Staats und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheiischen Correspondenten. Nr. 135, Hamburg, 8. Juni 1832.[Spaltenumbruch]
klärt werden, und ein Regierungs-Commissär mit Die Briefpost von hier nach Brest geht nur un- Aus Compiegne wird unterm 30 Mai gemeldet, Zu Bordeaux ist am 27 v. M. eine weiße Fahne Aus Nantes schreibt man, daß die Adligen eines Ein Schreiben aus Antibes vom 24 v. M. mel- Bericht der Opposition. (Beschluß.) Jn Bezug auf das Personal der Administration, [Spaltenumbruch]
klärt werden, und ein Regierungs-Commiſſär mit Die Briefpoſt von hier nach Breſt geht nur un- Aus Compiègne wird unterm 30 Mai gemeldet, Zu Bordeaux iſt am 27 v. M. eine weiße Fahne Aus Nantes ſchreibt man, daß die Adligen eines Ein Schreiben aus Antibes vom 24 v. M. mel- Bericht der Oppoſition. (Beſchluß.) Jn Bezug auf das Perſonal der Adminiſtration, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="[2]"/><cb/> klärt werden, und ein Regierungs-Commiſſär mit<lb/> ausgedehnten Vollmachten dahin abgehen.</p><lb/> <p>Die Briefpoſt von hier nach Breſt geht nur un-<lb/> ter Escorte; in mehreren Zwiſchenräumen ſind Ca-<lb/> vallerie-Poſten aufgeſtellt. Die telegraphiſchen Be-<lb/> richte ſind wegen ſchlechten Wetters heute auf allen<lb/> Punkten ausgeblieben. Geſtern meldete der Tele-<lb/> graph aus Lyon, daß der Kronprinz daſelbſt eine<lb/> glänzende Muſterung gehalten habe. Der Einzug<lb/> des Prinzen in Lyon iſt, nach dem <hi rendition="#fr">Moniteur</hi> zu<lb/> ſchließen, ſehr glänzend geweſen, und die Anreden<lb/> der Behörden, ſo wie die Antworten des Prinzen<lb/> überſtrömten von Freiheits-Aeußerungen. Doch<lb/> ſpricht das officielle Blatt von Unruhſtiftern, frei-<lb/> lich in geringer Anzahl, die laut geziſcht hätten,<lb/> worauf man drei feſtgenommen hat.</p><lb/> <p>Aus <hi rendition="#fr">Compi</hi><hi rendition="#aq">è</hi><hi rendition="#fr">gne</hi> wird unterm 30 Mai gemeldet,<lb/> daß der König der Franzoſen, der König der Bel-<lb/> gier und der Herzog v. Nemours mehrere Truppen-<lb/> Abtheilungen und die dortige Nationalgarde gemu-<lb/> ſtert hätten.</p><lb/> <p>Zu <hi rendition="#fr">Bordeaux</hi> iſt am 27 v. 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Der Bricquevilleſche Vorſchlag iſt, nachdem<lb/> er einmal durchgefallen, in der letzten Sitzung wie-<lb/> der vorgebracht worden. Er war gleichſam die Ah-<lb/> nung eines neulich gemachten, ſchon damals ange-<lb/> zettelten Verſuchs, von deſſen geheimen Beſtehen<lb/> die Staatsgewalt, wenn man dem officiellen Organ<lb/> Glauben beimeſſen darf, ſchon damals unterrichtet<lb/> war. Man hat jedoch geſehen, wie die miniſterielle<lb/> Partei ihre Bemühungen zur Entſtellung dieſes Vor-<lb/> ſchlags vereinigte, und ſelbſt nach dem Beſchluſſe<lb/> der Kammern hat böſer Wille deſſen Sanction ver-<lb/> zögert, gleich als ſollte dieſer unerklärliche Aufſchub<lb/> eine ſtillſchweigende Proteſtation, ein Motiv der<lb/> Freiſprechung ſeyn. Dieſes Syſtem der Rückſichten<lb/> gefährdet Frankreichs inneren Frieden und veran-<lb/> laßt die Aengſtlichen an einer Regierung zu zwei-<lb/> feln, die an ſich ſelbſt zu zweifeln ſcheint. — Die<lb/> letzte Seſſion ſchien beſonders für die Verwirklichung<lb/> in der Charte enthaltenen Verheißungen beſtimmt.