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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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sie die an ihrem Wohnorte etwa lebenden taubstummen Kinder voll-
ständig zu unterrichten befähigt werden, und wünscht das Consistorium
durch diese Mittheilung zu bewirken, daß in dieser Beziehung schon
jetzt so viel geschehe, als ohne die künftig zu hoffende Einwirkung
der Seminare zu erreichen ist.

Taubstumme werden diejenigen Personen genannt, welche entweder
taub geboren sind, oder frühzeitig das Gehör verloren haben, und in
Folge dieses Gebrechens auch des Gebrauchs der Sprache entbehren;
das Verfahren des Taustummen-Unterrichts findet daher keine Anwen-
dung bei allen denjenigen Personen, deren Stummheit entweder in
Blödsinn, oder in fehlerhafter Beschaffenheit der Sprachwerkzeuge ihren
Grund hat. Jene sind überhaupt nicht bildungsfähig, und daher auch
zur Aufnahme in eine Taubstummen-Anstalt nicht geeignet, in Rück-
sicht der letztern kann nur empfohlen werden, frühzeitig den Rath
eines erfahrnen Arztes zu suchen.

Die Mittheilung unserer Gedanken, und daher auch der Unterricht
taubstummer Personen, kann überhaupt auf dreifache Weise bewirkt
werden, durch die Gebärde, durch die Schrift und durch das ge-
sprochene Wort
, und man hat beim Taubstummen-Unterricht mehren-
theils alle 3 Arten der Mittheilung zugleich in Anwendung gebracht,
jedoch so, daß eine derselben die vorherrschende war. Die Mittheilung
durch die Gebärdensprache hat beim Taubstummen-Unterricht darin
den Vorzug, daß sie nicht mühsam erlernt zu werden braucht, sondern,
mehr oder weniger ausgebildet, sich bei allen nicht ganz verwahrloseten
Taubstummen vorfindet, weshalb man sie auch die natürliche Sprache
der Taubstummen genannt hat. Aber die Gebärde kann zunächst nur
sinnliche Vorstellungen auf eine allgemein verständliche Weise darstellen,
und die Gebärdensprache muß nothwendig eine Menge willkührlicher
Zeichen aufnehmen, sobald sie über den Kreis sinnlicher Vorstellungen
hinausgeht. Wie leicht daher auch Taubstumme sich unter einander
mittelst der Gebärde verständigen mögen, so erhalten sie in derselben
doch kein allgemein anwendbares Werkzeug der Mittheilung, und die
reichhaltigste Quelle der Belehrung, das geschriebene Wort, bleibt, ohne
die Kenntniß der Wortsprache, ihnen für immer verschlossen. Die Ge-
bärde darf daher niemals Zweck, und eben so wenig das vorherrschende,
oder gar das einzige Mittel des Taubstummen-Unterrichts sein; sie
soll überhaupt nur in denjenigen Fällen eintreten, wo man mit andern

ſie die an ihrem Wohnorte etwa lebenden taubſtummen Kinder voll-
ſtändig zu unterrichten befähigt werden, und wünſcht das Conſiſtorium
durch dieſe Mittheilung zu bewirken, daß in dieſer Beziehung ſchon
jetzt ſo viel geſchehe, als ohne die künftig zu hoffende Einwirkung
der Seminare zu erreichen iſt.

Taubſtumme werden diejenigen Perſonen genannt, welche entweder
taub geboren ſind, oder frühzeitig das Gehör verloren haben, und in
Folge dieſes Gebrechens auch des Gebrauchs der Sprache entbehren;
das Verfahren des Tauſtummen-Unterrichts findet daher keine Anwen-
dung bei allen denjenigen Perſonen, deren Stummheit entweder in
Blödſinn, oder in fehlerhafter Beſchaffenheit der Sprachwerkzeuge ihren
Grund hat. Jene ſind überhaupt nicht bildungsfähig, und daher auch
zur Aufnahme in eine Taubſtummen-Anſtalt nicht geeignet, in Rück-
ſicht der letztern kann nur empfohlen werden, frühzeitig den Rath
eines erfahrnen Arztes zu ſuchen.

