Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.
halten, sich mehr vom Alphabet anzueignen, als ihm zukäme! Fünfte Scene. Der Vater, Meister Anton (tritt ein). Guten Morgen, Herr Cassirer! (er nimmt seinen Hut ab und setzt eine wollene Mütze auf) Ist's einem alten Manne erlaubt, sein Haupt zu bedecken? Leonhard. Er weiß also -- Meister Anton. Schon gestern Abend. Ich hörte, als ich in der Dämmerung zum todten Müller ging, um dem Mann das Maaß zur letzten Behausung zu nehmen, ein Paar von Seinen guten Freunden auf Ihn schimpfen. Da dachte ich gleich: der Leonhard hat gewiß den Hals nicht gebrochen. Im Sterbehause hörte ich das Nähere vom Küster, der eben vor mir gekommen war, um die Wittwe zu trösten und nebenbei sich selbst zu betrinken. Leonhard. Und Klara mußte es erst von mir erfahren?
halten, ſich mehr vom Alphabet anzueignen, als ihm zukäme! Fünfte Scene. Der Vater, Meiſter Anton (tritt ein). Guten Morgen, Herr Caſſirer! (er nimmt ſeinen Hut ab und ſetzt eine wollene Mütze auf) Iſt’s einem alten Manne erlaubt, ſein Haupt zu bedecken? Leonhard. Er weiß alſo — Meiſter Anton. Schon geſtern Abend. Ich hörte, als ich in der Dämmerung zum todten Müller ging, um dem Mann das Maaß zur letzten Behauſung zu nehmen, ein Paar von Seinen guten Freunden auf Ihn ſchimpfen. Da dachte ich gleich: der Leonhard hat gewiß den Hals nicht gebrochen. Im Sterbehauſe hörte ich das Nähere vom Küſter, der eben vor mir gekommen war, um die Wittwe zu tröſten und nebenbei ſich ſelbſt zu betrinken. Leonhard. Und Klara mußte es erſt von mir erfahren? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LEO"> <p><pb facs="#f0095" n="27"/> halten, ſich mehr vom Alphabet anzueignen, als ihm<lb/> zukäme!</p> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Fünfte Scene.</hi> </head><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker> <hi rendition="#g">Der Vater, Meiſter Anton</hi> </speaker> <stage>(tritt ein).</stage><lb/> <p>Guten Morgen, Herr Caſſirer!</p> <stage>(er nimmt ſeinen Hut<lb/> ab und ſetzt eine wollene Mütze auf)</stage> <p>Iſt’s einem alten Manne<lb/> erlaubt, ſein Haupt zu bedecken?</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Er weiß alſo —</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Schon geſtern Abend. Ich hörte, als ich in der<lb/> Dämmerung zum todten Müller ging, um dem Mann<lb/> das Maaß zur letzten Behauſung zu nehmen, ein<lb/> Paar von Seinen guten Freunden auf Ihn ſchimpfen.<lb/> Da dachte ich gleich: der Leonhard hat gewiß den<lb/> Hals nicht gebrochen. Im Sterbehauſe hörte ich das<lb/> Nähere vom Küſter, der eben vor mir gekommen war,<lb/> um die Wittwe zu tröſten und nebenbei ſich ſelbſt zu<lb/> betrinken.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Und Klara mußte es erſt von mir erfahren?</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0095]
halten, ſich mehr vom Alphabet anzueignen, als ihm
zukäme!
Fünfte Scene.
Der Vater, Meiſter Anton (tritt ein).
Guten Morgen, Herr Caſſirer! (er nimmt ſeinen Hut
ab und ſetzt eine wollene Mütze auf) Iſt’s einem alten Manne
erlaubt, ſein Haupt zu bedecken?
Leonhard.
Er weiß alſo —
Meiſter Anton.
Schon geſtern Abend. Ich hörte, als ich in der
Dämmerung zum todten Müller ging, um dem Mann
das Maaß zur letzten Behauſung zu nehmen, ein
Paar von Seinen guten Freunden auf Ihn ſchimpfen.
Da dachte ich gleich: der Leonhard hat gewiß den
Hals nicht gebrochen. Im Sterbehauſe hörte ich das
Nähere vom Küſter, der eben vor mir gekommen war,
um die Wittwe zu tröſten und nebenbei ſich ſelbſt zu
betrinken.
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Zitationshilfe: | Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/95>, abgerufen am 16.02.2025. |