Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

der Jude hielt so etwas nicht für möglich, und das Geld wurde ausgesetzt auf den Tisch. Der junge Kerl zog sein Messer und hieb, und verlor's, denn er hieb dem armen Juden in der Ungeschicklichkeit das Schwarze vom Nagel und das Weiße vom Nagel und das vordere Gelenk mit einem Zug rein von dem Finger weg. Da that der Jude einen lauten Schrey, nahm das Geld, und sagte: Au weih, ich habs gewonnen!

An diesen Juden soll jeder denken, wenn er versucht wird, mehr auf einen Gewinn zu wagen, als derselbe werth ist.

Wie mancher Prozeßkrämer hat auch schon so sagen können! Ein General meldete einmal seinem Monarch den Sieg mit folgenden Worten: "Wenn ich noch einmal so siege, so komme ich allein heim." Das heißt mit andern Worten auch: O weih, ich habs gewonnen!


Der wohlbezahlte Spaßvogel.

Wie man in den Wald schreyt, so schreyt es wieder heraus. Ein Spaßvogel wollte in den neunziger Jahren einen Juden in Frankfurt zum Besten haben. Er sprach also zu ihm: "Weißt du auch, Mauschel, daß in Zukunft die Juden in ganz Frankreich auf Eseln reiten müßen?" Dem hat der Jude also geantwortet: "Wenn das ist, artiger Herr, so wollen wir zwey auf dem deutschen Boden bleiben, wenn schon Ihr kein Jude seyd."

der Jude hielt so etwas nicht für möglich, und das Geld wurde ausgesetzt auf den Tisch. Der junge Kerl zog sein Messer und hieb, und verlor’s, denn er hieb dem armen Juden in der Ungeschicklichkeit das Schwarze vom Nagel und das Weiße vom Nagel und das vordere Gelenk mit einem Zug rein von dem Finger weg. Da that der Jude einen lauten Schrey, nahm das Geld, und sagte: Au weih, ich habs gewonnen!

An diesen Juden soll jeder denken, wenn er versucht wird, mehr auf einen Gewinn zu wagen, als derselbe werth ist.

Wie mancher Prozeßkrämer hat auch schon so sagen können! Ein General meldete einmal seinem Monarch den Sieg mit folgenden Worten: „Wenn ich noch einmal so siege, so komme ich allein heim.“ Das heißt mit andern Worten auch: O weih, ich habs gewonnen!


Der wohlbezahlte Spaßvogel.

Wie man in den Wald schreyt, so schreyt es wieder heraus. Ein Spaßvogel wollte in den neunziger Jahren einen Juden in Frankfurt zum Besten haben. Er sprach also zu ihm: „Weißt du auch, Mauschel, daß in Zukunft die Juden in ganz Frankreich auf Eseln reiten müßen?“ Dem hat der Jude also geantwortet: „Wenn das ist, artiger Herr, so wollen wir zwey auf dem deutschen Boden bleiben, wenn schon Ihr kein Jude seyd.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="113"/>
der Jude hielt so etwas nicht für möglich, und das Geld wurde ausgesetzt auf den Tisch. Der junge Kerl zog sein Messer und hieb, und verlor&#x2019;s, denn er hieb dem armen Juden in der Ungeschicklichkeit das Schwarze vom Nagel und das Weiße vom Nagel und das vordere Gelenk mit einem Zug rein von dem Finger weg. Da that der Jude einen lauten Schrey, nahm das Geld, und sagte: <hi rendition="#g">Au weih, ich habs gewonnen!</hi></p>
        <p>An diesen Juden soll jeder denken, wenn er versucht wird, mehr auf einen Gewinn zu wagen, als derselbe werth ist.</p>
        <p>Wie mancher Prozeßkrämer hat auch schon so sagen können! Ein General meldete einmal seinem Monarch den Sieg mit folgenden Worten: &#x201E;Wenn ich noch einmal so siege, so komme ich <hi rendition="#g">allein</hi> heim.&#x201C; Das heißt mit andern Worten auch: O weih, ich habs gewonnen!</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Der wohlbezahlte Spaßvogel.</head><lb/>
        <p>Wie man in den Wald schreyt, so schreyt es wieder heraus. Ein Spaßvogel wollte in den neunziger Jahren einen Juden in Frankfurt zum Besten haben. Er sprach also zu ihm: &#x201E;Weißt du auch, Mauschel, daß in Zukunft die Juden in ganz Frankreich auf Eseln reiten müßen?&#x201C; Dem hat der Jude also geantwortet: &#x201E;Wenn das ist, artiger Herr, so wollen wir zwey auf dem deutschen Boden bleiben, wenn schon Ihr kein Jude seyd.&#x201C;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0121] der Jude hielt so etwas nicht für möglich, und das Geld wurde ausgesetzt auf den Tisch. Der junge Kerl zog sein Messer und hieb, und verlor’s, denn er hieb dem armen Juden in der Ungeschicklichkeit das Schwarze vom Nagel und das Weiße vom Nagel und das vordere Gelenk mit einem Zug rein von dem Finger weg. Da that der Jude einen lauten Schrey, nahm das Geld, und sagte: Au weih, ich habs gewonnen! An diesen Juden soll jeder denken, wenn er versucht wird, mehr auf einen Gewinn zu wagen, als derselbe werth ist. Wie mancher Prozeßkrämer hat auch schon so sagen können! Ein General meldete einmal seinem Monarch den Sieg mit folgenden Worten: „Wenn ich noch einmal so siege, so komme ich allein heim.“ Das heißt mit andern Worten auch: O weih, ich habs gewonnen! Der wohlbezahlte Spaßvogel. Wie man in den Wald schreyt, so schreyt es wieder heraus. Ein Spaßvogel wollte in den neunziger Jahren einen Juden in Frankfurt zum Besten haben. Er sprach also zu ihm: „Weißt du auch, Mauschel, daß in Zukunft die Juden in ganz Frankreich auf Eseln reiten müßen?“ Dem hat der Jude also geantwortet: „Wenn das ist, artiger Herr, so wollen wir zwey auf dem deutschen Boden bleiben, wenn schon Ihr kein Jude seyd.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/121
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/121>, abgerufen am 21.11.2024.