Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844. Klara. Kein Wort. Leonhard. Um so leichter glückte mein Plan. Mit drei Gläsern war's gethan. Ein Paar Kameraden von mir mußten ihm auf den Leib rücken. "Darf man gra- tuliren?" Noch nicht! "O, das ist ja abgemacht! Dein Onkel --" Und nun: trink', mein Brüderlein, trink! Als ich heute Morgen zu Dir ging, stand er am Fluß, und kukte, über's Brückengeländer sich leh- nend, schwermüthig hinein. Ich grüßte ihn spöttisch und fragte, ob ihm etwas in's Wasser gefallen sey. "Ja wohl -- sagte er, ohne aufzusehen -- und es ist vielleicht gut, wenn ich selbst nachspringe." Klara. Unwürdiger! Mir aus den Augen! Leonhard. Ja? (macht, als wollt' er gehen.) Klara. O mein Gott, an diesen Menschen bin ich ge- kettet! Klara. Kein Wort. Leonhard. Um ſo leichter glückte mein Plan. Mit drei Gläſern war’s gethan. Ein Paar Kameraden von mir mußten ihm auf den Leib rücken. „Darf man gra- tuliren?“ Noch nicht! „O, das iſt ja abgemacht! Dein Onkel —“ Und nun: trink’, mein Brüderlein, trink! Als ich heute Morgen zu Dir ging, ſtand er am Fluß, und kukte, über’s Brückengeländer ſich leh- nend, ſchwermüthig hinein. Ich grüßte ihn ſpöttiſch und fragte, ob ihm etwas in’s Waſſer gefallen ſey. „Ja wohl — ſagte er, ohne aufzuſehen — und es iſt vielleicht gut, wenn ich ſelbſt nachſpringe.“ Klara. Unwürdiger! Mir aus den Augen! Leonhard. Ja? (macht, als wollt’ er gehen.) Klara. O mein Gott, an dieſen Menſchen bin ich ge- kettet! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0093" n="25"/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Kein Wort.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Um ſo leichter glückte mein Plan. Mit drei<lb/> Gläſern war’s gethan. Ein Paar Kameraden von mir<lb/> mußten ihm auf den Leib rücken. „Darf man gra-<lb/> tuliren?“ Noch nicht! „O, das iſt ja abgemacht!<lb/> Dein Onkel —“ Und nun: trink’, mein Brüderlein,<lb/> trink! Als ich heute Morgen zu Dir ging, ſtand er<lb/> am Fluß, und kukte, über’s Brückengeländer ſich leh-<lb/> nend, ſchwermüthig hinein. Ich grüßte ihn ſpöttiſch<lb/> und fragte, ob ihm etwas in’s Waſſer gefallen ſey.<lb/> „Ja wohl — ſagte er, ohne aufzuſehen — und es<lb/> iſt vielleicht gut, wenn ich ſelbſt nachſpringe.“</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Unwürdiger! Mir aus den Augen!</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja?</p> <stage>(macht, als wollt’ er gehen.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>O mein Gott, an dieſen Menſchen bin ich ge-<lb/> kettet!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0093]
Klara.
Kein Wort.
Leonhard.
Um ſo leichter glückte mein Plan. Mit drei
Gläſern war’s gethan. Ein Paar Kameraden von mir
mußten ihm auf den Leib rücken. „Darf man gra-
tuliren?“ Noch nicht! „O, das iſt ja abgemacht!
Dein Onkel —“ Und nun: trink’, mein Brüderlein,
trink! Als ich heute Morgen zu Dir ging, ſtand er
am Fluß, und kukte, über’s Brückengeländer ſich leh-
nend, ſchwermüthig hinein. Ich grüßte ihn ſpöttiſch
und fragte, ob ihm etwas in’s Waſſer gefallen ſey.
„Ja wohl — ſagte er, ohne aufzuſehen — und es
iſt vielleicht gut, wenn ich ſelbſt nachſpringe.“
Klara.
Unwürdiger! Mir aus den Augen!
Leonhard.
Ja? (macht, als wollt’ er gehen.)
Klara.
O mein Gott, an dieſen Menſchen bin ich ge-
kettet!
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