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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 98. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.

jedoch nur von Seiten desjenigen Theiles, in deſſen Perſon der
Mangel eines freien Conſenſes Statt fand.

Nicht minder kann ſich der Promittent der übernommenen Ver-
bindlichkeit entziehen:

wegen einer erſt ſpäter eingetretenen aber noch andauernden,
obwohl nur relativen, ihn betreffenden Unmöglichkeit der Erfül-
lung,

insbeſondere wegen eines Conflicts mit Pflichten gegen ſich ſelbſt,
mit den Rechten und dem Wohle des Volkes, oder mit den
Rechten Dritter, wenn z. B. das frühere ſchon zur Zeit des Ver-
trages vorhandene Recht eines Dritten verletzt werden würde; ob-
gleich hier der Promittent, welchem die Unmöglichkeit bereits zur
Zeit des Vertrages bekannt war, für das Intereſſe haftet; 1 ferner:

wegen einer Veränderung derjenigen Umſtände, welche zur
Zeit des geſchloſſenen Vertrages ſchon vorhanden oder vorher-
zuſehen, und nach der erkennbaren Abſicht des Verpflichteten die
ſtillſchweigende Bedingung des Vertrages waren. 2

Als eine ſolche Veränderung iſt diejenige zu betrachten, wobei der
Verpflichtete ſeine bisherige politiſche Stellung nicht behaupten
könnte und ſich namentlich in eine Ungleichheit gegen andere Staa-
ten verſetzen würde, die zur Zeit des Vertrages nicht exiſtirte, auch
nicht beabſichtigt war; 3 ferner wenn ein gewiſſes Ereigniß oder
Verhältniß das Motiv des eingegangenen Vertrages war, ſelbiges
aber entweder gar nicht eingetreten iſt oder wieder aufgehört hat,
z. B. eine Familienverbindung als Veranlaſſung einer Staatenal-
liance, wo jene die ſtillſchweigende Bedingung der letztern war.

Steht die Unmöglichkeit der Erfüllung oder die eingetretene Ver-
änderung der Umſtände nur einem Theile der übernommenen Ver-
tragsverpflichtungen entgegen, ſo kann auch nur eine Modification

1 Vgl. v. Neumann §. 177. Klüber §. 144. 164. Not. e. Breuning l. c.
§. 4. 10.
2 Die Völker oder Staatsgewalten ſind nicht ſo Meiſter ihrer Schickſale,
als ſie die ihrer Angehörigen leiten und ordnen können. Die Annahme
der ſtillſchweigenden Bedingung: Rebus sic stantibus, iſt daher in obiger
Weiſe unvermeidlich. S. vorzüglich Sam. Cocceji, de clausula R. sic.
st.
Die übrige Literatur der Frage bei Klüber §. 165. not. a.
3 S. auch Schmelzing §. 403.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/197>, abgerufen am 24.02.2025.