<lb/> Den Kammern lag es ob, die Municipal-Verwal-<lb/> tung in allen ihren Verzweigungen zu ordnen, die<lb/><cb/> Verantwortlichkeit der Miniſter und aller Agenten<lb/> der Staatsgewalt zu organiſiren, ſo wie den Ele-<lb/> mentar-Unterricht und die Lehranſtalt zu begrün-<lb/> den. Wir haben die Erfüllung dieſer Verheißungen<lb/> zu beſchleunigen geſucht. Wir verlangten ein Mu-<lb/> nicipalſyſtem, wodurch die kleineren Geſchäfte der<lb/> Centraliſation entzogen, die größeren vereinfacht,<lb/> überall die Elemente des politiſchen Lebens erweitert,<lb/> und wenigſtens die größtmöglichſte Anzahl von Bür-<lb/> gern der Bürgerrechte theilhaftig würden. Eine um-<lb/> faſſende Organiſation der Departements und der Ge-<lb/> meinden wäre in der That der mächtigſte Hebel der<lb/> Kraft, der öffentlichen Ordnung, und des materiellen<lb/> Wohlſtandes. Dem Miniſterium ſind, ſo zu ſagen,<lb/> durch den Andrang der öffentlichen Meinung, Geſetz-<lb/> Entwürfe abgezwungen, dieſe ſind jedoch durch einen<lb/> geheimen Einfluß in der Kammer neutraliſirt, und<lb/> endlich durch Aufſchub auf unbeſtimmte Zeit verei-<lb/> telt worden. So lauteten unſre Wünſche in Be-<lb/> treff der inneren Politik: ſie blieben fruchtlos. Jn<lb/> den Beziehungen Frankreichs zum Auslande wollten<lb/> wir das Panier von 1789 wieder aufpflanzen: “Kein<lb/> Krieg des Ehrgeizes oder der Eroberung, ſondern<lb/> unbedingte Unabhängigkeit vor jedem fremden Ein-<lb/> fluſſe auf unſre inneren Angelegenheitn.” Mit ſchaam-<lb/> rother Stirne haben wir mehr als ein Mal im Ver-<lb/> laufe der Seſſion die Regierungs-Agenten von der<lb/> Furcht, den fremden Cabinetten zu mißfallen, ſprechen<lb/> hören — wir hatten Frankreich für immer von dieſem<lb/> erniedrigenden Einfluſſe befreit geglaubt. Wir ver-<lb/> läugnen unſer lebhaftes Mitgefühl für das Glück<lb/> und die Freiheit andrer Völker nicht, haben aber<lb/> niemals den Anſpruch gemacht, ſie unſren Jnſtitu-<lb/> tionen zu unterwerfen. Nach dem Umſturze einer<lb/> von der heiligen Allianz uns aufgedrungenen Dy-<lb/> naſtie hätte die Regierung ſorgfältig über die Be-<lb/> wegungen der fremden Monarchen wachen, insbe-<lb/> ſondre die Ausdehnung und Vergrößerung ihrer<lb/> Macht nicht geſtatten ſollen. Sie hat das auch ſelbſt<lb/> anerkannt, als ſie vor Frankreich die Abſicht zu er-<lb/> kennen gab, Jtalien gegen Oeſterreich beizuſtehen, und<lb/> die polniſche Nationalität gegen Rußland zu ſchützen.<lb/> Dennoch, ungeachtet ihrer förmlichen Verſprechun-<lb/> gen, ungeachtet der alten und neuen Jntereſſen<lb/> Frankreichs, hat die Regierung Jtalien der Herr-<lb/> ſchaft Oeſterreichs preisgegeben und Polen unter-<lb/> gehen laſſen, — jenes Polen, dem wir beiſtehen<lb/> konnten, was man auch auf der Tribune dagegen<lb/> geſagt haben mag, und zu deſſen Rettung wir ver-<lb/> pflichtet waren. Glaube man ja nicht, daß eine<lb/> gemeſſene und feſte Sprache den Krieg herbeigeführt<lb/> haben würde: wir glauben vielmehr, daß dieß das<lb/> einzige und ſicherſte Mittel zur Aufrechthaltung des<lb/> Friedens geweſen wäre. Faſſen wir kurz unſer<lb/> politiſches Glaubensbekenntniß, wie es ſtets geweſen,<lb/> ſtets bleiben wird: Friede, mit Frankreichs Un-<lb/> abhängigkeit und Würde vereinbart; unwandelbare<lb/> Treue gegen die Jdee der Juli-Revolution, eine<lb/> Jdee der Nationalität, der Gerechtigkeit, der Ord-<lb/> nung, des Ruhms und der Mäßigung, der Freiheit<lb/> und der allgemeinen Civiliſation, eine glorreiche<lb/> und reine Jdee, die wir gern vervielfältigen, die<lb/> alle unſre Abſtimmungen treulich ausgedrückt, die<lb/> unſre Herzen niemals verrathen haben. Fern ſey<lb/> es von uns, das Beiſpiel unſrer Gegner in ihrer Leiden-<lb/> ſchaftlichkeit und Verläumdung nachzuahmen. Aber die<lb/> Männer vom 13 März mögen uns ſagen, ob eine<lb/> ihrer Verheißungen erfüllt worden. Sie wollten Aller<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[2]/0002]
klärt werden, und ein Regierungs-Commiſſär mit
ausgedehnten Vollmachten dahin abgehen.
