Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 118, Hamburg, 25. Juli 1789.Mit allergnädigster Kayserlichen
Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei- tung des Hamburgischen unpartheyischen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Sonnabend, den 25 Julii.) Num. 118.
[Beginn Spaltensatz]
Die mit der heutigen
Französischen Post angekomme-
nen Briefe aus Paris bringen die Nachricht mit, daß daselbst große Bewegungen Statt gehabt haben, nach welchen Herr Necker zurückberufen, und die neu ernannten Minister ihrer Stellen wieder entlassen wor- den, wie aus dem folgenden Schreiben mit mehrern erhellen wird: Schreiben aus Paris, vom 17 Julii. Jch hoffe, daß Sie meinen Brief vom 13ten erhal- Am Montag frühe schien die Stadt Paris mehr einer Vom Montag früh an begab sich ein Theil des be- Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen
Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Sonnabend, den 25 Julii.) Num. 118.
[Beginn Spaltensatz]
Die mit der heutigen
Franzoͤſiſchen Poſt angekomme-
nen Briefe aus Paris bringen die Nachricht mit, daß daſelbſt große Bewegungen Statt gehabt haben, nach welchen Herr Necker zuruͤckberufen, und die neu ernannten Miniſter ihrer Stellen wieder entlaſſen wor- den, wie aus dem folgenden Schreiben mit mehrern erhellen wird: Schreiben aus Paris, vom 17 Julii. Jch hoffe, daß Sie meinen Brief vom 13ten erhal- Am Montag fruͤhe ſchien die Stadt Paris mehr einer Vom Montag fruͤh an begab ſich ein Theil des be- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage type="main"> <imprimatur> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.</hi> </hi> </imprimatur><lb/> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Staats- und <figure/> Gelehrte</hi><lb/> <hi rendition="#b #g"><hi rendition="#in">Z</hi>ei- tung</hi><lb/> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">des Hamburgiſchen unpartheyiſchen</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#in">C</hi>ORRESPONDENTEN.</hi> </hi> </hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <docDate><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1789. <space dim="horizontal"/>(Am Sonnabend, den 25 Julii.)</docDate> <space dim="horizontal"/> <docTitle> <titlePart type="sub"><hi rendition="#aq">Num.</hi> 118.</titlePart> </docTitle> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </titlePage><lb/> </front> <body> <cb type="start"/> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews"> <div xml:id="ar001" type="jArticle"> <head><hi rendition="#in">D</hi>ie mit der heutigen Franzoͤſiſchen Poſt angekomme-<lb/> nen Briefe aus Paris bringen die Nachricht mit,<lb/> daß daſelbſt große Bewegungen Statt gehabt haben,<lb/> nach welchen Herr Necker zuruͤckberufen, und die neu<lb/> ernannten Miniſter ihrer Stellen wieder entlaſſen wor-<lb/> den, wie aus dem folgenden Schreiben mit mehrern<lb/> erhellen wird:</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#fr">Schreiben aus Paris,</hi> vom 17 Julii.<space dim="horizontal"/></hi> </dateline><lb/> <p>Jch hoffe, daß Sie meinen Brief vom 13ten erhal-<lb/> ten haben. 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Sie errichtete von dieſen Truppen<lb/> und von den buͤrgerlichen Truppen eine Miliz von<lb/> 48000 Mann; und, welches zum Erſtaunen war, vom<lb/> Dienſtag an befanden ſich ſowol an Soldaten, die ihre<lb/> Fahnen verlaſſen hatten, als an Einwohnern, uͤber<lb/> 100000 Mann unter den Waffen. Es ſind wirklich<lb/> 116000 bewaffnete Leute, worunter aber wenig Caval-<lb/> lerie iſt. Man vertheilte dieſe Truppen Quartierweiſe,<lb/> und die Quartiere wieder Diſtrictweiſe. Man er-<lb/> nannte Officiers, und errichtete eine Caſſe zur Bezah-<lb/> lung der Soldaten und Arbeiter, ꝛc. Man bewog die<lb/> Buͤrger, zu dieſer Caſſe ihre Beytraͤge zu geben, wozu<lb/> jeder ſeinen Beytrag auch gab und noch uͤberfluͤßig gie-<lb/> bet. 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Lazarus, pluͤnderte es,<lb/> und wollte das Haus in Brand ſtecken, aber die Buͤr-<lb/> gerwache eilte herbey, und zerſtreuete die Boͤſewichte,<lb/> von welchen viele getoͤdtet und einige ſogleich aufge-<lb/> henkt wurden. Bey den jetzigen Unruhen hat ſich die<lb/> Buͤrgerwache dergleichen Executionen der Raͤuber er-<lb/> laubt. Nie iſt in Paris die Ruhe groͤßer geweſen, als<lb/> in der Nacht vom Montag auf den Dienſtag, und auch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.
Anno 1789. (Am Sonnabend, den 25 Julii.) Num. 118.
