Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 119, Hamburg, 26. Julii 1771.Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit. Staats- und
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Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgischen unpartheyischen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Freytage, den 26 Julii.) Num. 119. [Beginn Spaltensatz]
Fortsetzung der Wünsche der Griechen an das christliche Europa. Wenn wir also die Religion unserer Tyrannen an- Sollte das Gleichgewicht von Europa die Ursache Hierzu kömmt noch, daß die Türken, denen es gewiß Wie wenn ein Fürst, der das Bekenntniß des Chri- Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und
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Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Freytage, den 26 Julii.) Num. 119. [Beginn Spaltensatz]
Fortſetzung der Wuͤnſche der Griechen an das chriſtliche Europa. Wenn wir alſo die Religion unſerer Tyrannen an- Sollte das Gleichgewicht von Europa die Urſache Hierzu koͤmmt noch, daß die Tuͤrken, denen es gewiß Wie wenn ein Fuͤrſt, der das Bekenntniß des Chri- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage type="main"> <imprimatur> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.</hi> </hi> </imprimatur><lb/> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Staats- und<figure/>Gelehrte<lb/> <hi rendition="#in">Z</hi>ei- <figure/>tung</hi><lb/> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#in">C</hi>ORRESPONDENTEN.</hi> </hi> </hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <docDate><hi rendition="#aq">Anno 1771.</hi><space dim="horizontal"/> (Am Freytage, den 26 Julii.)</docDate> <space dim="horizontal"/> <docTitle> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#aq">Num. 119.</hi> </titlePart> </docTitle> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </titlePage><lb/> </front> <body> <cb type="start"/> <div type="jPoliticalNews"> <div xml:id="ar001" type="jArticle"> <head> <ref target="/nn_hamburgischer14_1771/ar002"> <hi rendition="#c #fr">Fortſetzung der Wuͤnſche der Griechen an das<lb/> chriſtliche Europa.</hi> </ref> </head><lb/> <p>Wenn wir alſo die Religion unſerer Tyrannen an-<lb/> nehmen, und ihr Intereſſe auch das unſrige ſeyn laſſen<lb/> wollen, ſo ſind wir dadurch nicht nur vor unſerm gewiſſen<lb/> Untergang geſichert, ſondern wir koͤnnen dadurch, wie<lb/> ſchon bemerket worden, auch an den Vortheilen der<lb/> Regierung Antheil nehmen. Wir wollten wuͤnſchen,<lb/> daß wir fuͤr die Standhaftigkeit eines jeden unter uns<lb/> Buͤrge ſeyn koͤnnten. Allein, die Wahl des Maͤrtyrer-<lb/> Todes fuͤr Leben, Vortheil und irdiſchen Ruhm erfor-<lb/> dert eine heroiſche Tugend.</p><lb/> <p>Sollte das Gleichgewicht von Europa die Urſache<lb/> des drohenden Ungluͤcks ſeyn, welches uͤber unſer Haupt<lb/> zu ſchweben ſcheinet, ſo erlaube man uns hiebey die<lb/> Anmerkung zu machen, was denn dieſem Gleichgewichte<lb/> fuͤr ein Vortheil daher zuwachſen koͤnne, wenn ſo viel<lb/> Millionen Chriſten, welche in vielen Provinzen des Reichs<lb/> die Anzahl der Tuͤrken weit uͤberſteigen, ſich, welches<lb/> doch Gott auf immer verhuͤten wolle! entſſchloſſen, die<lb/> Muhamedaniſche Religion anzunehmen. Wir muͤſſen<lb/> ja erwaͤgen, was man durch eine ſo große Anzahl von<lb/> Combattanten, die aus Renegaten und deren Abkoͤmm-<lb/> lingen beſtehen wuͤrden, und die der bisherigen Erfah-<lb/> rung zufolge, unter den Truppen die kriegeriſcheſten<lb/> ſind, der Ottomanniſchen Macht fuͤr einen anſehnlichen<lb/> Zuwachs geben wuͤrde. Die wilden Janitſcharen, die<lb/> Albaneſiſchen Tuͤrken und die Bosniacken, deren Tapfer-<lb/> keit ſo ſehr geprieſen wird, waren ehedem unſern Mit-<lb/> bruͤder, ſie waren Chriſten. Umſtaͤnde, die unſern ge-<lb/> genwaͤrtigen gleich ſind, brachten ſie zu dem ſchaͤndlichen<lb/> Entſchluß.