Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844. Leonhard. Sey kein Kind! Und nun noch ein Wort im Ver- trauen. Hat Dein Vater die tausend Thaler noch immer in der Apotheke stehen? Klara. Ich weiß Nichts davon. Leonhard. Nichts über einen so wichtigen Punct? Klara. Da kommt mein Vater. Leonhard. Versteh' mich! Der Apotheker soll nah am Con- curs seyn, darum fragt' ich! Klara. Ich muß in die Küche! (ab) Leonhard. (allein) Nun müßte hier Nichts zu holen seyn! Ich kann es mir zwar nicht denken, denn der Meister Anton ist der Art, daß er, wenn man ihm aus Versehen auch nur einen Buchstaben zu viel auf den Grabstein setzte, gewiß als Geist so lange umginge, bis er wie- der ausgekratzt wäre, denn er würde es für unredlich Leonhard. Sey kein Kind! Und nun noch ein Wort im Ver- trauen. Hat Dein Vater die tauſend Thaler noch immer in der Apotheke ſtehen? Klara. Ich weiß Nichts davon. Leonhard. Nichts über einen ſo wichtigen Punct? Klara. Da kommt mein Vater. Leonhard. Verſteh’ mich! Der Apotheker ſoll nah am Con- curs ſeyn, darum fragt’ ich! Klara. Ich muß in die Küche! (ab) Leonhard. (allein) Nun müßte hier Nichts zu holen ſeyn! Ich kann es mir zwar nicht denken, denn der Meiſter Anton iſt der Art, daß er, wenn man ihm aus Verſehen auch nur einen Buchſtaben zu viel auf den Grabſtein ſetzte, gewiß als Geiſt ſo lange umginge, bis er wie- der ausgekratzt wäre, denn er würde es für unredlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" n="26"/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Sey kein Kind! Und nun noch ein Wort im Ver-<lb/> trauen. Hat Dein Vater die tauſend Thaler noch<lb/> immer in der Apotheke ſtehen?</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich weiß Nichts davon.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Nichts über einen ſo wichtigen Punct?</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Da kommt mein Vater.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Verſteh’ mich! Der Apotheker ſoll nah am Con-<lb/> curs ſeyn, darum fragt’ ich!</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich muß in die Küche!</p> <stage>(ab)</stage> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <stage>(allein)</stage> <p>Nun müßte hier Nichts zu holen ſeyn!<lb/> Ich kann es mir zwar nicht denken, denn der Meiſter<lb/> Anton iſt der Art, daß er, wenn man ihm aus Verſehen<lb/> auch nur einen Buchſtaben zu viel auf den Grabſtein<lb/> ſetzte, gewiß als Geiſt ſo lange umginge, bis er wie-<lb/> der ausgekratzt wäre, denn er würde es für unredlich<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0094]
Leonhard.
Sey kein Kind! Und nun noch ein Wort im Ver-
trauen. Hat Dein Vater die tauſend Thaler noch
immer in der Apotheke ſtehen?
Klara.
Ich weiß Nichts davon.
Leonhard.
Nichts über einen ſo wichtigen Punct?
Klara.
Da kommt mein Vater.
Leonhard.
Verſteh’ mich! Der Apotheker ſoll nah am Con-
curs ſeyn, darum fragt’ ich!
Klara.
Ich muß in die Küche! (ab)
Leonhard.
(allein) Nun müßte hier Nichts zu holen ſeyn!
Ich kann es mir zwar nicht denken, denn der Meiſter
Anton iſt der Art, daß er, wenn man ihm aus Verſehen
auch nur einen Buchſtaben zu viel auf den Grabſtein
ſetzte, gewiß als Geiſt ſo lange umginge, bis er wie-
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Zitationshilfe: | Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/94>, abgerufen am 28.07.2024. |