Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

erhascht der Raubfisch seine Beute, und zieht sie wieder in das Wasser hinab. Oft entgeht sie durch Geschwindigkeit oder Glück. Manchmal ist noch ein ganz anderer Spaß zu sehen. Denn gewisse Vögel fliegen über dem Wasser her und hin, und stellen den Fischen nach, können ihnen aber nichts anhaben, so lang diese daheim im Wasser bleiben, wohin sie gehören. Wenn aber ein solcher Luftkrieg zwischen ihnen angeht, so wird bald der Fliehende, bald der Feind, bald beyde von dem Vogel, der das Fliegen besser versteht, erhascht, und kommen ihr Lebenlang nimmer ins Wasser. Und dazu lachen die Schiffer.

Merke: Solcher Spaß, bey dem man aber oft lieber weinen als lachen möchte, ist manchmal auch mitten auf dem trockenen Lande zu sehen, wenn zwey Brüder oder Verwandte oder Bundesgenossen Prozeß und Streit miteinander führen, und kommt ein Dritter dazu, und beraubt beyde des Vortheils, den jeder von ihnen allein haben wollte und keiner dem andern gönnte. Merke: Wann die Fische im Meer Händel haben, ists lauter Freude für die losen Vögel in der Luft.


Schlechter Gewinn.

Ein junger Kerl that vor einem Juden gewaltig groß, was er für einen sichern Hieb in der Hand führe, und wie er eine Stecknadel der Länge nach spalten könne mit Einem Zug. Ja gewiß, Mauschel Abraham, sagte er, es soll einen Siebzehner gelten, ich haue dir in freyer Luft das Schwarze vom Nagel weg auf ein Haar und ohne Blut." Die Wette galt, denn

erhascht der Raubfisch seine Beute, und zieht sie wieder in das Wasser hinab. Oft entgeht sie durch Geschwindigkeit oder Glück. Manchmal ist noch ein ganz anderer Spaß zu sehen. Denn gewisse Vögel fliegen über dem Wasser her und hin, und stellen den Fischen nach, können ihnen aber nichts anhaben, so lang diese daheim im Wasser bleiben, wohin sie gehören. Wenn aber ein solcher Luftkrieg zwischen ihnen angeht, so wird bald der Fliehende, bald der Feind, bald beyde von dem Vogel, der das Fliegen besser versteht, erhascht, und kommen ihr Lebenlang nimmer ins Wasser. Und dazu lachen die Schiffer.

Merke: Solcher Spaß, bey dem man aber oft lieber weinen als lachen möchte, ist manchmal auch mitten auf dem trockenen Lande zu sehen, wenn zwey Brüder oder Verwandte oder Bundesgenossen Prozeß und Streit miteinander führen, und kommt ein Dritter dazu, und beraubt beyde des Vortheils, den jeder von ihnen allein haben wollte und keiner dem andern gönnte. Merke: Wann die Fische im Meer Händel haben, ists lauter Freude für die losen Vögel in der Luft.


Schlechter Gewinn.

Ein junger Kerl that vor einem Juden gewaltig groß, was er für einen sichern Hieb in der Hand führe, und wie er eine Stecknadel der Länge nach spalten könne mit Einem Zug. Ja gewiß, Mauschel Abraham, sagte er, es soll einen Siebzehner gelten, ich haue dir in freyer Luft das Schwarze vom Nagel weg auf ein Haar und ohne Blut.“ Die Wette galt, denn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0120" n="112"/>
erhascht der Raubfisch seine Beute, und zieht sie wieder in das Wasser hinab. Oft entgeht sie durch Geschwindigkeit oder Glück. Manchmal ist noch ein ganz anderer Spaß zu sehen. Denn gewisse Vögel fliegen über dem Wasser her und hin, und stellen den Fischen nach, können ihnen aber nichts anhaben, so lang diese daheim im Wasser bleiben, wohin sie gehören. Wenn aber ein solcher Luftkrieg zwischen ihnen angeht, so wird bald der Fliehende, bald der Feind, bald beyde von dem Vogel, der das Fliegen besser versteht, erhascht, und kommen ihr Lebenlang nimmer ins Wasser. Und dazu lachen die Schiffer.</p>
        <p>Merke: Solcher Spaß, bey dem man aber oft lieber weinen als lachen möchte, ist manchmal auch mitten auf dem trockenen Lande zu sehen, wenn zwey Brüder oder Verwandte oder Bundesgenossen Prozeß und Streit miteinander führen, und kommt ein Dritter dazu, und beraubt beyde des Vortheils, den jeder von ihnen allein haben wollte und keiner dem andern gönnte. Merke: Wann die Fische im Meer Händel haben, ists lauter Freude für die losen Vögel in der Luft.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schlechter Gewinn.</head><lb/>
        <p>Ein junger Kerl that vor einem Juden gewaltig groß, was er für einen sichern Hieb in der Hand führe, und wie er eine Stecknadel der Länge nach spalten könne mit Einem Zug. Ja gewiß, Mauschel Abraham, sagte er, es soll einen Siebzehner gelten, ich haue dir in freyer Luft das Schwarze vom Nagel weg auf ein Haar und ohne Blut.&#x201C; Die Wette galt, denn
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0120] erhascht der Raubfisch seine Beute, und zieht sie wieder in das Wasser hinab. Oft entgeht sie durch Geschwindigkeit oder Glück. Manchmal ist noch ein ganz anderer Spaß zu sehen. Denn gewisse Vögel fliegen über dem Wasser her und hin, und stellen den Fischen nach, können ihnen aber nichts anhaben, so lang diese daheim im Wasser bleiben, wohin sie gehören. Wenn aber ein solcher Luftkrieg zwischen ihnen angeht, so wird bald der Fliehende, bald der Feind, bald beyde von dem Vogel, der das Fliegen besser versteht, erhascht, und kommen ihr Lebenlang nimmer ins Wasser. Und dazu lachen die Schiffer. Merke: Solcher Spaß, bey dem man aber oft lieber weinen als lachen möchte, ist manchmal auch mitten auf dem trockenen Lande zu sehen, wenn zwey Brüder oder Verwandte oder Bundesgenossen Prozeß und Streit miteinander führen, und kommt ein Dritter dazu, und beraubt beyde des Vortheils, den jeder von ihnen allein haben wollte und keiner dem andern gönnte. Merke: Wann die Fische im Meer Händel haben, ists lauter Freude für die losen Vögel in der Luft. Schlechter Gewinn. Ein junger Kerl that vor einem Juden gewaltig groß, was er für einen sichern Hieb in der Hand führe, und wie er eine Stecknadel der Länge nach spalten könne mit Einem Zug. Ja gewiß, Mauschel Abraham, sagte er, es soll einen Siebzehner gelten, ich haue dir in freyer Luft das Schwarze vom Nagel weg auf ein Haar und ohne Blut.“ Die Wette galt, denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/120
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/120>, abgerufen am 24.11.2024.