</p><lb/> <p>Hierzu koͤmmt noch, daß die Tuͤrken, denen es gewiß<lb/> an Tapferkeit nicht fehlet, und die durch ihren Muth<lb/> und Bravour auch ihre entſchloſſenſten Feinde in Er-<lb/> ſtaunen geſetzt haben, jetzt, durch den gegenwaͤrtigen<lb/> Krieg gedemuͤthiget, die Nothwendigkeit einzuſehen an-<lb/><cb/> fangen, von den Chriſten Diſciplin zu lernen, welches<lb/> ſie bisher aus Verachtung unterlaſſen haben. Wenn<lb/> ſie nun ſelbige bey ihren Soldaten einfuͤhren wollten,<lb/> ſollte es wohl an Chriſten fehlen, die aus Gewinnſucht<lb/> oder aus andern Urſachen ihre Lehrmeiſter darinn ſeyn<lb/> wuͤrden? Als ſie im gegenwaͤrtigen Kriege einſahen,<lb/> wie noͤthig ihnen Ingenieurs und Artillerie waͤren, ha-<lb/> ben ſich da vielleicht nicht Chriſten genug gefunden, die,<lb/> unwuͤrdig dieſes Namens, die Unglaͤubigen hierinn auf<lb/> alle Art unterſtuͤtzt haben? Dreyhundert von dieſer Gat-<lb/> tung ſind bey der Eroberung von Bender zu Gefangenen<lb/> gemacht worden. Und haben nicht auch Chriſten die<lb/> Batterien bey den Dardanellen zu Stande gebracht?<lb/> Da es nun ſo wahrſcheinlich iſt, daß die Tuͤrken die Kunſt,<lb/> ihre Truppen zu diſcipliniren, bey ſich einfuͤhren werden,<lb/> nachdem ſie die Nothwendigkeit und die Leichtigkeit, die-<lb/> ſes ins Werk zu richten, eingeſehen haben, und denn<lb/> zugleich die Furcht vor dem Untergange ihnen eine ſo<lb/> große Anzahl wehrhafter Leute zufuͤhren moͤchte; ſo wiſſen<lb/> wir nicht, ob diejenigen, welche in den Kabinettern<lb/> Europa auf die Wagſchale legen, nicht auch die ehema-<lb/> ligen Begebenheiten mit Moatz, Rhodus, Cypern, Can-<lb/> dia, Morea, Otranto und ſelbſt Wien mit in Anſchlag<lb/> bringen muͤſſen.</p><lb/> <p>Wie wenn ein Fuͤrſt, der das Bekenntniß des Chri-<lb/> ſtenthums auf die Ausuͤbung der herrlichſten Tugenden<lb/> gruͤndet, der das fuͤhlbarſte menſchlichſte Herz hat, wel-<lb/> cher den Anblick eines Ungluͤcklichen nicht ohne innere<lb/> Wehmuth ertragen kann, der in ſeinem ganzen Leben<lb/> untroͤſtlich ſeyn wuͤrde, wenn er glaubte, daß er ſich den<lb/> Untergang eines einzigen Unſchuldigen zuſchreiben muͤßte;<lb/> wenn dieſer Fuͤrſt durch falſche Staatsurſachen be-<lb/> trogen, die Hand darbieten wollte, um den Arm zuruͤck-<lb/> zuhalten, der von der Vorſehung ſelbſt zu unſerer Be-<lb/> freyung von der Sclaverey, und zur Befreyung ſo vieler<lb/> anderer Chriſten von der Furcht, gefuͤhrt zu ſeyn ſcheinet,<lb/> o! ſo werfe er doch ſeine Blicke auf unſere traurige<lb/> Betrachtungen, und erwaͤge die Wahrheit der ungluͤck-<lb/><cb/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und
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Gelehrte
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Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.
Anno 1771. (Am Freytage, den 26 Julii.) Num. 119.
Fortſetzung der Wuͤnſche der Griechen an das
chriſtliche Europa.
Wenn wir alſo die Religion unſerer Tyrannen an-
nehmen, und ihr Intereſſe auch das unſrige ſeyn laſſen
wollen, ſo ſind wir dadurch nicht nur vor unſerm gewiſſen
Untergang geſichert, ſondern wir koͤnnen dadurch, wie
ſchon bemerket worden, auch an den Vortheilen der
Regierung Antheil nehmen. Wir wollten wuͤnſchen,
daß wir fuͤr die Standhaftigkeit eines jeden unter uns
Buͤrge ſeyn koͤnnten. Allein, die Wahl des Maͤrtyrer-
Todes fuͤr Leben, Vortheil und irdiſchen Ruhm erfor-
dert eine heroiſche Tugend.
