Staats und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheiischen Correspondenten. Nr. 135, Hamburg, 8. Juni 1832.[Spaltenumbruch]
verführen. Seit jener Zeit trieben sich sehr viele Aus dem Haag, vom 2 Juni. Jn der Sitzung beider Kammern der General- Am 31 v. M. Morgens traf der neue französische Worms, den 30 Mai. Vorgestern war unsre Stadt der Schauplatz unru- [Spaltenumbruch]
verführen. Seit jener Zeit trieben ſich ſehr viele Aus dem Haag, vom 2 Juni. Jn der Sitzung beider Kammern der General- Am 31 v. M. Morgens traf der neue franzöſiſche Worms, den 30 Mai. Vorgeſtern war unſre Stadt der Schauplatz unru- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="[4]"/><cb/> verführen. Seit jener Zeit trieben ſich ſehr viele<lb/> ſogenannte Handels-Reiſende in den Kaffeehäuſern<lb/> und Schenken umher, die in der Nähe der Caſer-<lb/> nen gelegen ſind, und allerdings ſind ihre Verſuche<lb/> bei den Soldaten, ſogar bei den Officieren, nicht<lb/> ganz ohne Erfolg geblieben. Der Kriegsminiſter<lb/> hat nunmehr Befehl ertheilt, die ſtrengſte Unterſu-<lb/> chung in allen Caſernen anzuſtellen. Jn Folge deſ-<lb/> ſen ſind mehrere jener Handels-Reiſenden arretirt<lb/> worden. Bei einem Schweizer, Namens Richard,<lb/> fand man auf einem Boden 1000 Patronen. Auch<lb/> unter den Arbeitern in den Steinbrüchen um Paris<lb/> ſollten Unruhen ausbrechen und es haben ſich Po-<lb/> lizeibeamte dahin begeben. Heute um 2 Uhr ſind<lb/> ſogar in der Nähe der Börſe carliſtiſche Agenten feſt-<lb/> genommen worden, die daſelbſt Geld austheilten. —<lb/> Der König wird noch heute Nacht oder morgen<lb/> früh in St. Cloud erwartet, und gleich nach ſei-<lb/> ner Ankunft wird ein Miniſterial-Conſeil gehalten<lb/> werden. Wie man erfährt, wird Hr. v. Monta-<lb/> livet darauf antragen, daß mehrere Departements<lb/> in Belagerungsſtand erklärt werden: an der Bei-<lb/> ſtimmung ſeiner Collegen zweifelt man nicht, wohl<lb/> aber an einer höheren Einwilligung. Als außeror-<lb/> dentlichen Regierungs-Commiſſär für die weſtlichen<lb/> Departements nennt man den (auch in Hamburg<lb/> bekannten) Hrn. d’Aubignosc.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <head/> <dateline> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Aus dem Haag,</hi> vom 2 Juni.</hi> </dateline><lb/> <p>Jn der Sitzung beider Kammern der <hi rendition="#fr">General-<lb/> Staaten</hi> am 29 v. M. erſtattete der <hi rendition="#fr">Miniſter der<lb/> auswaͤrtigen Angelegenheiten</hi> umſtändlichen Be-<lb/> richt über die in der letzten Zeit mit der Conferenz<lb/> in London und namentlich mit dem außerordentli-<lb/> chen Abgeſandten Sr. Maj. des Kaiſers von Ruß-<lb/> land, Grafen v. Orlow, gepflogenen Unterhandlun-<lb/> gen, und theilte mehrere hierauf bezügliche Acten-<lb/> ſtücke mit. Aus dieſen officiellen Mittheilungen<lb/> geht hervor, daß die niederländiſche Regierung un-<lb/> term 4 März d. J. dem hier im Haag anweſenden<lb/> Grafen Orlow erklärte, dieſelbe ſey geneigt, die po-<lb/> litiſche Unabhängigkeit Belgiens anzuerkennen, je-<lb/> doch unter Vorbehalt einer Veränderung der Ver-<lb/> fügungen hinſichtlich der Schiffahrt auf den Bin-<lb/> nengewäſſern und ſonſtiger Handelswege; vorbehält-<lb/> lich der Capitaliſation der Staatsſchuld