Die Briefpoſt von hier nach Breſt geht nur un-
ter Escorte; in mehreren Zwiſchenräumen ſind Ca-
vallerie-Poſten aufgeſtellt. Die telegraphiſchen Be-
richte ſind wegen ſchlechten Wetters heute auf allen
Punkten ausgeblieben. Geſtern meldete der Tele-
graph aus Lyon, daß der Kronprinz daſelbſt eine
glänzende Muſterung gehalten habe. Der Einzug
des Prinzen in Lyon iſt, nach dem Moniteur zu
ſchließen, ſehr glänzend geweſen, und die Anreden
der Behörden, ſo wie die Antworten des Prinzen
überſtrömten von Freiheits-Aeußerungen. Doch
ſpricht das officielle Blatt von Unruhſtiftern, frei-
lich in geringer Anzahl, die laut geziſcht hätten,
worauf man drei feſtgenommen hat.
Aus Compiègne wird unterm 30 Mai gemeldet,
daß der König der Franzoſen, der König der Bel-
gier und der Herzog v. Nemours mehrere Truppen-
Abtheilungen und die dortige Nationalgarde gemu-
ſtert hätten.
Zu Bordeaux iſt am 27 v. M. eine weiße Fahne
aufgepflanzt worden, und carliſtiſche Proclamationen
waren an mehreren Ecken angeſchlagen.
Aus Nantes ſchreibt man, daß die Adligen eines
Theils der Bretagne alle ihre Schlöſſer verlaſſen
hatten, um ſich an die Spitze der Banden zu
ſtellen.
Ein Schreiben aus Antibes vom 24 v. M. mel-
det, drei ſchwarzverſchleierte Nonnen wären in einem
Wagen daſelbſt durchgekommen, und der Schreiber
dieſes Briefes habe in einer derſelben die Herzogin
v. Berri erkannt.
Bericht der Oppoſition. (Beſchluß.)
Jn Bezug auf das Perſonal der Adminiſtration,
war es nach dem Sturze einer Regierung, an die
ſich eine gewiſſe Anzahl von Exiſtenzen natürlich
knüpften, leicht zu erkennen, wo ſich die Feinde der
neuen Ordnung der Dinge finden würden. Die Re-
gierung, von unheilsvollen Lehren und ungerechten
Vorurtheilen getäuſcht, hat nur in denen, die
für ihre Begründung gekämpft haben, Feinde er-
blickt. Ein Oppoſitions-Mitglied hat gewünſcht,
daß Frankreich endlich erfahren möchte, ob ſeine
Regierung Anſtand nehmen würde, ſich mit ihm un-
widerruflich in der Juli-Revolution zu compromit-
tiren. Der Bricquevilleſche Vorſchlag iſt, nachdem
er einmal durchgefallen, in der letzten Sitzung wie-
der vorgebracht worden. Er war gleichſam die Ah-
nung eines neulich gemachten, ſchon damals ange-
zettelten Verſuchs, von deſſen geheimen Beſtehen
die Staatsgewalt, wenn man dem officiellen Organ
Glauben beimeſſen darf, ſchon damals unterrichtet
war. Man hat jedoch geſehen, wie die miniſterielle
Partei ihre Bemühungen zur Entſtellung dieſes Vor-
ſchlags vereinigte, und ſelbſt nach dem Beſchluſſe
der Kammern hat böſer Wille deſſen Sanction ver-
zögert, gleich als ſollte dieſer unerklärliche Aufſchub
eine ſtillſchweigende Proteſtation, ein Motiv der
Freiſprechung ſeyn. Dieſes Syſtem der Rückſichten
gefährdet Frankreichs inneren Frieden und veran-
laßt die Aengſtlichen an einer Regierung zu zwei-
feln, die an ſich ſelbſt zu zweifeln ſcheint. — Die
letzte Seſſion ſchien beſonders für die Verwirklichung
in der Charte enthaltenen Verheißungen beſtimmt.