Die Mittheilung unſerer Gedanken, und daher auch der Unterricht
taubſtummer Perſonen, kann überhaupt auf dreifache Weiſe bewirkt
werden, durch die Gebärde, durch die Schrift und durch das ge-
ſprochene Wort
, und man hat beim Taubſtummen-Unterricht mehren-
theils alle 3 Arten der Mittheilung zugleich in Anwendung gebracht,
jedoch ſo, daß eine derſelben die vorherrſchende war. Die Mittheilung
durch die Gebärdenſprache hat beim Taubſtummen-Unterricht darin
den Vorzug, daß ſie nicht mühſam erlernt zu werden braucht, ſondern,
mehr oder weniger ausgebildet, ſich bei allen nicht ganz verwahrloſeten
Taubſtummen vorfindet, weshalb man ſie auch die natürliche Sprache
der Taubſtummen genannt hat. Aber die Gebärde kann zunächſt nur
ſinnliche Vorſtellungen auf eine allgemein verſtändliche Weiſe darſtellen,
und die Gebärdenſprache muß nothwendig eine Menge willkührlicher
Zeichen aufnehmen, ſobald ſie über den Kreis ſinnlicher Vorſtellungen
hinausgeht. Wie leicht daher auch Taubſtumme ſich unter einander
mittelſt der Gebärde verſtändigen mögen, ſo erhalten ſie in derſelben
doch kein allgemein anwendbares Werkzeug der Mittheilung, und die
reichhaltigſte Quelle der Belehrung, das geſchriebene Wort, bleibt, ohne
die Kenntniß der Wortſprache, ihnen für immer verſchloſſen. Die Ge-
bärde darf daher niemals Zweck, und eben ſo wenig das vorherrſchende,
oder gar das einzige Mittel des Taubſtummen-Unterrichts ſein; ſie
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[344/0358] ſie die an ihrem Wohnorte etwa lebenden taubſtummen Kinder voll- ſtändig zu unterrichten befähigt werden, und wünſcht das Conſiſtorium durch dieſe Mittheilung zu bewirken, daß in dieſer Beziehung ſchon jetzt ſo viel geſchehe, als ohne die künftig zu hoffende Einwirkung der Seminare zu erreichen iſt. Taubſtumme werden diejenigen Perſonen genannt, welche entweder taub geboren ſind, oder frühzeitig das Gehör verloren haben, und in Folge dieſes Gebrechens auch des Gebrauchs der Sprache entbehren; das Verfahren des Tauſtummen-Unterrichts findet daher keine Anwen- dung bei allen denjenigen Perſonen, deren Stummheit entweder in Blödſinn, oder in fehlerhafter Beſchaffenheit der Sprachwerkzeuge ihren Grund hat. Jene ſind überhaupt nicht bildungsfähig, und daher auch zur Aufnahme in eine Taubſtummen-Anſtalt nicht geeignet, in Rück- ſicht der letztern kann nur empfohlen werden, frühzeitig den Rath eines erfahrnen Arztes zu ſuchen. Die Mittheilung unſerer Gedanken, und daher auch der Unterricht taubſtummer Perſonen, kann überhaupt auf dreifache Weiſe bewirkt werden, durch die Gebärde, durch die Schrift und durch das ge- ſprochene Wort, und man hat beim Taubſtummen-Unterricht mehren- theils alle 3 Arten der Mittheilung zugleich in Anwendung gebracht, jedoch ſo, daß eine derſelben die vorherrſchende war. Die Mittheilung durch die Gebärdenſprache hat beim Taubſtummen-Unterricht darin den Vorzug, daß ſie nicht mühſam erlernt zu werden braucht, ſondern, mehr oder weniger ausgebildet, ſich bei allen nicht ganz verwahrloſeten Taubſtummen vorfindet, weshalb man ſie auch die natürliche Sprache der Taubſtummen genannt hat. Aber die Gebärde kann zunächſt nur ſinnliche Vorſtellungen auf eine allgemein verſtändliche Weiſe darſtellen, und die Gebärdenſprache muß nothwendig eine Menge willkührlicher Zeichen aufnehmen, ſobald ſie über den Kreis ſinnlicher Vorſtellungen hinausgeht. Wie leicht daher auch Taubſtumme ſich unter einander mittelſt der Gebärde verſtändigen mögen, ſo erhalten ſie in derſelben doch kein allgemein anwendbares Werkzeug der Mittheilung, und die reichhaltigſte Quelle der Belehrung, das geſchriebene Wort, bleibt, ohne die Kenntniß der Wortſprache, ihnen für immer verſchloſſen. Die Ge- bärde darf daher niemals Zweck, und eben ſo wenig das vorherrſchende, oder gar das einzige Mittel des Taubſtummen-Unterrichts ſein; ſie ſoll überhaupt nur in denjenigen Fällen eintreten, wo man mit andern

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/358>, abgerufen am 23.11.2024.