Wir setzen zuerst voraus, daß der Lehrer selbst die Grammatik seiner Muttersprache kenne, und im Stande sei, diejenigen Lehren aus- zuheben und in das rechte Licht zu setzen, welche für das genaue Verständniß des Gelesenen von wirklichem Einflusse sind.
Ein der Sache kundiger Lehrer wird daher die für die Volksschule geeigneten Lehren der Grammatik, namentlich:
1) die bestimmte Unterscheidung des Gegenstandes und der Aus- sage;
2) die näheren Bestimmungen und Ergänzungen beider;
3) den Unterschied der Redetheile;
4) die verschiedenen Satzarten, Urtheil oder Erzählung, Ausruf, Befehl und Frage;
5) die verschiedenen Arten der Satzverbindung, insbesondere die verschiedenen Arten untergeordneter Sätze;
6) den Unterschied und den Gebrauch der Casus, und die damit zusammenhangende Lehre vom Gebrauch der Präpositionen;
7) den Unterschied der sogenannten Redeweisen oder Modi,
sehr gut in einer bestimmten Folge praktisch erläutern können, wenn er für die Behandlung jeder der hier aufgeführten Lehren einen Ab- schnitt des Lesebuchs wählt, mit der Behandlung der einzelnen Lehren aber niemals eher vorgeht, als bis der Schüler die Thatsachen, die ihm nun im Zusammenhange erläutert werden sollen, an bestimmten Beispielen und in vielen verschiedenen Fällen kennen gelernt hat. Schon die unter Nr. II erwähnte Zergliederung des Satzes führt auf die Unterscheidung des Satzgegenstandes und der Aussage, und auf die Satztheile, die zu deren Ergänzung und genauerer Bestimmung dienen; bei einiger Anregung von Seiten des Lehrers machen die Schüler auch sehr bald die Bemerkung, daß gewisse Satztheile immer durch dieselben Redetheile ausgedrückt werden und diese in gewissen Verbindungen immer eine bestimmte Form annehmen. Durch eine verständige Zergliederung des Gelesenen bildet sich daher bei dem Schüler ein bestimmtes Gefühl von dem Wesen des Satzes, von dem Verhältniß der einzelnen Satzglieder unter einander, von dem Unterschiede der Redetheile, durch die sie bezeichnet werden, von den Formen, welche sie nach ihrer Stellung im Satze annehmen, und in ähnlicher Weise verhält es sich mit allen Lehren der Grammatik. Erst wenn diese Unterschiede im Einzelnen und in bestimmten Beispielen
Wir ſetzen zuerſt voraus, daß der Lehrer ſelbſt die Grammatik ſeiner Mutterſprache kenne, und im Stande ſei, diejenigen Lehren aus- zuheben und in das rechte Licht zu ſetzen, welche für das genaue Verſtändniß des Geleſenen von wirklichem Einfluſſe ſind.
