Wunden des Kriegs, sondern auch die stets steigen- den öffentlichen Bedürfnisse erforderten dieß; denn auch im Frieden wurden die stehenden Heere eher vermehrt als vermindert. So erhielten die Finan- zen eine stets steigende Wichtigkeit, die nur zu leicht zu der Maxime führte, Vermehrung der Staats- einkünfte als das Ziel aller Staatswirthschaft zu betrachten. Der Geist der Regenten, und die Ver- schiedenheit der Verfassungen, verhinderten allerdings den allgemeinen Mißbrauch; aber das Uebel war seiner Natur nach zu ansteckend, als daß es nicht hätte um sich greifen sollen.
65. In engem Verhältniß stand damit die Maxime, die Staatsverwaltung möglichst maschi- nenmäßig einzurichten; denn nur so schien sie am wohlfeilsten und bequemsten eingerichtet zu seyn. Wurde doch der Ausdruck von Staatsmaschinen selbst der Lieblingsausdruck der Männer vom Fach! Auch diese Uebel wirkten langsam, und nicht allent- halben gleich; aber der Wahn, das Glück eines Staats in Formen zu suchen, das doch nur aus dem freyen Wirken freyer Männer, der Bedingung des wahren Patriotismus, hervorgeht, ward erzeugt und verbreitet.
66. Aus diesen Maximen der innern Verwal- tung floß von selbst ein Streben nach Vergröße-
rung,
II. Per. C. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
Wunden des Kriegs, ſondern auch die ſtets ſteigen- den oͤffentlichen Beduͤrfniſſe erforderten dieß; denn auch im Frieden wurden die ſtehenden Heere eher vermehrt als vermindert. So erhielten die Finan- zen eine ſtets ſteigende Wichtigkeit, die nur zu leicht zu der Maxime fuͤhrte, Vermehrung der Staats- einkuͤnfte als das Ziel aller Staatswirthſchaft zu betrachten. Der Geiſt der Regenten, und die Ver- ſchiedenheit der Verfaſſungen, verhinderten allerdings den allgemeinen Mißbrauch; aber das Uebel war ſeiner Natur nach zu anſteckend, als daß es nicht haͤtte um ſich greifen ſollen.
65. In engem Verhaͤltniß ſtand damit die Maxime, die Staatsverwaltung moͤglichſt maſchi- nenmaͤßig einzurichten; denn nur ſo ſchien ſie am wohlfeilſten und bequemſten eingerichtet zu ſeyn. Wurde doch der Ausdruck von Staatsmaſchinen ſelbſt der Lieblingsausdruck der Maͤnner vom Fach! Auch dieſe Uebel wirkten langſam, und nicht allent- halben gleich; aber der Wahn, das Gluͤck eines Staats in Formen zu ſuchen, das doch nur aus dem freyen Wirken freyer Maͤnner, der Bedingung des wahren Patriotismus, hervorgeht, ward erzeugt und verbreitet.
66. Aus dieſen Maximen der innern Verwal- tung floß von ſelbſt ein Streben nach Vergroͤße-
rung,
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II. Per. C. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
Wunden des Kriegs, ſondern auch die ſtets ſteigen-
den oͤffentlichen Beduͤrfniſſe erforderten dieß; denn
auch im Frieden wurden die ſtehenden Heere eher
vermehrt als vermindert. So erhielten die Finan-
zen eine ſtets ſteigende Wichtigkeit, die nur zu leicht
zu der Maxime fuͤhrte, Vermehrung der Staats-
einkuͤnfte als das Ziel aller Staatswirthſchaft zu
betrachten. Der Geiſt der Regenten, und die Ver-
ſchiedenheit der Verfaſſungen, verhinderten allerdings
den allgemeinen Mißbrauch; aber das Uebel war
ſeiner Natur nach zu anſteckend, als daß es nicht
haͤtte um ſich greifen ſollen.
65. In engem Verhaͤltniß ſtand damit die
Maxime, die Staatsverwaltung moͤglichſt maſchi-
nenmaͤßig einzurichten; denn nur ſo ſchien ſie am
wohlfeilſten und bequemſten eingerichtet zu ſeyn.
Wurde doch der Ausdruck von Staatsmaſchinen
ſelbſt der Lieblingsausdruck der Maͤnner vom Fach!
Auch dieſe Uebel wirkten langſam, und nicht allent-
halben gleich; aber der Wahn, das Gluͤck eines
Staats in Formen zu ſuchen, das doch nur aus dem
freyen Wirken freyer Maͤnner, der Bedingung des
wahren Patriotismus, hervorgeht, ward erzeugt
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66. Aus dieſen Maximen der innern Verwal-
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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