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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 154.
streitig machen und müssen folglich die Rückwirkungen dieses Rechts
auf sich selbst anerkennen. Es ist ein Act der Occupation eines
Theiles des feindlichen Gebietes; auf offener See aber ein Act der
Prävention, den ein später Kommender ohne Kränkung nicht stören
darf. (§. 73.) In der That besteht nun darüber nicht der min-
deste Zweifel, daß ein effectiver Blocadestand, d. h. in sofern ein
im Kriegsstand begriffenes Gebiet durch feindliche Kriegsmacht
wirklich eingeschlossen ist, es sei zur See oder zu Lande, den Neu-
tralen die Verbindlichkeit auferlegt, sich jeder Störung dieser krie-
gerischen Maaßregel und der darin begriffenen Zwecke zu enthal-
ten; 1 der wesentliche Zweck ist aber die Abschließung des blokirten
Ortes von jedem auswärtigen Verkehr und von jeder auswärtigen
Unterstützung, welche nicht nur durch Zufuhren von Lebensmitteln,
sondern auch durch Mittheilung von Nachrichten und Versendun-
gen nach Außen geleistet werden kann. 2 Wer dennoch hiergegen
handelt, es sei durch Ein- oder Auslaufen, stört nicht nur die
Aufmerksamkeit der blokirenden Kriegsmacht, sondern läßt auch eine
Vereitelung der Blocadezwecke befürchten, oder macht sich offenbar
zu einem Gehülfen des Feindes; er kann sich also dann keiner
anderen Behandlung getrösten, als dem Feinde selbst zu Theil wer-
den würde. Wegnahme der Schiffe oder sonstiger Transport-
mittel mit allem darauf Befindlichen, und dann ferner nach Um-
ständen eine Appropriation dieser Gegenstände, so wie Repressalien
gegen die Führer und Mitschuldigen erscheinen demnach im Allge-
meinen ganz als eine kriegsrechtliche Consequenz, welche sich auch
die Staaten bisher und wechselseitig ohne allen Einspruch zuge-
standen haben. Dennoch fehlt es in der Ausübung dieses an sich
unstreitigen Rechts nicht an Zweifeln und Controversen. 3


1 Wenn man sogar neutrale Ströme im Blocadezustand erklärt hat, wie
im J. 1803. wegen der französischen Besetzung Hannovers, so findet dieses
allenfalls eine Rechtfertigung in der Gemeinschaftlichkeit eines Flusses. Ge-
wiß sind aber hier besondere Modificationen zu Gunsten der Neutralen zu
statuiren. Dennoch ist dieses nicht immer geschehen. Vgl. Jacobsen S. 707.
2 Jouffroy detaillirt S. 160. die einzelnen Zwecke der Blocade näher; jedoch
scheinen die daran geknüpften unterschiedlichen Wirkungen nicht begründet;
auch sind sie in der Praxis nicht angenommen.
3 Eine der ältesten und wichtigsten Urkunden für das neuere Europäische
Blocaderecht ist das Edict der Generalstaaten der vereinigten Niederlande
von 1630. (commentirt von Bynkershoeck in quaest. publ. I, 11.) worin

Zweites Buch. §. 154.
ſtreitig machen und müſſen folglich die Rückwirkungen dieſes Rechts
auf ſich ſelbſt anerkennen. Es iſt ein Act der Occupation eines
Theiles des feindlichen Gebietes; auf offener See aber ein Act der
Prävention, den ein ſpäter Kommender ohne Kränkung nicht ſtören
darf. (§. 73.) In der That beſteht nun darüber nicht der min-
deſte Zweifel, daß ein effectiver Blocadeſtand, d. h. in ſofern ein
im Kriegsſtand begriffenes Gebiet durch feindliche Kriegsmacht
wirklich eingeſchloſſen iſt, es ſei zur See oder zu Lande, den Neu-
tralen die Verbindlichkeit auferlegt, ſich jeder Störung dieſer krie-
geriſchen Maaßregel und der darin begriffenen Zwecke zu enthal-
ten; 1 der weſentliche Zweck iſt aber die Abſchließung des blokirten
Ortes von jedem auswärtigen Verkehr und von jeder auswärtigen
Unterſtützung, welche nicht nur durch Zufuhren von Lebensmitteln,
ſondern auch durch Mittheilung von Nachrichten und Verſendun-
gen nach Außen geleiſtet werden kann. 2 Wer dennoch hiergegen
handelt, es ſei durch Ein- oder Auslaufen, ſtört nicht nur die
Aufmerkſamkeit der blokirenden Kriegsmacht, ſondern läßt auch eine
Vereitelung der Blocadezwecke befürchten, oder macht ſich offenbar
zu einem Gehülfen des Feindes; er kann ſich alſo dann keiner
anderen Behandlung getröſten, als dem Feinde ſelbſt zu Theil wer-
den würde. Wegnahme der Schiffe oder ſonſtiger Transport-
mittel mit allem darauf Befindlichen, und dann ferner nach Um-
ſtänden eine Appropriation dieſer Gegenſtände, ſo wie Repreſſalien
gegen die Führer und Mitſchuldigen erſcheinen demnach im Allge-
meinen ganz als eine kriegsrechtliche Conſequenz, welche ſich auch
die Staaten bisher und wechſelſeitig ohne allen Einſpruch zuge-
ſtanden haben. Dennoch fehlt es in der Ausübung dieſes an ſich
unſtreitigen Rechts nicht an Zweifeln und Controverſen. 3


