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Stats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 64, 22. April 1741.

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[Spaltenumbruch] nus Teller, S. Theol. Prof. Publ. Ord. & in Aede
Petrina Ecclesiastes, Respondente M. Christ. Got-
fried. Huhm., Catecheta ad D. Petri.
62. Seiten.
Der verdiente Hr. D. Teller hat einen Satz genommen,
der seiner Wissenschaften und Einsicht würdig ist.
Das Wort Sünde wird von vielen genennt, erklärt
und verboten, die es lange nicht nach seinen vielfachen
Umständen ansehen, wodurch es immer eine andere
Gestalt erhält. Man bleibt insgemein bey dem all-
gemeinen Ausdruck stehen, und betrachtet es selten
nach den verschiedenen Ursachen, Einfluß und Folgen,
welches doch billig geschehen müßte, wenn man die
Grösse und das Abscheuliche der Sünde bekannt ma-
chen und rührend einprägen wollte. Der würdige
Herr Verfasser gehet alle Stuffen der Erkänntniß
durch, die man von der Sünde haben soll, und setzt die-
se Lehre dadurch in ein deutliches Licht. Die völlige
Abhandlung von der Ungleichheit der Sünden wird
der Herr Verfasser in 6. Hauptstücken vortragen.
Jn dieser Dissertation sind zwo enthalten, und die
übrigen werden künftig folgen. Das erstere zeigt,
was die Wörter ihrer Natur nach bedeuten, und da
giebt der gepriesene Hr. Verfasser zuerst eine Beschrei-
bung von der Sünde; denn werden die Wörter: Pec-
cata, Vitia, Crimina
untersucht, wie sie ihrer Stärke
nach von einander unterschieden sind. Ferner kommen ei-
nige Stellen aus dem Bibelbuche des alten und neuen
Bundes, in welchen die verschiedene Grösse der Sün-
den enthalten ist; die Wörter: Inaequalitas, Diffe-
rentia, Dissimilitudo Gradus
werden erklärt, und
der Verstand gezeigt, in welchem Quantitas und Mag-
nitudo
bey den Sünden anzunehmen sind. Jn dem
andern erklärt der Herr Prof. den Hauptsatz dieser
Abhandlung, die Sünden, welche aus Bosheit und
Schwachheit geschehen, werden betrachtet, und die
Folgen aus ihrer Natur gezeigt. Die Sterblichkeit
hegt insgemein den Trieb, die Sünden sich als geringe
Fehltritte vorzustellen, und gesetzt, daß viele von der
Grösse der Laster überzeuget sind, so arbeiten doch die
vermischten Neigungen in dem Menschen, der Sünde
das zu rauben, wodurch sie abscheulich wird. Der
Herr Verfasser giebt vier Gründe an, woraus diese
ungeprüfte Schmeicheley entsteht. Es trägt sehr
viel dazu bey, wenn man einen dunklen Begriff von
dem unendlichen GOtt hat, aus dieser Unvollkom-
menheit fliessen der Mangel der auszuübenden Pflich-
ten und die thörigten Handlungen. Ferner prägt
sich bey den meisten das Vorurtheil ein: Sünden, die
von angesehenen Männern begangen werden, können
weder zu groß noch zu abscheulich seyn. Es sey zum
[Spaltenumbruch] Beyspiel das Laster des Vollsaufens. Viele von dem
gemeinen Haufen sehen, daß Männer, denen ihre Wür-
de Ehrfurcht zuwege bringt, sehr oft von einem Glase
Wein auf den Füssen schwach werden. Sie hören
überall von der Einsicht, Klugheit und grossen Kännt-
niß dieser Männer auf das vortheilhafteste sprechen.
Sehen sie dieselben in taumelnden Umständen, so
machen sie nach ihrer Schwäche im Urtheilen den
Schluß: Es müsse diese Ausschweifung schön seyn.
Wäre dieß nicht, es würden angesehene und kluge
Männer dieselbe gewiß vermeiden. Setzet man zu
dem Vorurtheil die Gewohnheit und die tadelüswür-
dige Eigenliebe, so kann leicht erklärt werden, woher
es komme, daß man grosse Sünden für kleine hält.

