collegien vorliegen, und ein hinreichend begründetes Urtheil über diese Methode erst dann gewonnen werden kann, wenn diese mit Schülern der Quinta bis zur Prima durchgeführt sein wird, so stimmen doch jene Berichte in wesentlichen Punkten so auffallend überein, daß ich mich veranlaßt sehe, die vorliegenden Resultate zur Kenntniß sämmt- licher Königl. Provinzial-Schulcollegien zu bringen, und auf den Grund derselben für die Fortsetzung oder Einführung der Memorir-Uebungen einige allgemeine Bestimmungen zu treffen.
Ist auch der Grundgedanke der Ruthardtschen Methode nicht neu, so gebührt dem Ruthardt doch das Verdienst, die den Gedächt- niß-Uebungen auch bei dem Unterricht der alten Sprachen zu widmende Aufmerksamkeit von Neuem aufs lebhafteste angeregt, und das Nach- denken der Schulmänner auf eine zweck- und planmäßige Einrichtung derselben hingelenkt zu haben.
Ueberall, wo die Sache von den Lehrern mit Eifer und Liebe aufgefaßt worden, hat sich bei den Schülern auch lebhafte Theilnahme und eine große Vorliebe für diese Uebungen gezeigt; die Lebendigkeit und Selbstthätigkeit derselben ist in hohem Grade angeregt, ihre gram- matische und stylistische Bildung ebensowohl, als geläufiges Verständniß der Klassiker gefördert worden. Dieser Gewinn ist so bedeutend, und wenn bei den Memorir-Uebungen das rechte Maß gefunden und an- gewandt wird, mit so geringem Zeit- und Kraftaufwande zu erreichen, daß sich fast alle Gymnasial-Directoren für ein methodisch geordnetes Memoriren, wenn auch nur sehr wenige unbedingt für die Ruthardt- schen Vorschläge ausgesprochen, mehrere vielmehr die denselben eigen- thümlichen Punkte in ihrer Anwendung besonders in zahlreichen Klassen als erfolglos, und die meisten seiner loci memoriales als nicht brauchbar bezeichnet haben.
Wenn nun der Unterricht in den alten Sprachen in der auf Ein- übung der Grammatik, auf Lectüre und Stylübungen ruhenden Lehr- weise auch künftig, wie bisher, ohne Schmälerung gegründet bleiben soll, so sind doch von jetzt an mit demselben und zwar zunächst bei dem lateinischen Unterrichte regelmäßige, methodisch geordnete Memorir- Uebungen in einer bestimmten, wöchentlich wiederkehrenden Zeit zu verbinden, und die erlernten Sätze oder größeren Abschnitte mit Be- achtung der Grundgedanken der Ruthardtschen Vorschläge unter den verschiedensten Gesichtspunkten zu wiederholen und alle Uebungen
collegien vorliegen, und ein hinreichend begründetes Urtheil über dieſe Methode erſt dann gewonnen werden kann, wenn dieſe mit Schülern der Quinta bis zur Prima durchgeführt ſein wird, ſo ſtimmen doch jene Berichte in weſentlichen Punkten ſo auffallend überein, daß ich mich veranlaßt ſehe, die vorliegenden Reſultate zur Kenntniß ſämmt- licher Königl. Provinzial-Schulcollegien zu bringen, und auf den Grund derſelben für die Fortſetzung oder Einführung der Memorir-Uebungen einige allgemeine Beſtimmungen zu treffen.
Iſt auch der Grundgedanke der Ruthardtſchen Methode nicht neu, ſo gebührt dem Ruthardt doch das Verdienſt, die den Gedächt- niß-Uebungen auch bei dem Unterricht der alten Sprachen zu widmende Aufmerkſamkeit von Neuem aufs lebhafteſte angeregt, und das Nach- denken der Schulmänner auf eine zweck- und planmäßige Einrichtung derſelben hingelenkt zu haben.
Ueberall, wo die Sache von den Lehrern mit Eifer und Liebe aufgefaßt worden, hat ſich bei den Schülern auch lebhafte Theilnahme und eine große Vorliebe für dieſe Uebungen gezeigt; die Lebendigkeit und Selbſtthätigkeit derſelben iſt in hohem Grade angeregt, ihre gram- matiſche und ſtyliſtiſche Bildung ebenſowohl, als geläufiges Verſtändniß der Klaſſiker gefördert worden. Dieſer Gewinn iſt ſo bedeutend, und wenn bei den Memorir-Uebungen das rechte Maß gefunden und an- gewandt wird, mit ſo geringem Zeit- und Kraftaufwande zu erreichen, daß ſich faſt alle Gymnaſial-Directoren für ein methodiſch geordnetes Memoriren, wenn auch nur ſehr wenige unbedingt für die Ruthardt- ſchen Vorſchläge ausgeſprochen, mehrere vielmehr die denſelben eigen- thümlichen Punkte in ihrer Anwendung beſonders in zahlreichen Klaſſen als erfolglos, und die meiſten ſeiner loci memoriales als nicht brauchbar bezeichnet haben.