Den Kammern lag es ob, die Municipal-Verwal-
tung in allen ihren Verzweigungen zu ordnen, die
Verantwortlichkeit der Miniſter und aller Agenten
der Staatsgewalt zu organiſiren, ſo wie den Ele-
mentar-Unterricht und die Lehranſtalt zu begrün-
den. Wir haben die Erfüllung dieſer Verheißungen
zu beſchleunigen geſucht. Wir verlangten ein Mu-
nicipalſyſtem, wodurch die kleineren Geſchäfte der
Centraliſation entzogen, die größeren vereinfacht,
überall die Elemente des politiſchen Lebens erweitert,
und wenigſtens die größtmöglichſte Anzahl von Bür-
gern der Bürgerrechte theilhaftig würden. Eine um-
faſſende Organiſation der Departements und der Ge-
meinden wäre in der That der mächtigſte Hebel der
Kraft, der öffentlichen Ordnung, und des materiellen
Wohlſtandes. Dem Miniſterium ſind, ſo zu ſagen,
durch den Andrang der öffentlichen Meinung, Geſetz-
Entwürfe abgezwungen, dieſe ſind jedoch durch einen
geheimen Einfluß in der Kammer neutraliſirt, und
endlich durch Aufſchub auf unbeſtimmte Zeit verei-
telt worden. So lauteten unſre Wünſche in Be-
treff der inneren Politik: ſie blieben fruchtlos. Jn
den Beziehungen Frankreichs zum Auslande wollten
wir das Panier von 1789 wieder aufpflanzen: “Kein
Krieg des Ehrgeizes oder der Eroberung, ſondern
unbedingte Unabhängigkeit vor jedem fremden Ein-
fluſſe auf unſre inneren Angelegenheitn.” Mit ſchaam-
rother Stirne haben wir mehr als ein Mal im Ver-
laufe der Seſſion die Regierungs-Agenten von der
Furcht, den fremden Cabinetten zu mißfallen, ſprechen
hören — wir hatten Frankreich für immer von dieſem
erniedrigenden Einfluſſe befreit geglaubt. Wir ver-
läugnen unſer lebhaftes Mitgefühl für das Glück
und die Freiheit andrer Völker nicht, haben aber
niemals den Anſpruch gemacht, ſie unſren Jnſtitu-
tionen zu unterwerfen. Nach dem Umſturze einer
von der heiligen Allianz uns aufgedrungenen Dy-
naſtie hätte die Regierung ſorgfältig über die Be-
wegungen der fremden Monarchen wachen, insbe-
ſondre die Ausdehnung und Vergrößerung ihrer
Macht nicht geſtatten ſollen. Sie hat das auch ſelbſt
anerkannt, als ſie vor Frankreich die Abſicht zu er-
kennen gab, Jtalien gegen Oeſterreich beizuſtehen, und
die polniſche Nationalität gegen Rußland zu ſchützen.
Dennoch, ungeachtet ihrer förmlichen Verſprechun-
gen, ungeachtet der alten und neuen Jntereſſen
Frankreichs, hat die Regierung Jtalien der Herr-
ſchaft Oeſterreichs preisgegeben und Polen unter-
gehen laſſen, — jenes Polen, dem wir beiſtehen
konnten, was man auch auf der Tribune dagegen
geſagt haben mag, und zu deſſen Rettung wir ver-
pflichtet waren. Glaube man ja nicht, daß eine
gemeſſene und feſte Sprache den Krieg herbeigeführt
haben würde: wir glauben vielmehr, daß dieß das
einzige und ſicherſte Mittel zur Aufrechthaltung des
Friedens geweſen wäre. Faſſen wir kurz unſer
politiſches Glaubensbekenntniß, wie es ſtets geweſen,
ſtets bleiben wird: Friede, mit Frankreichs Un-
abhängigkeit und Würde vereinbart; unwandelbare
Treue gegen die Jdee der Juli-Revolution, eine
Jdee der Nationalität, der Gerechtigkeit, der Ord-
nung, des Ruhms und der Mäßigung, der Freiheit
und der allgemeinen Civiliſation, eine glorreiche
und reine Jdee, die wir gern vervielfältigen, die
alle unſre Abſtimmungen treulich ausgedrückt, die
unſre Herzen niemals verrathen haben. Fern ſey
es von uns, das Beiſpiel unſrer Gegner in ihrer Leiden-
ſchaftlichkeit und Verläumdung nachzuahmen. Aber die
Männer vom 13 März mögen uns ſagen, ob eine
ihrer Verheißungen erfüllt worden. Sie wollten Aller
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(2014-09-26T13:06:02Z)
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