Bey dem Ausdruck, da man die Sünden in dieje-
nigen eintheilt, wodurch der Tod verwürket wird,
(peccata mortalia,) und in die, welche eine Entschul-
digung verdienen, (peccata venialia,) erinnert der
Herr Professor, daß man behutsam seyn müsse. Die
Lehrer der Römischen Kirche prangen hier mit ihren
eingebildeten Verdiensten. Zum Beyspiel sey Bel-
larmin, der erklärt peccatum veniale dadurch, weil
es der Vergebung würdig ist. Wir behalten zwar
diese Eintheilung auch noch in unserer Kirche bey;
aber es sey ferne, daß uns die Eigenliebe dabey zu ei-
ner solchen Thorheit verleiten sollte. Das peccatum
veniale
verdient allerdings die Strafe des allmäch-
tigen Richters; doch der würkende Glaube an die
Verdienste des Welt-Erlösers ist Ursache, daß die un-
endliche Barmherzigkeit dasselbe nicht ahndet. Der
ehrwürdige Herr Verfasser macht folgenden Schluß
wider die Erklärung des Bellarmin: Alles, warum
GOtt gebeten werden muß, erhalten wir von dem
unendlichen Wesen aus Gnaden. Jst dieser Satz
wahr, den kein vernünftiger Christ in Zweifel ziehen
kann, so hat die Sache keinen Bewegungsgrund in
sich, warum uns GOtt dieselbe zugestehen soll. Man
mache die Anwendung auf das peccatum veniale, so
wird man den Ungrund der Bellarminischen Erklä-
rung bemerken. Endlich zeigt der Herr Professor,
daß die Sünden nicht gleich wichtig sind. Man kann
sich die deutlichsten Begriffe davon machen, wenn man
dieselbe in ihrem ganzen Zusammenhange betrachtet,
und jeden Umstand dabey bemerkt. Sind diese bey
der Ausübung eines Lasters in grosser Menge, so
wird zugleich wider mehrere Vorschriften gehandelt,
daraus erhellet, daß einer für dem andern grössere
Sünden begehen kann; ja bey dieser genauen Unter-
suchung wird man niemals zwey gleichwichtige Sün-
den antreffen.

[Ende Spaltensatz]

[Spaltenumbruch] nus Teller, S. Theol. Prof. Publ. Ord. & in Aede
Petrina Eccleſiaſtes, Reſpondente M. Chriſt. Got-
fried. Huhm., Catecheta ad D. Petri.
62. Seiten.
Der verdiente Hr. D. Teller hat einen Satz genommen,
der ſeiner Wiſſenſchaften und Einſicht wuͤrdig iſt.
Das Wort Suͤnde wird von vielen genennt, erklaͤrt
und verboten, die es lange nicht nach ſeinen vielfachen
Umſtaͤnden anſehen, wodurch es immer eine andere
Geſtalt erhaͤlt. Man bleibt insgemein bey dem all-
gemeinen Ausdruck ſtehen, und betrachtet es ſelten
nach den verſchiedenen Urſachen, Einfluß und Folgen,
welches doch billig geſchehen muͤßte, wenn man die
Groͤſſe und das Abſcheuliche der Suͤnde bekannt ma-
chen und ruͤhrend einpraͤgen wollte. Der wuͤrdige
Herr Verfaſſer gehet alle Stuffen der Erkaͤnntniß
durch, die man von der Suͤnde haben ſoll, und ſetzt die-
ſe Lehre dadurch in ein deutliches Licht. Die voͤllige
Abhandlung von der Ungleichheit der Suͤnden wird
der Herr Verfaſſer in 6. Hauptſtuͤcken vortragen.
