P. Ph. Wolff. 4 B. 8. 2te Ausgabe. Leipz. 1803. Außer- dem: Schröckh Kirchengeschichte seit der Reformation. B. III. der letzte Abschnitt. Critisch und unpartheyisch.
21. Die Politik erhielt in diesem Zeitraum im Ganzen ein edleres Ansehen, wie klein sie auch manchmal im Einzelnen erscheint. Es waren größere und festere Zwecke, die man verfolgte; es waren ed- lere Motive, die dazu trieben; es bildeten sich, wenn auch vielleicht nicht größere Köpfe als vorher, doch größere Charaktere. Der Einfluß der Theolo- gen, bey den Protestanten fast noch größer als bey den Catholiken, war oft ein Uebel; allein nie trug er damals dazu bey, das Kriegsfeuer anzublasen; öftrer aber die schon auflodernde Flamme zu dämpfen.
22. Die Staatswirthschaft machte, unge- achtet der größeren Bedürfnisse, doch keine wesentlichen Fortschritte. Neue Auflagen, nicht ohne Wider- spruch der Stände, und kostbare Anleihen in den rei- chen Handelsstädten blieben die Mittel, jene zu stillen. Keiner der Fürsten, keiner ihrer Räthe widmete ihr weitere Aufmerksamkeit, als gerade der Augenblick erforderte. Wie ließ sich auch dergleichen erwarten, in einem Zeitpuncte, wo die Religion die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog? Aber die, jetzt aus Amerika nach Spanien strömenden Schätze befestigten den Wahn, daß der Reichthum eines Landes von der
Masse
B. 2. Geſch. d. Reformation. 1517--1555.
P. Ph. Wolff. 4 B. 8. 2te Ausgabe. Leipz. 1803. Außer- dem: Schroͤckh Kirchengeſchichte ſeit der Reformation. B. III. der letzte Abſchnitt. Critiſch und unpartheyiſch.
21. Die Politik erhielt in dieſem Zeitraum im Ganzen ein edleres Anſehen, wie klein ſie auch manchmal im Einzelnen erſcheint. Es waren groͤßere und feſtere Zwecke, die man verfolgte; es waren ed- lere Motive, die dazu trieben; es bildeten ſich, wenn auch vielleicht nicht groͤßere Koͤpfe als vorher, doch groͤßere Charaktere. Der Einfluß der Theolo- gen, bey den Proteſtanten faſt noch groͤßer als bey den Catholiken, war oft ein Uebel; allein nie trug er damals dazu bey, das Kriegsfeuer anzublaſen; oͤftrer aber die ſchon auflodernde Flamme zu daͤmpfen.
22. Die Staatswirthſchaft machte, unge- achtet der groͤßeren Beduͤrfniſſe, doch keine weſentlichen Fortſchritte. Neue Auflagen, nicht ohne Wider- ſpruch der Staͤnde, und koſtbare Anleihen in den rei- chen Handelsſtaͤdten blieben die Mittel, jene zu ſtillen. Keiner der Fuͤrſten, keiner ihrer Raͤthe widmete ihr weitere Aufmerkſamkeit, als gerade der Augenblick erforderte. Wie ließ ſich auch dergleichen erwarten, in einem Zeitpuncte, wo die Religion die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich zog? Aber die, jetzt aus Amerika nach Spanien ſtroͤmenden Schaͤtze befeſtigten den Wahn, daß der Reichthum eines Landes von der
Maſſe
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P. Ph. Wolff. 4 B. 8. 2te Ausgabe. Leipz. 1803. Außer-
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der letzte Abſchnitt. Critiſch und unpartheyiſch.
21. Die Politik erhielt in dieſem Zeitraum im
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manchmal im Einzelnen erſcheint. Es waren groͤßere
und feſtere Zwecke, die man verfolgte; es waren ed-
lere Motive, die dazu trieben; es bildeten ſich, wenn
auch vielleicht nicht groͤßere Koͤpfe als vorher, doch
groͤßere Charaktere. Der Einfluß der Theolo-
gen, bey den Proteſtanten faſt noch groͤßer als bey
den Catholiken, war oft ein Uebel; allein nie trug
er damals dazu bey, das Kriegsfeuer anzublaſen;
oͤftrer aber die ſchon auflodernde Flamme zu daͤmpfen.
22. Die Staatswirthſchaft machte, unge-
achtet der groͤßeren Beduͤrfniſſe, doch keine weſentlichen
Fortſchritte. Neue Auflagen, nicht ohne Wider-
ſpruch der Staͤnde, und koſtbare Anleihen in den rei-
chen Handelsſtaͤdten blieben die Mittel, jene zu ſtillen.
Keiner der Fuͤrſten, keiner ihrer Raͤthe widmete ihr
weitere Aufmerkſamkeit, als gerade der Augenblick
erforderte. Wie ließ ſich auch dergleichen erwarten,
in einem Zeitpuncte, wo die Religion die allgemeine
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/115>, abgerufen am 21.11.2024.
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