Ein der Sache kundiger Lehrer wird daher die für die Volksſchule geeigneten Lehren der Grammatik, namentlich:
1) die beſtimmte Unterſcheidung des Gegenſtandes und der Aus- ſage;
2) die näheren Beſtimmungen und Ergänzungen beider;
3) den Unterſchied der Redetheile;
4) die verſchiedenen Satzarten, Urtheil oder Erzählung, Ausruf, Befehl und Frage;
5) die verſchiedenen Arten der Satzverbindung, insbeſondere die verſchiedenen Arten untergeordneter Sätze;
6) den Unterſchied und den Gebrauch der Caſus, und die damit zuſammenhangende Lehre vom Gebrauch der Präpoſitionen;
7) den Unterſchied der ſogenannten Redeweiſen oder Modi,
ſehr gut in einer beſtimmten Folge praktiſch erläutern können, wenn er für die Behandlung jeder der hier aufgeführten Lehren einen Ab- ſchnitt des Leſebuchs wählt, mit der Behandlung der einzelnen Lehren aber niemals eher vorgeht, als bis der Schüler die Thatſachen, die ihm nun im Zuſammenhange erläutert werden ſollen, an beſtimmten Beiſpielen und in vielen verſchiedenen Fällen kennen gelernt hat. Schon die unter Nr. II erwähnte Zergliederung des Satzes führt auf die Unterſcheidung des Satzgegenſtandes und der Ausſage, und auf die Satztheile, die zu deren Ergänzung und genauerer Beſtimmung dienen; bei einiger Anregung von Seiten des Lehrers machen die Schüler auch ſehr bald die Bemerkung, daß gewiſſe Satztheile immer durch dieſelben Redetheile ausgedrückt werden und dieſe in gewiſſen Verbindungen immer eine beſtimmte Form annehmen. Durch eine verſtändige Zergliederung des Geleſenen bildet ſich daher bei dem Schüler ein beſtimmtes Gefühl von dem Weſen des Satzes, von dem Verhältniß der einzelnen Satzglieder unter einander, von dem Unterſchiede der Redetheile, durch die ſie bezeichnet werden, von den Formen, welche ſie nach ihrer Stellung im Satze annehmen, und in ähnlicher Weiſe verhält es ſich mit allen Lehren der Grammatik. Erſt wenn dieſe Unterſchiede im Einzelnen und in beſtimmten Beiſpielen
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Wir ſetzen zuerſt voraus, daß der Lehrer ſelbſt die Grammatik
ſeiner Mutterſprache kenne, und im Stande ſei, diejenigen Lehren aus-
zuheben und in das rechte Licht zu ſetzen, welche für das genaue
Verſtändniß des Geleſenen von wirklichem Einfluſſe ſind.
Ein der Sache kundiger Lehrer wird daher die für die Volksſchule
geeigneten Lehren der Grammatik, namentlich:
1) die beſtimmte Unterſcheidung des Gegenſtandes und der Aus-
ſage;
2) die näheren Beſtimmungen und Ergänzungen beider;
3) den Unterſchied der Redetheile;
4) die verſchiedenen Satzarten, Urtheil oder Erzählung, Ausruf,
Befehl und Frage;
5) die verſchiedenen Arten der Satzverbindung, insbeſondere die
verſchiedenen Arten untergeordneter Sätze;
6) den Unterſchied und den Gebrauch der Caſus, und die damit
zuſammenhangende Lehre vom Gebrauch der Präpoſitionen;
7) den Unterſchied der ſogenannten Redeweiſen oder Modi,
ſehr gut in einer beſtimmten Folge praktiſch erläutern können, wenn
er für die Behandlung jeder der hier aufgeführten Lehren einen Ab-
ſchnitt des Leſebuchs wählt, mit der Behandlung der einzelnen Lehren
aber niemals eher vorgeht, als bis der Schüler die Thatſachen, die
ihm nun im Zuſammenhange erläutert werden ſollen, an beſtimmten
Beiſpielen und in vielen verſchiedenen Fällen kennen gelernt hat.
Schon die unter Nr. II erwähnte Zergliederung des Satzes führt
auf die Unterſcheidung des Satzgegenſtandes und der Ausſage, und
auf die Satztheile, die zu deren Ergänzung und genauerer Beſtimmung
dienen; bei einiger Anregung von Seiten des Lehrers machen die
Schüler auch ſehr bald die Bemerkung, daß gewiſſe Satztheile immer
durch dieſelben Redetheile ausgedrückt werden und dieſe in gewiſſen
Verbindungen immer eine beſtimmte Form annehmen. Durch eine
verſtändige Zergliederung des Geleſenen bildet ſich daher bei dem
Schüler ein beſtimmtes Gefühl von dem Weſen des Satzes, von
dem Verhältniß der einzelnen Satzglieder unter einander, von dem
Unterſchiede der Redetheile, durch die ſie bezeichnet werden, von den
Formen, welche ſie nach ihrer Stellung im Satze annehmen, und in
ähnlicher Weiſe verhält es ſich mit allen Lehren der Grammatik.
Erſt wenn dieſe Unterſchiede im Einzelnen und in beſtimmten Beiſpielen
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/196>, abgerufen am 21.11.2024.
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