Jn dieſer Diſſertation ſind zwo enthalten, und die
uͤbrigen werden kuͤnftig folgen. Das erſtere zeigt,
was die Woͤrter ihrer Natur nach bedeuten, und da
giebt der geprieſene Hr. Verfaſſer zuerſt eine Beſchrei-
bung von der Suͤnde; denn werden die Woͤrter: Pec-
cata, Vitia, Crimina
unterſucht, wie ſie ihrer Staͤrke
nach von einander unterſchiedẽ ſind. Ferner kom̃en ei-
nige Stellen aus dem Bibelbuche des alten und neuen
Bundes, in welchen die verſchiedene Groͤſſe der Suͤn-
den enthalten iſt; die Woͤrter: Inæqualitas, Diffe-
rentia, Diſſimilitudo Gradus
werden erklaͤrt, und
der Verſtand gezeigt, in welchem Quantitas und Mag-
nitudo
bey den Suͤnden anzunehmen ſind. Jn dem
andern erklaͤrt der Herr Prof. den Hauptſatz dieſer
Abhandlung, die Suͤnden, welche aus Bosheit und
Schwachheit geſchehen, werden betrachtet, und die
Folgen aus ihrer Natur gezeigt. Die Sterblichkeit
hegt insgemein den Trieb, die Suͤnden ſich als geringe
Fehltritte vorzuſtellen, und geſetzt, daß viele von der
Groͤſſe der Laſter uͤberzeuget ſind, ſo arbeiten doch die
vermiſchten Neigungen in dem Menſchen, der Suͤnde
das zu rauben, wodurch ſie abſcheulich wird. Der
Herr Verfaſſer giebt vier Gruͤnde an, woraus dieſe
ungepruͤfte Schmeicheley entſteht. Es traͤgt ſehr
viel dazu bey, wenn man einen dunklen Begriff von
dem unendlichen GOtt hat, aus dieſer Unvollkom-
menheit flieſſen der Mangel der auszuuͤbenden Pflich-
ten und die thoͤrigten Handlungen. Ferner praͤgt
ſich bey den meiſten das Vorurtheil ein: Suͤnden, die
von angeſehenen Maͤnnern begangen werden, koͤnnen
weder zu groß noch zu abſcheulich ſeyn. Es ſey zum
[Spaltenumbruch] Beyſpiel das Laſter des Vollſaufens. Viele von dem
gemeinen Haufen ſehen, daß Maͤnner, denen ihre Wuͤr-
de Ehrfurcht zuwege bringt, ſehr oft von einem Glaſe
Wein auf den Fuͤſſen ſchwach werden. Sie hoͤren
uͤberall von der Einſicht, Klugheit und groſſen Kaͤnnt-
niß dieſer Maͤnner auf das vortheilhafteſte ſprechen.
Sehen ſie dieſelben in taumelnden Umſtaͤnden, ſo
machen ſie nach ihrer Schwaͤche im Urtheilen den
Schluß: Es muͤſſe dieſe Ausſchweifung ſchoͤn ſeyn.
Waͤre dieß nicht, es wuͤrden angeſehene und kluge
Maͤnner dieſelbe gewiß vermeiden. Setzet man zu
dem Vorurtheil die Gewohnheit und die tadeluͤswuͤr-
dige Eigenliebe, ſo kann leicht erklaͤrt werden, woher
es komme, daß man groſſe Suͤnden fuͤr kleine haͤlt.

Bey dem Ausdruck, da man die Suͤnden in dieje-
nigen eintheilt, wodurch der Tod verwuͤrket wird,
(peccata mortalia,) und in die, welche eine Entſchul-
digung verdienen, (peccata venialia,) erinnert der
Herr Profeſſor, daß man behutſam ſeyn muͤſſe. Die
Lehrer der Roͤmiſchen Kirche prangen hier mit ihren
eingebildeten Verdienſten. Zum Beyſpiel ſey Bel-
larmin, der erklaͤrt peccatum veniale dadurch, weil
es der Vergebung wuͤrdig iſt. Wir behalten zwar
dieſe Eintheilung auch noch in unſerer Kirche bey;
aber es ſey ferne, daß uns die Eigenliebe dabey zu ei-
ner ſolchen Thorheit verleiten ſollte. Das peccatum
veniale
verdient allerdings die Strafe des allmaͤch-
tigen Richters; doch der wuͤrkende Glaube an die
Verdienſte des Welt-Erloͤſers iſt Urſache, daß die un-
endliche Barmherzigkeit daſſelbe nicht ahndet. Der
ehrwuͤrdige Herr Verfaſſer macht folgenden Schluß
wider die Erklaͤrung des Bellarmin: Alles, warum
GOtt gebeten werden muß, erhalten wir von dem
unendlichen Weſen aus Gnaden. Jſt dieſer Satz
wahr, den kein vernuͤnftiger Chriſt in Zweifel ziehen
kann, ſo hat die Sache keinen Bewegungsgrund in
ſich, warum uns GOtt dieſelbe zugeſtehen ſoll. Man
mache die Anwendung auf das peccatum veniale, ſo
wird man den Ungrund der Bellarminiſchen Erklaͤ-
rung bemerken. Endlich zeigt der Herr Profeſſor,
daß die Suͤnden nicht gleich wichtig ſind. Man kann
ſich die deutlichſten Begriffe davon machen, weñ man
dieſelbe in ihrem ganzen Zuſammenhange betrachtet,
und jeden Umſtand dabey bemerkt. Sind dieſe bey
der Ausuͤbung eines Laſters in groſſer Menge, ſo
wird zugleich wider mehrere Vorſchriften gehandelt,
daraus erhellet, daß einer fuͤr dem andern groͤſſere
Suͤnden begehen kann; ja bey dieſer genauen Unter-
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den antreffen.