auf Seiten<lb/> Belgiens, einer billigern Vergleichung hinſichtlich<lb/> des Tilgungs-Syndicats, und einer abgeſonderten<lb/> Unterhandlung in Betreff des Großherzogthums<lb/> Lu<supplied cert="high">x</supplied>emburg. Am 7 März erklärte ferner die nie-<lb/> derländiſche Regierung mittelſt Verbal-Note dem<lb/> Grafen Orlow, daß, da auch die Anerkennung des<lb/> Prinzen Leopold eine unvermeidliche Bedingung ſey,<lb/> um die obſchwebenden Unterhandlungen zu Stande<lb/> zu bringen, der König hierein gewilligt habe, um den<lb/> getreuen Bewohnern von Alt-Niederland einen<lb/> neuen Beweis Seiner Gewogenheit zu geben, die<lb/> ihn ſtets bewogen habe, ihrer Wohlfahrt alle die<lb/> Opfer darzubringen, welche durch die Umſtände er-<lb/> heiſcht würden; jedoch unter dem Vorbehalte, daß<lb/> dieſe Erklärung erſt dann gültig ſeyn ſolle, ſobald<lb/> man ſich über die Bedingungen hinſichtlich der Tren-<lb/> nung verſtändigt habe. Jm Laufe der Unterhand-<lb/> lungen wurde auch dem ruſſiſchen Bevollmächtigten<lb/> zu erkennen gegeben, daß man ſich von unſerer Seite<lb/> wohl zu einer Capitaliſation der Staatsſchuld zu<lb/> einem geringeren Curſe verſtehen würde, als in<lb/> dem Vertrage vom Januar 1832 feſtgeſetzt worden,<lb/> daß man aber in dem Beſitze der Citadelle von Ant-<lb/><cb/> werpen ſo lange zu bleiben verlange, bis die Capi-<lb/> taliſation zu Stande gebracht ſeyn würde. Gleich-<lb/> wohl iſt von ruſſiſcher Seite auch ſehr auf die Un-<lb/> terzeichnung der 24 Artikel von Seiten der nieder-<lb/> ländiſchen Regierung gedrungen worden, jedoch un-<lb/> ter den Bedingungen der von Rußland aufgeſtellten<lb/> Modificationen; allein dieſe Forderung wurde rund<lb/> abgeſchlagen; inzwiſchen erklärte die niederländiſche<lb/> Regierung, jederzeit bereit zu ſeyn, die ihr in Be-<lb/> zug auf jene Bedingungen gemachten Eröffnungen<lb/> in Erwägung ziehen zu wollen. — Es ergiebt ſich<lb/> alſo aus Allem — ſagte der Miniſter — daß die Un-<lb/> terhandlungen, in Folge der Sendung des Grafen<lb/> Orlow wichtige Fortſchritte gemacht haben, daß be-<lb/> deutende Hinderniſſe aus dem Wege geräumt worden,<lb/> und daß, wenn die Form des Vertrages Schwie-<lb/> rigkeiten darbot, die der König nicht beſeitigen<lb/> konnte, man ſich dennoch ſchmeicheln darf, daß jene<lb/> der gewünſchten endlichen Vereinbarung nicht mehr<lb/> im Wege ſtehen werden, da man ſich über die Mehr-<lb/> heit der Bedingungen verſtändigt hat, und die Mei-<lb/> nungsverſchiedenheit hinſichtlich des Uebrigen nicht<lb/> von der Art iſt, daß ſie den Unterhandlungen in<lb/> London hinderlich ſeyn könnte. — Unter den vom<lb/> Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten mitge-<lb/> theilten Actenſtücken befindet ſich die bekannte De-<lb/> claration des ruſſiſchen Bevollmächtigten, mittelſt<lb/> deren er die niederländiſche Regierung zur Mitun-<lb/> terzeichnung der 24 Artikel zu bewegen ſuchte; ſo-<lb/> dann die Protokolle in Betreff der Ratificationen,<lb/> nebſt dem 59ſten und 60ſten Protokolle. 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verführen. Seit jener Zeit trieben ſich ſehr viele
ſogenannte Handels-Reiſende in den Kaffeehäuſern
und Schenken umher, die in der Nähe der Caſer-
nen gelegen ſind, und allerdings ſind ihre Verſuche
