geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unterm 20. Juli c. dahin beschieden worden, daß die Bestimmungen der Instruction vom 31. December 1839. wegen Beaufsichtigung des Privatschulwesens auf den Unterricht junger Mädchen in der Anfertigung von Kleidungs- stücken nicht anwendbar seien, die Prüfung und weitere Behandlung des Gegenstandes vielmehr lediglich dem polizeilichen Ressort anheim falle. Ich bin mit dieser Ansicht einverstanden. Die gedachte Instruc- tion spricht in ihrem §. 12. nur von durch Lehrerinnen geleiteten Instituten für Erlernung weiblicher Handarbeiten. Den Fall, daß diese oder ähnliche Anstalten durch Männer errichtet oder beaufsichtigt werden, setzt sie gar nicht voraus. Die Schulbehörden sind deshalb weder ermächtigt, die Errichtung eines nicht durch weibliche Personen geleiteten derartigen Instituts zu genehmigen, noch dürfen sie sich über- haupt auf eine Beurtheilung der diesfälligen Vorschriften einlassen. Uebrigens werden in vielen, vielleicht in den meisten Fällen, dergleichen Unternehmungen mehr auf gewerbliche Vortheile, als auf den Unterricht berechnet sein, und deshalb mehr einen industriellen oder handwerks- mäßigen Charakter, als den einer Schule an sich tragen. Dies wird überall zutreffen, wo die gelegentlich des Unterrichts gefertigten Gegen- stände wesentlich für den Absatz eingerichtet und benutzt werden, wie es beispielsweise in den größeren Putzhandlungen zu geschehen pflegt. Die Möglichkeit von Fällen, in welchen nicht der Gewinn von solchen Arbeiten, sondern wirklich der Unterricht selbst die Hauptsache ist, ist freilich nicht in Abrede zu stellen. Die Polizeibehörde wird daher, sobald die beabsichtigte oder eingetretene Existenz eines solchen Unter- nehmens zu ihrer Kenntniß kommt, zunächst zu erforschen haben, ob bei demselben das industrielle Interesse oder das des Unterrichts über- wiegend sei. Im ersten Falle bleibt auf dem gewöhnlichen Wege dafür zu sorgen, daß die das Gewerbe erlernenden Mädchen, so lange sie in schulpflichtigem Alter sind, den eigentlichen Schulunterricht nicht versäumen; abgesehen hiervon, würde aber, die gehörige Anmeldung des Betriebes selbst vorausgesetzt, nur zu prüfen sein, ob etwa Un- sittlichkeit oder gar verbrecherische und deshalb strafbare Handlungen zum Einschreiten auffordern.
Im zweiten Falle würde dagegen die Eröffnung oder Fortsetzung des Unterrichts von den Polizeibehörden zu untersagen sein, weil nach der Allerhöchsten Ordre vom 10. Juni 1834. keine Lehranstalt, welcher
geiſtlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unterm 20. Juli c. dahin beſchieden worden, daß die Beſtimmungen der Inſtruction vom 31. December 1839. wegen Beaufſichtigung des Privatſchulweſens auf den Unterricht junger Mädchen in der Anfertigung von Kleidungs- ſtücken nicht anwendbar ſeien, die Prüfung und weitere Behandlung des Gegenſtandes vielmehr lediglich dem polizeilichen Reſſort anheim falle. Ich bin mit dieſer Anſicht einverſtanden. Die gedachte Inſtruc- tion ſpricht in ihrem §. 12. nur von durch Lehrerinnen geleiteten Inſtituten für Erlernung weiblicher Handarbeiten. Den Fall, daß dieſe oder ähnliche Anſtalten durch Männer errichtet oder beaufſichtigt werden, ſetzt ſie gar nicht voraus. Die Schulbehörden ſind deshalb weder ermächtigt, die Errichtung eines nicht durch weibliche Perſonen geleiteten derartigen Inſtituts zu genehmigen, noch dürfen ſie ſich über- haupt auf eine Beurtheilung der diesfälligen Vorſchriften einlaſſen. Uebrigens werden in vielen, vielleicht in den meiſten Fällen, dergleichen Unternehmungen mehr auf gewerbliche Vortheile, als auf den Unterricht berechnet ſein, und deshalb mehr einen induſtriellen oder handwerks- mäßigen Charakter, als den einer Schule an ſich tragen. Dies wird überall zutreffen, wo die gelegentlich des Unterrichts gefertigten Gegen- ſtände weſentlich für den Abſatz eingerichtet und benutzt werden, wie es beiſpielsweiſe in den größeren Putzhandlungen zu geſchehen pflegt. Die Möglichkeit von Fällen, in welchen nicht der Gewinn von ſolchen Arbeiten, ſondern wirklich der Unterricht ſelbſt die Hauptſache iſt, iſt freilich nicht in Abrede zu ſtellen. Die Polizeibehörde wird daher, ſobald die beabſichtigte oder eingetretene Exiſtenz eines ſolchen Unter- nehmens zu ihrer Kenntniß kommt, zunächſt zu erforſchen haben, ob bei demſelben das induſtrielle Intereſſe oder das des Unterrichts über- wiegend ſei. Im erſten Falle bleibt auf dem gewöhnlichen Wege dafür zu ſorgen, daß die das Gewerbe erlernenden Mädchen, ſo lange ſie in ſchulpflichtigem Alter ſind, den eigentlichen Schulunterricht nicht verſäumen; abgeſehen hiervon, würde aber, die gehörige Anmeldung des Betriebes ſelbſt vorausgeſetzt, nur zu prüfen ſein, ob etwa Un- ſittlichkeit oder gar verbrecheriſche und deshalb ſtrafbare Handlungen zum Einſchreiten auffordern.