Die mit der heutigen Franzoͤſiſchen Poſt angekomme-
nen Briefe aus Paris bringen die Nachricht mit,
daß daſelbſt große Bewegungen Statt gehabt haben,
nach welchen Herr Necker zuruͤckberufen, und die neu
ernannten Miniſter ihrer Stellen wieder entlaſſen wor-
den, wie aus dem folgenden Schreiben mit mehrern
erhellen wird:
Schreiben aus Paris, vom 17 Julii.
Jch hoffe, daß Sie meinen Brief vom 13ten erhal-
ten haben. Es giengen viele Unordnungen bey der
Poſt vor, aber durch die hier erfolgte gluͤckliche Re-
volution, wovon ich ſogleich reden will, hat ein auf
dem Rathhauſe der Stadt errichteter beſtaͤndiger Aus-
ſchuß 4 Buͤrger bey der Poſt ernannt, damit alles da-
ſelbſt richtig und ordentlich zugehe. Geſtern haben
dieſe Buͤrger daſelbſt ihre Stellen eingenommen.
Am Montag fruͤhe ſchien die Stadt Paris mehr einer
mit Sturm eroberten Stadt, als der Hauptſtadt des
Koͤnigreichs, aͤhnlich zu ſeyn. Man begegnete nur be-
waffneten und undiſciplinirten Leuten, die ſich den
groͤßten Ausſchweifungen uͤberließen. Jn der Nacht
hatte man die Boutiken aller Waffenſchmiede aufge-
brochen, und aus ſelbigen alle vorraͤthigen Gewehre
weggenommen. Des Morgens mußte jeder eine gruͤne
Cocarde, als das Symbolum der Hoffnung, nehmen.
Bey der Conſternation verlohren doch die Buͤrger den
Kopf nicht. Es war eine allgemeine Verſammlung auf
dem Rathhauſe; (Hotel de ville) verſchiedene Ver-
ſammlungen waren in den Kirchen, wo die Buͤrger-
ſchaft beſchloß, ſich zu bewaffnen und ſich ſelbſt zu
ſchuͤtzen. Vor 4 Uhr des Nachmittags giengen Pa-
trullen in allen Quartieren der Stadt, welche von
der Verſammlung auf dem Stadthauſe abhiengen, wo
unter dem Praͤſidio des Herrn von Fleſſelles, Prevot
der Kaufleute, ein immerwaͤhrender Ausſchuß errichtet
ward, um das zu reguliren, was die Buͤrgerwache be-
trifft. Die Stadt nahm die Franzoͤſiſchen Garden und
andere Koͤnigl. Truppen in Sold, welche ihre Fahnen
verlaſſen hatten. Sie errichtete von dieſen Truppen
und von den buͤrgerlichen Truppen eine Miliz von
48000 Mann; und, welches zum Erſtaunen war, vom
Dienſtag an befanden ſich ſowol an Soldaten, die ihre
Fahnen verlaſſen hatten, als an Einwohnern, uͤber
100000 Mann unter den Waffen. Es ſind wirklich
116000 bewaffnete Leute, worunter aber wenig Caval-
lerie iſt. Man vertheilte dieſe Truppen Quartierweiſe,
und die Quartiere wieder Diſtrictweiſe. Man er-
nannte Officiers, und errichtete eine Caſſe zur Bezah-
lung der Soldaten und Arbeiter, ꝛc. Man bewog die
Buͤrger, zu dieſer Caſſe ihre Beytraͤge zu geben, wozu
jeder ſeinen Beytrag auch gab und noch uͤberfluͤßig gie-
bet. Es wurden namhafte Summen dazu geliefert.
Vom Montag fruͤh an begab ſich ein Theil des be-
waffneten Volks, ohne Ordnung und ohne Chef, nach
verſchiedenen Kloͤſtern und andern Haͤuſern, um zu
ſehen, ob ſich allda Korn- oder Me_ magazine befaͤn-
den. Die Carthaͤuſer kamen der Viſite zuvor, und
ſchickten ihr Korn nach der Halle. Jn dem Hauſe der
Prieſter von der Mißion des heil Lazarus, in der Vor-
ſtadt St. Martin, fand man etwa 50 Fuhren Getraide,
die man ſogleich nach der Halle ſchickte. Die Prieſter
mußten die Wagen beſteigen. Dieſes Korn ward ver-
kauſt, und das Geld den Prieſtern wiedergegeben.
Montags Abends begab ſich eine Menge Raͤuber nach
dem gedachten Hauſe des heil. Lazarus, pluͤnderte es,
und wollte das Haus in Brand ſtecken, aber die Buͤr-
gerwache eilte herbey, und zerſtreuete die Boͤſewichte,
von welchen viele getoͤdtet und einige ſogleich aufge-
henkt wurden. Bey den jetzigen Unruhen hat ſich die
Buͤrgerwache dergleichen Executionen der Raͤuber er-
laubt. Nie iſt in Paris die Ruhe groͤßer geweſen, als
in der Nacht vom Montag auf den Dienſtag, und auch
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