bei den Soldaten, ſogar bei den Officieren, nicht
ganz ohne Erfolg geblieben. Der Kriegsminiſter
hat nunmehr Befehl ertheilt, die ſtrengſte Unterſu-
chung in allen Caſernen anzuſtellen. Jn Folge deſ-
ſen ſind mehrere jener Handels-Reiſenden arretirt
worden. Bei einem Schweizer, Namens Richard,
fand man auf einem Boden 1000 Patronen. Auch
unter den Arbeitern in den Steinbrüchen um Paris
ſollten Unruhen ausbrechen und es haben ſich Po-
lizeibeamte dahin begeben. Heute um 2 Uhr ſind
ſogar in der Nähe der Börſe carliſtiſche Agenten feſt-
genommen worden, die daſelbſt Geld austheilten. —
Der König wird noch heute Nacht oder morgen
früh in St. Cloud erwartet, und gleich nach ſei-
ner Ankunft wird ein Miniſterial-Conſeil gehalten
werden. Wie man erfährt, wird Hr. v. Monta-
livet darauf antragen, daß mehrere Departements
in Belagerungsſtand erklärt werden: an der Bei-
ſtimmung ſeiner Collegen zweifelt man nicht, wohl
aber an einer höheren Einwilligung. Als außeror-
dentlichen Regierungs-Commiſſär für die weſtlichen
Departements nennt man den (auch in Hamburg
bekannten) Hrn. d’Aubignosc.
Aus dem Haag, vom 2 Juni.
Jn der Sitzung beider Kammern der General-
Staaten am 29 v. M. erſtattete der Miniſter der
auswaͤrtigen Angelegenheiten umſtändlichen Be-
richt über die in der letzten Zeit mit der Conferenz
in London und namentlich mit dem außerordentli-
chen Abgeſandten Sr. Maj. des Kaiſers von Ruß-
land, Grafen v. Orlow, gepflogenen Unterhandlun-
gen, und theilte mehrere hierauf bezügliche Acten-
ſtücke mit. Aus dieſen officiellen Mittheilungen
geht hervor, daß die niederländiſche Regierung un-
term 4 März d. J. dem hier im Haag anweſenden
Grafen Orlow erklärte, dieſelbe ſey geneigt, die po-
litiſche Unabhängigkeit Belgiens anzuerkennen, je-
doch unter Vorbehalt einer Veränderung der Ver-
fügungen hinſichtlich der Schiffahrt auf den Bin-
nengewäſſern und ſonſtiger Handelswege; vorbehält-
lich der Capitaliſation der Staatsſchuld auf Seiten
Belgiens, einer billigern Vergleichung hinſichtlich
des Tilgungs-Syndicats, und einer abgeſonderten
Unterhandlung in Betreff des Großherzogthums
Luxemburg. Am 7 März erklärte ferner die nie-
derländiſche Regierung mittelſt Verbal-Note dem
Grafen Orlow, daß, da auch die Anerkennung des
Prinzen Leopold eine unvermeidliche Bedingung ſey,
um die obſchwebenden Unterhandlungen zu Stande
zu bringen, der König hierein gewilligt habe, um den
getreuen Bewohnern von Alt-Niederland einen
neuen Beweis Seiner Gewogenheit zu geben, die
ihn ſtets bewogen habe, ihrer Wohlfahrt alle die
Opfer darzubringen, welche durch die Umſtände er-
heiſcht würden; jedoch unter dem Vorbehalte, daß
dieſe Erklärung erſt dann gültig ſeyn ſolle, ſobald
man ſich über die Bedingungen hinſichtlich der Tren-
nung verſtändigt habe. Jm Laufe der Unterhand-
lungen wurde auch dem ruſſiſchen Bevollmächtigten
zu erkennen gegeben, daß man ſich von unſerer Seite
wohl zu einer Capitaliſation der Staatsſchuld zu
einem geringeren Curſe verſtehen würde, als in
dem Vertrage vom Januar 1832 feſtgeſetzt worden,
daß man aber in dem Beſitze der Citadelle von Ant-
werpen ſo lange zu bleiben verlange, bis die Capi-
taliſation zu Stande gebracht ſeyn würde. Gleich-
wohl iſt von ruſſiſcher Seite auch ſehr auf die Un-