[Ende Spaltensatz]
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[[4]/0004] nus Teller, S. Theol. Prof. Publ. Ord. & in Aede Petrina Eccleſiaſtes, Reſpondente M. Chriſt. Got- fried. Huhm., Catecheta ad D. Petri. 62. Seiten. Der verdiente Hr. D. Teller hat einen Satz genommen, der ſeiner Wiſſenſchaften und Einſicht wuͤrdig iſt. Das Wort Suͤnde wird von vielen genennt, erklaͤrt und verboten, die es lange nicht nach ſeinen vielfachen Umſtaͤnden anſehen, wodurch es immer eine andere Geſtalt erhaͤlt. Man bleibt insgemein bey dem all- gemeinen Ausdruck ſtehen, und betrachtet es ſelten nach den verſchiedenen Urſachen, Einfluß und Folgen, welches doch billig geſchehen muͤßte, wenn man die Groͤſſe und das Abſcheuliche der Suͤnde bekannt ma- chen und ruͤhrend einpraͤgen wollte. Der wuͤrdige Herr Verfaſſer gehet alle Stuffen der Erkaͤnntniß durch, die man von der Suͤnde haben ſoll, und ſetzt die- ſe Lehre dadurch in ein deutliches Licht. Die voͤllige Abhandlung von der Ungleichheit der Suͤnden wird der Herr Verfaſſer in 6. Hauptſtuͤcken vortragen. Jn dieſer Diſſertation ſind zwo enthalten, und die uͤbrigen werden kuͤnftig folgen. Das erſtere zeigt, was die Woͤrter ihrer Natur nach bedeuten, und da giebt der geprieſene Hr. Verfaſſer zuerſt eine Beſchrei- bung von der Suͤnde; denn werden die Woͤrter: Pec- cata, Vitia, Crimina unterſucht, wie ſie ihrer Staͤrke nach von einander unterſchiedẽ ſind. Ferner kom̃en ei- nige Stellen aus dem Bibelbuche des alten und neuen Bundes, in welchen die verſchiedene Groͤſſe der Suͤn- den enthalten iſt; die Woͤrter: Inæqualitas, Diffe- rentia, Diſſimilitudo Gradus werden erklaͤrt, und der Verſtand gezeigt, in welchem Quantitas und Mag- nitudo bey den Suͤnden anzunehmen ſind. Jn dem andern erklaͤrt der Herr Prof. den Hauptſatz dieſer Abhandlung, die Suͤnden, welche aus Bosheit und Schwachheit geſchehen, werden betrachtet, und die Folgen aus ihrer Natur gezeigt. Die Sterblichkeit hegt insgemein den Trieb, die Suͤnden ſich als geringe Fehltritte vorzuſtellen, und geſetzt, daß viele von der Groͤſſe der Laſter uͤberzeuget ſind, ſo arbeiten doch die vermiſchten Neigungen in dem Menſchen, der Suͤnde das zu rauben, wodurch ſie abſcheulich wird. Der Herr Verfaſſer giebt vier Gruͤnde an, woraus dieſe ungepruͤfte Schmeicheley entſteht. Es traͤgt ſehr viel dazu bey, wenn man einen dunklen Begriff von dem unendlichen GOtt hat, aus dieſer Unvollkom- menheit flieſſen der Mangel der auszuuͤbenden Pflich- ten und die thoͤrigten Handlungen. Ferner praͤgt ſich bey den meiſten das Vorurtheil ein: Suͤnden, die von angeſehenen Maͤnnern begangen werden, koͤnnen weder zu groß noch zu abſcheulich ſeyn. Es ſey zum Beyſpiel das Laſter des Vollſaufens. Viele