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Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

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schimmern, die freundlichen Augen des Mannes und
der Kinder hören zu leuchten auf, und es wird finster
allenthalben, aber im Herzen zündet er ein Licht an,
da wird's hell, und man sieht viel, sehr viel, was
man nicht sehen mag. Ich bin mir eben nichts
Böses bewußt, ich bin auf Gottes Wegen gegangen,
ich habe im Hause geschafft, was ich konnte, ich habe
Dich und Deinen Bruder in der Furcht des Herrn
aufgezogen und den sauren Schweiß Eures Vaters
zusammen gehalten, ich habe aber immer auch einen
Pfenning für die Armen zu erübrigen gewußt, und
wenn ich zuweilen Einen abwies, weil ich gerade
verdrießlich war, oder weil zu Viele kamen, so war
es kein Unglück für ihn, denn ich rief ihn gewiß wieder
um und gab ihm doppelt. Ach, was ist das Alles[.]
Man zittert doch vor der letzten Stunde, wenn sie
herein droht, man krümmt sich, wie ein Wurm, man
fleht zu Gott um's Leben, wie ein Diener den Herrn
anfleht, die schlecht gemachte Arbeit noch einmal ver-
richten zu dürfen, um am Lohntag nicht zu kurz zu
kommen.
ſchimmern, die freundlichen Augen des Mannes und
der Kinder hören zu leuchten auf, und es wird finſter
allenthalben, aber im Herzen zündet er ein Licht an,
da wird’s hell, und man ſieht viel, ſehr viel, was
man nicht ſehen mag. Ich bin mir eben nichts
Böſes bewußt, ich bin auf Gottes Wegen gegangen,
ich habe im Hauſe geſchafft, was ich konnte, ich habe
Dich und Deinen Bruder in der Furcht des Herrn
aufgezogen und den ſauren Schweiß Eures Vaters
zuſammen gehalten, ich habe aber immer auch einen
Pfenning für die Armen zu erübrigen gewußt, und
wenn ich zuweilen Einen abwies, weil ich gerade
verdrießlich war, oder weil zu Viele kamen, ſo war
es kein Unglück für ihn, denn ich rief ihn gewiß wieder
um und gab ihm doppelt. Ach, was iſt das Alles[.]
Man zittert doch vor der letzten Stunde, wenn ſie
herein droht, man krümmt ſich, wie ein Wurm, man
fleht zu Gott um’s Leben, wie ein Diener den Herrn
anfleht, die ſchlecht gemachte Arbeit noch einmal ver-
richten zu dürfen, um am Lohntag nicht zu kurz zu
kommen.
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[5/0073] ſchimmern, die freundlichen Augen des Mannes und der Kinder hören zu leuchten auf, und es wird finſter allenthalben, aber im Herzen zündet er ein Licht an, da wird’s hell, und man ſieht viel, ſehr viel, was man nicht ſehen mag. Ich bin mir eben nichts Böſes bewußt, ich bin auf Gottes Wegen gegangen, ich habe im Hauſe geſchafft, was ich konnte, ich habe Dich und Deinen Bruder in der Furcht des Herrn aufgezogen und den ſauren Schweiß Eures Vaters zuſammen gehalten, ich habe aber immer auch einen Pfenning für die Armen zu erübrigen gewußt, und wenn ich zuweilen Einen abwies, weil ich gerade verdrießlich war, oder weil zu Viele kamen, ſo war es kein Unglück für ihn, denn ich rief ihn gewiß wieder um und gab ihm doppelt. Ach, was iſt das Alles. Man zittert doch vor der letzten Stunde, wenn ſie herein droht, man krümmt ſich, wie ein Wurm, man fleht zu Gott um’s Leben, wie ein Diener den Herrn anfleht, die ſchlecht gemachte Arbeit noch einmal ver- richten zu dürfen, um am Lohntag nicht zu kurz zu kommen.

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Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/73>, abgerufen am 21.11.2024.