terzeichnung der 24 Artikel von Seiten der nieder-
ländiſchen Regierung gedrungen worden, jedoch un-
ter den Bedingungen der von Rußland aufgeſtellten
Modificationen; allein dieſe Forderung wurde rund
abgeſchlagen; inzwiſchen erklärte die niederländiſche
Regierung, jederzeit bereit zu ſeyn, die ihr in Be-
zug auf jene Bedingungen gemachten Eröffnungen
in Erwägung ziehen zu wollen. — Es ergiebt ſich
alſo aus Allem — ſagte der Miniſter — daß die Un-
terhandlungen, in Folge der Sendung des Grafen
Orlow wichtige Fortſchritte gemacht haben, daß be-
deutende Hinderniſſe aus dem Wege geräumt worden,
und daß, wenn die Form des Vertrages Schwie-
rigkeiten darbot, die der König nicht beſeitigen
konnte, man ſich dennoch ſchmeicheln darf, daß jene
der gewünſchten endlichen Vereinbarung nicht mehr
im Wege ſtehen werden, da man ſich über die Mehr-
heit der Bedingungen verſtändigt hat, und die Mei-
nungsverſchiedenheit hinſichtlich des Uebrigen nicht
von der Art iſt, daß ſie den Unterhandlungen in
London hinderlich ſeyn könnte. — Unter den vom
Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten mitge-
theilten Actenſtücken befindet ſich die bekannte De-
claration des ruſſiſchen Bevollmächtigten, mittelſt
deren er die niederländiſche Regierung zur Mitun-
terzeichnung der 24 Artikel zu bewegen ſuchte; ſo-
dann die Protokolle in Betreff der Ratificationen,
nebſt dem 59ſten und 60ſten Protokolle. Jn dem
59ſten Protokolle erklären bekanntlich die Bevoll-
mächtigten die 24 Artikel für unveränderlich in Be-
treff der Trennung, der Unabhängigkeit und des
Grundgebietes von Belgien, und verpflichten ſich,
Se. Maj. den König der Niederlande und Se.
Maj. den König der Belgier zu einer definitiven
Uebereinkunft zu vermögen. Gegen dieſes Protokoll
haben jedoch die niederländiſchen Bevollmächtigten
in London, die HH. Falk und van Zuyleu van
Nyevelt, mittelſt Note vom 7 Mai proteſtirt, als
im Widerſpruche ſtehend mit dem Anhang A. des
Protokolls No. 12. Auch iſt von unſerer Seite ge-
gen die zwiſchen Oeſterreich, Großbrittannien, Preu-
ßen und Rußland unterm 14 Dec. v. J. abgeſchloſ-
ſene Uebereinkunft hinſichtlich der Schleifung der
belgiſchen Feſtungen proteſtirt worden.
Am 31 v. M. Morgens traf der neue franzöſiſche
Geſandte an unſerm Hofe, Marquis v. Dalmatien
(Sohn des Marſchalls Soult), hier ein. Bald
nach ſeiner Ankunft händigte er dem Miniſter der
auswärtigen Angelegenheiten ſein Beglaubigungs-
ſchreiben ein und am Tage darauf hatte er ſeine
feierliche Antrittsaudienz beim Könige.
Worms, den 30 Mai.
Vorgeſtern war unſre Stadt der Schauplatz unru-
higer Auftritte. Hatte ſchon die zeither herrſchende
Theurung den Nothſtand der wenig bemittelten Klaſ-
ſen geſteigert und hin und wieder große Unzufrieden-
heit erreget, ſo war doch dem zufälligen Zuſammen-
treffen mehrerer erheblicher Umſtände zuzuſchreiben,
daß grade am letzten Montage die Ruhe unſrer Stadt
unterbrochen und in der Mitte derſelben die Fahne
des Aufruhrs aufgepflanzt wurde. Das fünfpfündige
Laib Brod hatte bisher ſchon 22 Kr. gekoſtet und
war an dieſem Tage auf 24 Kr. erhöht worden.
An demſelben Tage kamen zugleich Züge von Be-
ſuchern des großen Hambacher Feſtes von ihrer Wall-
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