens das viertemal, daß ich die
Ehre habe, zu ſterben; bald in London und bald in
Venedig, und ich glaube gar ſchon einmal in Conſtan-
tinopel. — Jndeſſen habe ich allemal das Vergnuͤgen
gehabt, unter den groͤßten und beſten Menſchen von
Europa Theilnehmer meines Schickſals zu finden. —
Jhr Charakter, mein Herr, Jhre gute Denkungsart
und Jhre Perſon, ſind mir ſo wohl bekannt, daß ich
gewiß bin, daß Sie aus keiner uͤbeln Abſicht dieſe
Nachricht verbreitet haben; es kann auch niemand
aus Feindſchaft gegen mich Jhnen ſolche gegeben haben,
denn ich habe keinen Feind, weil ich ſelbſt niemanden
feind bin. Nur muß ich dieſe kleine mediciniſche An-
merkung machen, daß jemand, der ſein Blut durch
Bewegung ſo weiß in Choc zu ſetzen, als ich, nicht am
Schlagfluß ſterben kann. Wie die Olimpiſchen Spiele
noch ſtanden, war der Schlagfluß vermuthlich nicht
bekannt, ſammt allen denen vielen Krankheiten, die
durch die Nichtbewegung entſtehen. Jch werde daher
vermuthlich meinen Tod nicht durch einen Schlagfluß
oder Krankheit, ſondern in einem Kriege finden, und
werde ſchon ſorgen, daß durch einen meiner braven
Cameraden Sie gleich davon benachrichtiget werden,
damit ich meinen alten Platz in Jhrer Zeitung wieder
einnehmen koͤnne.

Jch wuͤnſche Jhnen gute Geſundheit und alles moͤg-
liche Gluͤck, bitte, alle diejenige, die mich in Jhrem
vortrefflichen Hamburg kennen, vielmals von mir zu
gruͤßen, und zu glauben, daß ich mit ſteter Hochach-
tung bin

Mein Herr,
Dero
gehorſamſter Diener   
von Grothaus, Koͤn. Pr. Oberſter.

Der Koͤnigl. Preußiſche Oberſte, Freyherr von Grot-
haus, fuͤhrte 1775 300 Engliſche Rekruten nach Eng-
land, und gieng im Winter mit ihnen unter Segel.
Es entſtanden fuͤrchterliche Stuͤrme, und andere mit
ihm ausgelaufene Schiffe ſuchten ihre Zuflucht in Hol-
laͤndiſchen und andern Haͤven. Er aber hielt ungeachtet
der Stuͤrme die See. Da nun niemand glaubte, er
werde ſich retten, wegen der von den eingelaufenen
Schiffen erhaltenen fuͤrchterlichen Nachrichten, ſo ward
auch diesmal der Oberſte von Grothaus mit aller ſeiner
Mannſchaft fuͤr verlohren geſchaͤtzt, und bereits todt
geſagt. Ein gleiches ward in England geglaubt, bis
auf einmal, nach einer langen und gefaͤhrlichen Fahrt,
der Herr von Grothaus vor Dover erſchien, und gluͤck-
lich in den ihm beſtimmten Haven mit ſeiner Mann-
ſchaft einlief. Er bekam hierauf, als bloßer Capitain,
2000 Mann in Stade und Harburg unter ſeinem Com-
mando, unter dem damaligen Oberſten, nunmehro

