Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Staatshändel in Europa c. 1763--1786.
litisch, doch auf den ganzen Zustand der Gesell-
schaft, und so wiederum auf den Staat zurück-
wirkten.

63. Viele und gewaltige Kräfte waren in den
letzten Kämpfen entwickelt; eine Thätigkeit, wie
vielleicht noch niemals vorher, war aufgeregt, und
konnte mit dem Frieden nicht ersterben. Es lag
in der Natur des einen neuen Hauptstaats, daß
er nur durch stete Anstrengung, durch Entwickelung
aller seiner Kräfte, sich halten konnte; und sein
Rival fühlte, daß er nicht zurückbleiben dürfe.
Dieß Gefühl war die Hauptquelle der politischen
Energie; aber das Characteristische dieser Thätig-
keit ist ihre Vielseitigkeit, eine Folge der so sehr
wachsenden intellectuellen Cultur, welche die wech-
selseitigen Beziehungen der verschiedenartigen An-
strengungen durchblickt, und zu würdigen weiß.
Das Zeitalter umfaßte die ganze Masse von Ein-
sichten, die das Resultat jener intellectuellen Thä-
tigkeit war, unter dem Namen der Aufklärung;
und verlangte ihre Beförderung vom Staat.
Aber was gieng nicht oft unter jenem heiligen
Namen!

64. In der Periode des Friedens warf sich
die Thätigkeit der Regierungen natürlich am mei-
sten auf die innere Administration. Nicht nur die

Wun-

1. Staatshaͤndel in Europa c. 1763--1786.
litiſch, doch auf den ganzen Zuſtand der Geſell-
ſchaft, und ſo wiederum auf den Staat zuruͤck-
wirkten.

63. Viele und gewaltige Kraͤfte waren in den
letzten Kaͤmpfen entwickelt; eine Thaͤtigkeit, wie
vielleicht noch niemals vorher, war aufgeregt, und
konnte mit dem Frieden nicht erſterben. Es lag
in der Natur des einen neuen Hauptſtaats, daß
er nur durch ſtete Anſtrengung, durch Entwickelung
aller ſeiner Kraͤfte, ſich halten konnte; und ſein
Rival fuͤhlte, daß er nicht zuruͤckbleiben duͤrfe.
Dieß Gefuͤhl war die Hauptquelle der politiſchen
Energie; aber das Characteriſtiſche dieſer Thaͤtig-
keit iſt ihre Vielſeitigkeit, eine Folge der ſo ſehr
wachſenden intellectuellen Cultur, welche die wech-
ſelſeitigen Beziehungen der verſchiedenartigen An-
ſtrengungen durchblickt, und zu wuͤrdigen weiß.
Das Zeitalter umfaßte die ganze Maſſe von Ein-
ſichten, die das Reſultat jener intellectuellen Thaͤ-
tigkeit war, unter dem Namen der Aufklaͤrung;
und verlangte ihre Befoͤrderung vom Staat.
Aber was gieng nicht oft unter jenem heiligen
Namen!

64. In der Periode des Friedens warf ſich
die Thaͤtigkeit der Regierungen natuͤrlich am mei-
ſten auf die innere Adminiſtration. Nicht nur die

Wun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0449" n="411"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">1. Staatsha&#x0364;ndel in Europa <hi rendition="#aq">c.</hi> 1763--1786.</hi></fw><lb/>
liti&#x017F;ch, doch auf den ganzen Zu&#x017F;tand der Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft, und &#x017F;o wiederum auf den Staat zuru&#x0364;ck-<lb/>
wirkten.</p><lb/>
                  <p>63. Viele und gewaltige Kra&#x0364;fte waren in den<lb/>
letzten Ka&#x0364;mpfen entwickelt; eine Tha&#x0364;tigkeit, wie<lb/>
vielleicht noch niemals vorher, war aufgeregt, und<lb/>
konnte mit dem Frieden nicht er&#x017F;terben. Es lag<lb/>
in der Natur des einen neuen Haupt&#x017F;taats, daß<lb/>
er nur durch &#x017F;tete An&#x017F;trengung, durch Entwickelung<lb/>
aller &#x017F;einer Kra&#x0364;fte, &#x017F;ich halten konnte; und &#x017F;ein<lb/>
Rival fu&#x0364;hlte, daß er nicht zuru&#x0364;ckbleiben du&#x0364;rfe.<lb/>
Dieß Gefu&#x0364;hl war die Hauptquelle der politi&#x017F;chen<lb/>
Energie; aber das Characteri&#x017F;ti&#x017F;che die&#x017F;er Tha&#x0364;tig-<lb/>
keit i&#x017F;t ihre Viel&#x017F;eitigkeit, eine Folge der &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
wach&#x017F;enden intellectuellen Cultur, welche die wech-<lb/>
&#x017F;el&#x017F;eitigen Beziehungen der ver&#x017F;chiedenartigen An-<lb/>
&#x017F;trengungen durchblickt, und zu wu&#x0364;rdigen weiß.<lb/>
Das Zeitalter umfaßte die ganze Ma&#x017F;&#x017F;e von Ein-<lb/>
&#x017F;ichten, die das Re&#x017F;ultat jener intellectuellen Tha&#x0364;-<lb/>
tigkeit war, unter dem Namen der <hi rendition="#g">Aufkla&#x0364;rung</hi>;<lb/>
und verlangte ihre Befo&#x0364;rderung vom Staat.<lb/>
Aber was gieng nicht oft unter jenem heiligen<lb/>
Namen!</p><lb/>
                  <p>64. In der Periode des Friedens warf &#x017F;ich<lb/>
die Tha&#x0364;tigkeit der Regierungen natu&#x0364;rlich am mei-<lb/>
&#x017F;ten auf die innere Admini&#x017F;tration. Nicht nur die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wun-</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0449] 1. Staatshaͤndel in Europa c. 1763--1786. litiſch, doch auf den ganzen Zuſtand der Geſell- ſchaft, und ſo wiederum auf den Staat zuruͤck- wirkten. 63. Viele und gewaltige Kraͤfte waren in den letzten Kaͤmpfen entwickelt; eine Thaͤtigkeit, wie vielleicht noch niemals vorher, war aufgeregt, und konnte mit dem Frieden nicht erſterben. Es lag in der Natur des einen neuen Hauptſtaats, daß er nur durch ſtete Anſtrengung, durch Entwickelung aller ſeiner Kraͤfte, ſich halten konnte; und ſein Rival fuͤhlte, daß er nicht zuruͤckbleiben duͤrfe. Dieß Gefuͤhl war die Hauptquelle der politiſchen Energie; aber das Characteriſtiſche dieſer Thaͤtig- keit iſt ihre Vielſeitigkeit, eine Folge der ſo ſehr wachſenden intellectuellen Cultur, welche die wech- ſelſeitigen Beziehungen der verſchiedenartigen An- ſtrengungen durchblickt, und zu wuͤrdigen weiß. Das Zeitalter umfaßte die ganze Maſſe von Ein- ſichten, die das Reſultat jener intellectuellen Thaͤ- tigkeit war, unter dem Namen der Aufklaͤrung; und verlangte ihre Befoͤrderung vom Staat. Aber was gieng nicht oft unter jenem heiligen Namen! 64. In der Periode des Friedens warf ſich die Thaͤtigkeit der Regierungen natuͤrlich am mei- ſten auf die innere Adminiſtration. Nicht nur die Wun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/449
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/449>, abgerufen am 22.11.2024.