Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.
nicht bekomme, nun schon in die Kirche gehen muß, wenn mir nicht ein Bekannter aus der Verlegenheit hilft? (ab). Dritte Scene. Klara. Was soll das heißen? Mutter. Ach, er macht mir Herzeleid! Ja, ja, der Vater hat recht, das sind die Folgen! So allerliebst, wie er als kleiner Lockenkopf um das Stück Zucker bat, so trotzig fordert er jetzt den Gulden! Ob er den Gulden wirklich nicht fordern würde, wenn ich ihm das Stück Zucker abgeschlagen hätte? Das peinigt mich oft! Und ich glaube, er liebt mich nicht einmal. Hast Du ihn ein einziges Mal weinen sehen während meiner Krankheit? Klara. Ich sah ihn ja nur selten, fast nicht anders, als bei Tisch. Mehr Appetit hatte er, als ich! Mutter. (schnell) Das war natürlich, er mußte die schwere Arbeit verrichten!
nicht bekomme, nun ſchon in die Kirche gehen muß, wenn mir nicht ein Bekannter aus der Verlegenheit hilft? (ab). Dritte Scene. Klara. Was ſoll das heißen? Mutter. Ach, er macht mir Herzeleid! Ja, ja, der Vater hat recht, das ſind die Folgen! So allerliebſt, wie er als kleiner Lockenkopf um das Stück Zucker bat, ſo trotzig fordert er jetzt den Gulden! Ob er den Gulden wirklich nicht fordern würde, wenn ich ihm das Stück Zucker abgeſchlagen hätte? Das peinigt mich oft! Und ich glaube, er liebt mich nicht einmal. Haſt Du ihn ein einziges Mal weinen ſehen während meiner Krankheit? Klara. Ich ſah ihn ja nur ſelten, faſt nicht anders, als bei Tiſch. Mehr Appetit hatte er, als ich! Mutter. (ſchnell) Das war natürlich, er mußte die ſchwere Arbeit verrichten! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#KAR"> <p><pb facs="#f0077" n="9"/> nicht bekomme, nun ſchon in die Kirche gehen muß,<lb/> wenn mir nicht ein Bekannter aus der Verlegenheit<lb/> hilft?</p> <stage>(ab).</stage> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dritte Scene.</hi> </head><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Was ſoll das heißen?</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Ach, er macht mir Herzeleid! Ja, ja, der Vater<lb/> hat recht, das ſind die Folgen! So allerliebſt, wie<lb/> er als kleiner Lockenkopf um das Stück Zucker bat,<lb/> ſo trotzig fordert er jetzt den Gulden! Ob er den<lb/> Gulden wirklich nicht fordern würde, wenn ich ihm<lb/> das Stück Zucker abgeſchlagen hätte? Das peinigt<lb/> mich oft! Und ich glaube, er liebt mich nicht einmal.<lb/> Haſt Du ihn ein einziges Mal weinen ſehen während<lb/> meiner Krankheit?</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich ſah ihn ja nur ſelten, faſt nicht anders, als<lb/> bei Tiſch. Mehr Appetit hatte er, als ich!</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <stage>(ſchnell)</stage> <p>Das war natürlich, er mußte die ſchwere<lb/> Arbeit verrichten!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0077]
nicht bekomme, nun ſchon in die Kirche gehen muß,
wenn mir nicht ein Bekannter aus der Verlegenheit
hilft? (ab).
Dritte Scene.
Klara.
Was ſoll das heißen?
Mutter.
Ach, er macht mir Herzeleid! Ja, ja, der Vater
hat recht, das ſind die Folgen! So allerliebſt, wie
er als kleiner Lockenkopf um das Stück Zucker bat,
ſo trotzig fordert er jetzt den Gulden! Ob er den
Gulden wirklich nicht fordern würde, wenn ich ihm
das Stück Zucker abgeſchlagen hätte? Das peinigt
mich oft! Und ich glaube, er liebt mich nicht einmal.
Haſt Du ihn ein einziges Mal weinen ſehen während
meiner Krankheit?
Klara.
Ich ſah ihn ja nur ſelten, faſt nicht anders, als
bei Tiſch. Mehr Appetit hatte er, als ich!
Mutter.
(ſchnell) Das war natürlich, er mußte die ſchwere
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Zitationshilfe: | Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/77>, abgerufen am 16.02.2025. |