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[[5]/0005] Schreiben aus Copenhagen, vom 18 Julii. Des Kronpinzen, Koͤnigl. Hoheit, ſind von einer kleinen Erkaͤltung, mit welcher ſie einige Tage beſchwert geweſen, gegenwaͤrtig vollkommen wieder hergeſtellt, und werden, wie es nun ſicher verlauten will, im naͤchſten Monat die ſchon ſeit einiger Zeit vorgehabte Reiſe nach Holſtein antreten, ſich aber daſelbſt nur einige Wochen verweilen. Nach dieſem Herzogthum werden noch immer von hier Kriegsgeraͤthſchaften verſandt, und erſt vor ein paar Tagen iſt wieder eine Compagnie Artilleriſten mit der dazu gehoͤrigen Bagage dahin abgegangen. Der Kammerjunker des Koͤnigs, Herr von Moͤſting, ſoll von Sr. Majeſtaͤt die Amtmannſchaft zu Haders- leben erhalten, und an deſſen Stelle der Kammerjunker von Walmoden kommen. Aus der Nordſee ſind 2 neue in Archangel gebaute, und den Winter uͤber in Norwegen gelegene Rußiſche Kriegsſchiffe, No. 8 und 9. nebſt 2 Fregatten, ange- kommen, und haben ſich außen vor der hieſigen Rhede vor Anker gelegt. Se. Majeſtaͤt, der Koͤnig, haben durch ihren Conſul in London dem Engliſchen Kauffahrtey-Capitain, Wil- liam Danſon, die goldene Medaille pro meritis zuſtellen laſſen, zur Belohnung, daß derſelbe im November vori- gen Jahrs die Mannſchaft des bey Riga geſtrandeten Flensburger Schiffes, Emanuel, Capitain Niß Lorenzen Collund, mit Gefahr ſeines und ſeiner Leute eigenen Leben, gerettet hat. Da man nun aus der Oſtſee die gewiſſe Nachricht erhalten, daß ſowol die Rußiſche als Schwediſche Flotte in der Gegend von Bornholm kreuzen, ſo kann man taͤglich wichtige Nachrichten erwarten. Berlin, den 18 Julii. Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt haben den geweſenen Land- rath, Herrn Carl Rudolph Wilhelm von Billerbeck, Erb- und Gerichtsherrn auf Domcken, Glysno, ꝛc. in Weſtpreußen, in Betracht ſeiner geleiſteten treuen Dienſte, zu Dero geheimen Kriegsrath allergnaͤdigſt zu ernennen, und ihm das Patent daruͤber huldreichſt ausfertigen zu laſſen geruhet. Der Koͤnigl. geheime Etatsminiſter, Freyherr von Werder, iſt von Frankfurt an der Oder allhier einge- troffen. Der Engliſche Geſandte, Herr Hailes, iſt von hier nach Warſchau gereiſet. Hamburg, den 21 Julii. Da der Koͤnigl. Preußifche Oberſte, Freyherr von Grothaus, in einer hieſigen Zeitung fuͤr todt geſagt worden, ſelbiger ſich aber in beſter Geſundheit zu Pots- dam befindet; ſo hat er den Verfaſſer des Hamburgi- ſchen unpartheyiſchen Correſpondenten erſucht, den folgenden Brief, der eigentlich an den Verfaſſer des Blattes gerichtet iſt, in dem ſein Tod angekuͤndigt worden, auch in den Correſpondenten zu ruͤcken: Potsdam, den 16 Julii 1789. Mein Herr! Da ich nunmehro todt bin, und bereits in Potsdam an einem Schlagfluß ſchleunig verſtorben, wie ich ganz deutlich ſelbſt in Jhrer Zeitung geleſen habe, ſo darf ich mich wol aus Beſcheidenheit nicht anders als einen aus der Unterwelt zuruͤckgekommenen Schatten anſehen. Jch habe indeſſen auch einige brave Freunde in dieſer Oberwelt, und meine alte Mutter, die mich herzlich liebt, und die mein Tod erſchreckt haben muß, wohnt in Jhrer Nachbarſchaft. Jch erſuche dahero, auch meine Wiederkunft aus den Eliſaͤiſchen Feldern bekannt zu machen, damit eine alte Frau den Tod ihres Sohnes nicht zu fruͤhzeitig zu beweinen braucht, und meine Freunde und Anverwandte wiſſen, daß ich wohl bin. — Es hat uͤbrigens nichts zu bedeuten; ein- mal mehr oder weniger todt thut nichts zur Sache. Dieſes iſt nun wenigſtens das viertemal, daß ich die Ehre habe, zu ſterben; bald in London und bald in Venedig, und ich glaube gar ſchon einmal in Conſtan- tinopel. — Jndeſſen habe ich allemal das Vergnuͤgen gehabt, unter den groͤßten und beſten Menſchen von Europa Theilnehmer meines Schickſals zu finden. — Jhr Charakter, mein Herr, Jhre gute Denkungsart und Jhre Perſon, ſind mir ſo wohl bekannt, daß ich gewiß bin, daß Sie aus keiner uͤbeln Abſicht dieſe Nachricht verbreitet haben; es kann auch niemand aus Feindſchaft gegen mich Jhnen ſolche gegeben haben, denn ich habe keinen Feind, weil ich ſelbſt niemanden feind bin. Nur muß ich dieſe kleine mediciniſche An- merkung machen, daß jemand, der ſein Blut durch Bewegung ſo weiß in Choc zu ſetzen, als ich, nicht am Schlagfluß ſterben kann. Wie die Olimpiſchen Spiele noch ſtanden, war der Schlagfluß vermuthlich nicht bekannt, ſammt allen denen vielen Krankheiten, die durch die Nichtbewegung entſtehen. Jch werde daher vermuthlich meinen Tod nicht durch einen Schlagfluß oder Krankheit, ſondern in einem Kriege finden, und werde ſchon ſorgen, daß durch einen meiner braven Cameraden Sie gleich davon benachrichtiget werden, damit ich meinen alten Platz in Jhrer Zeitung wieder einnehmen koͤnne. Jch wuͤnſche Jhnen gute Geſundheit und alles moͤg- liche Gluͤck, bitte, alle diejenige, die mich in Jhrem vortrefflichen Hamburg kennen, vielmals von mir zu gruͤßen, und zu glauben, daß ich mit ſteter Hochach- tung bin Mein Herr, Dero gehorſamſter Diener von Grothaus, Koͤn. Pr. Oberſter. Der Koͤnigl. Preußiſche Oberſte, Freyherr von Grot- haus, fuͤhrte 1775 300 Engliſche Rekruten nach Eng- land, und gieng im Winter mit ihnen unter Segel. Es entſtanden fuͤrchterliche Stuͤrme, und andere mit ihm ausgelaufene Schiffe ſuchten ihre Zuflucht in Hol- laͤndiſchen und andern Haͤven. Er aber hielt ungeachtet der Stuͤrme die See. Da nun niemand glaubte, er werde ſich retten, wegen der von den eingelaufenen Schiffen erhaltenen fuͤrchterlichen Nachrichten, ſo ward auch diesmal der Oberſte von Grothaus mit aller ſeiner Mannſchaft fuͤr verlohren geſchaͤtzt, und bereits todt geſagt. Ein gleiches ward in England geglaubt, bis auf einmal, nach einer langen und gefaͤhrlichen Fahrt, der Herr von Grothaus vor Dover erſchien, und gluͤck- lich in den ihm beſtimmten Haven mit ſeiner Mann- ſchaft einlief. Er bekam hierauf, als bloßer Capitain, 2000 Mann in Stade und Harburg unter ſeinem Com- mando, unter dem damaligen Oberſten, nunmehro

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 116, Hamburg, 22. Juli 1789, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1162207_1789/5>, abgerufen am 23.11.2024.