von dem gemeinen Haufen ſehen, daß Maͤnner, denen ihre Wuͤr- de Ehrfurcht zuwege bringt, ſehr oft von einem Glaſe Wein auf den Fuͤſſen ſchwach werden. Sie hoͤren uͤberall von der Einſicht, Klugheit und groſſen Kaͤnnt- niß dieſer Maͤnner auf das vortheilhafteſte ſprechen. Sehen ſie dieſelben in taumelnden Umſtaͤnden, ſo machen ſie nach ihrer Schwaͤche im Urtheilen den Schluß: Es muͤſſe dieſe Ausſchweifung ſchoͤn ſeyn. Waͤre dieß nicht, es wuͤrden angeſehene und kluge Maͤnner dieſelbe gewiß vermeiden. Setzet man zu dem Vorurtheil die Gewohnheit und die tadeluͤswuͤr- dige Eigenliebe, ſo kann leicht erklaͤrt werden, woher es komme, daß man groſſe Suͤnden fuͤr kleine haͤlt. Bey dem Ausdruck, da man die Suͤnden in dieje- nigen eintheilt, wodurch der Tod verwuͤrket wird, (peccata mortalia,) und in die, welche eine Entſchul- digung verdienen, (peccata venialia,) erinnert der Herr Profeſſor, daß man behutſam ſeyn muͤſſe. Die Lehrer der Roͤmiſchen Kirche prangen hier mit ihren eingebildeten Verdienſten. Zum Beyſpiel ſey Bel- larmin, der erklaͤrt peccatum veniale dadurch, weil es der Vergebung wuͤrdig iſt. Wir behalten zwar dieſe Eintheilung auch noch in unſerer Kirche bey; aber es ſey ferne, daß uns die Eigenliebe dabey zu ei- ner ſolchen Thorheit verleiten ſollte. Das peccatum veniale verdient allerdings die Strafe des allmaͤch- tigen Richters; doch der wuͤrkende Glaube an die Verdienſte des Welt-Erloͤſers iſt Urſache, daß die un- endliche Barmherzigkeit daſſelbe nicht ahndet. Der ehrwuͤrdige Herr Verfaſſer macht folgenden Schluß wider die Erklaͤrung des Bellarmin: Alles, warum GOtt gebeten werden muß, erhalten wir von dem unendlichen Weſen aus Gnaden. Jſt dieſer Satz wahr, den kein vernuͤnftiger Chriſt in Zweifel ziehen kann, ſo hat die Sache keinen Bewegungsgrund in ſich, warum uns GOtt dieſelbe zugeſtehen ſoll. Man mache die Anwendung auf das peccatum veniale, ſo wird man den Ungrund der Bellarminiſchen Erklaͤ- rung bemerken. Endlich zeigt der Herr Profeſſor, daß die Suͤnden nicht gleich wichtig ſind. Man kann ſich die deutlichſten Begriffe davon machen, weñ man dieſelbe in ihrem ganzen Zuſammenhange betrachtet, und jeden Umſtand dabey bemerkt. Sind dieſe bey der Ausuͤbung eines Laſters in groſſer Menge, ſo wird zugleich wider mehrere Vorſchriften gehandelt, daraus erhellet, daß einer fuͤr dem andern groͤſſere Suͤnden begehen kann; ja bey dieſer genauen Unter- ſuchung wird man niemals zwey gleichwichtige Suͤn- den antreffen.

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Zitationshilfe: Stats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 64, 22. April 1741, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_642204_1741/4>, abgerufen am 21.11.2024.