Sollte das Gleichgewicht von Europa die Urſache
des drohenden Ungluͤcks ſeyn, welches uͤber unſer Haupt
zu ſchweben ſcheinet, ſo erlaube man uns hiebey die
Anmerkung zu machen, was denn dieſem Gleichgewichte
fuͤr ein Vortheil daher zuwachſen koͤnne, wenn ſo viel
Millionen Chriſten, welche in vielen Provinzen des Reichs
die Anzahl der Tuͤrken weit uͤberſteigen, ſich, welches
doch Gott auf immer verhuͤten wolle! entſſchloſſen, die
Muhamedaniſche Religion anzunehmen. Wir muͤſſen
ja erwaͤgen, was man durch eine ſo große Anzahl von
Combattanten, die aus Renegaten und deren Abkoͤmm-
lingen beſtehen wuͤrden, und die der bisherigen Erfah-
rung zufolge, unter den Truppen die kriegeriſcheſten
ſind, der Ottomanniſchen Macht fuͤr einen anſehnlichen
Zuwachs geben wuͤrde. Die wilden Janitſcharen, die
Albaneſiſchen Tuͤrken und die Bosniacken, deren Tapfer-
keit ſo ſehr geprieſen wird, waren ehedem unſern Mit-
bruͤder, ſie waren Chriſten. Umſtaͤnde, die unſern ge-
genwaͤrtigen gleich ſind, brachten ſie zu dem ſchaͤndlichen
Entſchluß.
Hierzu koͤmmt noch, daß die Tuͤrken, denen es gewiß
an Tapferkeit nicht fehlet, und die durch ihren Muth
und Bravour auch ihre entſchloſſenſten Feinde in Er-
ſtaunen geſetzt haben, jetzt, durch den gegenwaͤrtigen
Krieg gedemuͤthiget, die Nothwendigkeit einzuſehen an-
fangen, von den Chriſten Diſciplin zu lernen, welches
ſie bisher aus Verachtung unterlaſſen haben. Wenn
ſie nun ſelbige bey ihren Soldaten einfuͤhren wollten,
ſollte es wohl an Chriſten fehlen, die aus Gewinnſucht
oder aus andern Urſachen ihre Lehrmeiſter darinn ſeyn
wuͤrden? Als ſie im gegenwaͤrtigen Kriege einſahen,
wie noͤthig ihnen Ingenieurs und Artillerie waͤren, ha-
ben ſich da vielleicht nicht Chriſten genug gefunden, die,
unwuͤrdig dieſes Namens, die Unglaͤubigen hierinn auf
alle Art unterſtuͤtzt haben? Dreyhundert von dieſer Gat-
tung ſind bey der Eroberung von Bender zu Gefangenen
gemacht worden. Und haben nicht auch Chriſten die
Batterien bey den Dardanellen zu Stande gebracht?
Da es nun ſo wahrſcheinlich iſt, daß die Tuͤrken die Kunſt,
ihre Truppen zu diſcipliniren, bey ſich einfuͤhren werden,
nachdem ſie die Nothwendigkeit und die Leichtigkeit, die-
ſes ins Werk zu richten, eingeſehen haben, und denn
zugleich die Furcht vor dem Untergange ihnen eine ſo
große Anzahl wehrhafter Leute zufuͤhren moͤchte; ſo wiſſen
wir nicht, ob diejenigen, welche in den Kabinettern
Europa auf die Wagſchale legen, nicht auch die ehema-
ligen Begebenheiten mit Moatz, Rhodus, Cypern, Can-
dia, Morea, Otranto und ſelbſt Wien mit in Anſchlag
bringen muͤſſen.
Wie wenn ein Fuͤrſt, der das Bekenntniß des Chri-
ſtenthums auf die Ausuͤbung der herrlichſten Tugenden
gruͤndet, der das fuͤhlbarſte menſchlichſte Herz hat, wel-
cher den Anblick eines Ungluͤcklichen nicht ohne innere
Wehmuth ertragen kann, der in ſeinem ganzen Leben
untroͤſtlich ſeyn wuͤrde, wenn er glaubte, daß er ſich den
Untergang eines einzigen Unſchuldigen zuſchreiben muͤßte;
wenn dieſer Fuͤrſt durch falſche Staatsurſachen be-
trogen, die Hand darbieten wollte, um den Arm zuruͤck-
zuhalten, der von der Vorſehung ſelbſt zu unſerer Be-
freyung von der Sclaverey, und zur Befreyung ſo vieler
anderer Chriſten von der Furcht, gefuͤhrt zu ſeyn ſcheinet,
o! ſo werfe er doch ſeine Blicke auf unſere traurige
Betrachtungen, und erwaͤge die Wahrheit der ungluͤck-
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(2014-07-07T12:30:46Z)
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