Im zweiten Falle würde dagegen die Eröffnung oder Fortſetzung des Unterrichts von den Polizeibehörden zu unterſagen ſein, weil nach der Allerhöchſten Ordre vom 10. Juni 1834. keine Lehranſtalt, welcher
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geiſtlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unterm 20. Juli c.
dahin beſchieden worden, daß die Beſtimmungen der Inſtruction vom
31. December 1839. wegen Beaufſichtigung des Privatſchulweſens
auf den Unterricht junger Mädchen in der Anfertigung von Kleidungs-
ſtücken nicht anwendbar ſeien, die Prüfung und weitere Behandlung
des Gegenſtandes vielmehr lediglich dem polizeilichen Reſſort anheim
falle. Ich bin mit dieſer Anſicht einverſtanden. Die gedachte Inſtruc-
tion ſpricht in ihrem §. 12. nur von durch Lehrerinnen geleiteten
Inſtituten für Erlernung weiblicher Handarbeiten. Den Fall, daß
dieſe oder ähnliche Anſtalten durch Männer errichtet oder beaufſichtigt
werden, ſetzt ſie gar nicht voraus. Die Schulbehörden ſind deshalb
weder ermächtigt, die Errichtung eines nicht durch weibliche Perſonen
geleiteten derartigen Inſtituts zu genehmigen, noch dürfen ſie ſich über-
haupt auf eine Beurtheilung der diesfälligen Vorſchriften einlaſſen.
Uebrigens werden in vielen, vielleicht in den meiſten Fällen, dergleichen
Unternehmungen mehr auf gewerbliche Vortheile, als auf den Unterricht
berechnet ſein, und deshalb mehr einen induſtriellen oder handwerks-
mäßigen Charakter, als den einer Schule an ſich tragen. Dies wird
überall zutreffen, wo die gelegentlich des Unterrichts gefertigten Gegen-
ſtände weſentlich für den Abſatz eingerichtet und benutzt werden, wie
es beiſpielsweiſe in den größeren Putzhandlungen zu geſchehen pflegt.
Die Möglichkeit von Fällen, in welchen nicht der Gewinn von ſolchen
Arbeiten, ſondern wirklich der Unterricht ſelbſt die Hauptſache iſt, iſt
freilich nicht in Abrede zu ſtellen. Die Polizeibehörde wird daher,
ſobald die beabſichtigte oder eingetretene Exiſtenz eines ſolchen Unter-
nehmens zu ihrer Kenntniß kommt, zunächſt zu erforſchen haben, ob
bei demſelben das induſtrielle Intereſſe oder das des Unterrichts über-
wiegend ſei. Im erſten Falle bleibt auf dem gewöhnlichen Wege
dafür zu ſorgen, daß die das Gewerbe erlernenden Mädchen, ſo lange
ſie in ſchulpflichtigem Alter ſind, den eigentlichen Schulunterricht nicht
verſäumen; abgeſehen hiervon, würde aber, die gehörige Anmeldung
des Betriebes ſelbſt vorausgeſetzt, nur zu prüfen ſein, ob etwa Un-
ſittlichkeit oder gar verbrecheriſche und deshalb ſtrafbare Handlungen
zum Einſchreiten auffordern.
Im zweiten Falle würde dagegen die Eröffnung oder Fortſetzung
des Unterrichts von den Polizeibehörden zu unterſagen ſein, weil nach
der Allerhöchſten Ordre vom 10. Juni 1834. keine Lehranſtalt, welcher
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/203>, abgerufen am 16.02.2025.
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