Wenn nun der Unterricht in den alten Sprachen in der auf Ein- übung der Grammatik, auf Lectüre und Stylübungen ruhenden Lehr- weiſe auch künftig, wie bisher, ohne Schmälerung gegründet bleiben ſoll, ſo ſind doch von jetzt an mit demſelben und zwar zunächſt bei dem lateiniſchen Unterrichte regelmäßige, methodiſch geordnete Memorir- Uebungen in einer beſtimmten, wöchentlich wiederkehrenden Zeit zu verbinden, und die erlernten Sätze oder größeren Abſchnitte mit Be- achtung der Grundgedanken der Ruthardtſchen Vorſchläge unter den verſchiedenſten Geſichtspunkten zu wiederholen und alle Uebungen
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collegien vorliegen, und ein hinreichend begründetes Urtheil über dieſe
Methode erſt dann gewonnen werden kann, wenn dieſe mit Schülern
der Quinta bis zur Prima durchgeführt ſein wird, ſo ſtimmen doch
jene Berichte in weſentlichen Punkten ſo auffallend überein, daß ich
mich veranlaßt ſehe, die vorliegenden Reſultate zur Kenntniß ſämmt-
licher Königl. Provinzial-Schulcollegien zu bringen, und auf den Grund
derſelben für die Fortſetzung oder Einführung der Memorir-Uebungen
einige allgemeine Beſtimmungen zu treffen.
Iſt auch der Grundgedanke der Ruthardtſchen Methode nicht
neu, ſo gebührt dem Ruthardt doch das Verdienſt, die den Gedächt-
niß-Uebungen auch bei dem Unterricht der alten Sprachen zu widmende
Aufmerkſamkeit von Neuem aufs lebhafteſte angeregt, und das Nach-
denken der Schulmänner auf eine zweck- und planmäßige Einrichtung
derſelben hingelenkt zu haben.
Ueberall, wo die Sache von den Lehrern mit Eifer und Liebe
aufgefaßt worden, hat ſich bei den Schülern auch lebhafte Theilnahme
und eine große Vorliebe für dieſe Uebungen gezeigt; die Lebendigkeit
und Selbſtthätigkeit derſelben iſt in hohem Grade angeregt, ihre gram-
matiſche und ſtyliſtiſche Bildung ebenſowohl, als geläufiges Verſtändniß
der Klaſſiker gefördert worden. Dieſer Gewinn iſt ſo bedeutend, und
wenn bei den Memorir-Uebungen das rechte Maß gefunden und an-
gewandt wird, mit ſo geringem Zeit- und Kraftaufwande zu erreichen,
daß ſich faſt alle Gymnaſial-Directoren für ein methodiſch geordnetes
Memoriren, wenn auch nur ſehr wenige unbedingt für die Ruthardt-
ſchen Vorſchläge ausgeſprochen, mehrere vielmehr die denſelben eigen-
thümlichen Punkte in ihrer Anwendung beſonders in zahlreichen Klaſſen
als erfolglos, und die meiſten ſeiner loci memoriales als nicht brauchbar
bezeichnet haben.
Wenn nun der Unterricht in den alten Sprachen in der auf Ein-
übung der Grammatik, auf Lectüre und Stylübungen ruhenden Lehr-
weiſe auch künftig, wie bisher, ohne Schmälerung gegründet bleiben
ſoll, ſo ſind doch von jetzt an mit demſelben und zwar zunächſt bei
dem lateiniſchen Unterrichte regelmäßige, methodiſch geordnete Memorir-
Uebungen in einer beſtimmten, wöchentlich wiederkehrenden Zeit zu
verbinden, und die erlernten Sätze oder größeren Abſchnitte mit Be-
achtung der Grundgedanken der Ruthardtſchen Vorſchläge unter
den verſchiedenſten Geſichtspunkten zu wiederholen und alle Uebungen
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/174>, abgerufen am 21.11.2024.
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