1 Wenn man ſogar neutrale Ströme im Blocadezuſtand erklärt hat, wie
im J. 1803. wegen der franzöſiſchen Beſetzung Hannovers, ſo findet dieſes
allenfalls eine Rechtfertigung in der Gemeinſchaftlichkeit eines Fluſſes. Ge-
wiß ſind aber hier beſondere Modificationen zu Gunſten der Neutralen zu
ſtatuiren. Dennoch iſt dieſes nicht immer geſchehen. Vgl. Jacobſen S. 707.
2 Jouffroy detaillirt S. 160. die einzelnen Zwecke der Blocade näher; jedoch
ſcheinen die daran geknüpften unterſchiedlichen Wirkungen nicht begründet;
auch ſind ſie in der Praxis nicht angenommen.
3 Eine der älteſten und wichtigſten Urkunden für das neuere Europäiſche
Blocaderecht iſt das Edict der Generalſtaaten der vereinigten Niederlande
von 1630. (commentirt von Bynkershoeck in quaest. publ. I, 11.) worin
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[258/0282] Zweites Buch. §. 154. ſtreitig machen und müſſen folglich die Rückwirkungen dieſes Rechts auf ſich ſelbſt anerkennen. Es iſt ein Act der Occupation eines Theiles des feindlichen Gebietes; auf offener See aber ein Act der Prävention, den ein ſpäter Kommender ohne Kränkung nicht ſtören darf. (§. 73.) In der That beſteht nun darüber nicht der min- deſte Zweifel, daß ein effectiver Blocadeſtand, d. h. in ſofern ein im Kriegsſtand begriffenes Gebiet durch feindliche Kriegsmacht wirklich eingeſchloſſen iſt, es ſei zur See oder zu Lande, den Neu- tralen die Verbindlichkeit auferlegt, ſich jeder Störung dieſer krie- geriſchen Maaßregel und der darin begriffenen Zwecke zu enthal- ten; 1 der weſentliche Zweck iſt aber die Abſchließung des blokirten Ortes von jedem auswärtigen Verkehr und von jeder auswärtigen Unterſtützung, welche nicht nur durch Zufuhren von Lebensmitteln, ſondern auch durch Mittheilung von Nachrichten und Verſendun- gen nach Außen geleiſtet werden kann. 2 Wer dennoch hiergegen handelt, es ſei durch Ein- oder Auslaufen, ſtört nicht nur die Aufmerkſamkeit der blokirenden Kriegsmacht, ſondern läßt auch eine Vereitelung der Blocadezwecke befürchten, oder macht ſich offenbar zu einem Gehülfen des Feindes; er kann ſich alſo dann keiner anderen Behandlung getröſten, als dem Feinde ſelbſt zu Theil wer- den würde. Wegnahme der Schiffe oder ſonſtiger Transport- mittel mit allem darauf Befindlichen, und dann ferner nach Um- ſtänden eine Appropriation dieſer Gegenſtände, ſo wie Repreſſalien gegen die Führer und Mitſchuldigen erſcheinen demnach im Allge- meinen ganz als eine kriegsrechtliche Conſequenz, welche ſich auch die Staaten bisher und wechſelſeitig ohne allen Einſpruch zuge- ſtanden haben. Dennoch fehlt es in der Ausübung dieſes an ſich unſtreitigen Rechts nicht an Zweifeln und Controverſen. 3 1 Wenn man ſogar neutrale Ströme im Blocadezuſtand erklärt hat, wie im J. 1803. wegen der franzöſiſchen Beſetzung Hannovers, ſo findet dieſes allenfalls eine Rechtfertigung in der Gemeinſchaftlichkeit eines Fluſſes. Ge- wiß ſind aber hier beſondere Modificationen zu Gunſten der Neutralen zu ſtatuiren. Dennoch iſt dieſes nicht immer geſchehen. Vgl. Jacobſen S. 707. 2 Jouffroy detaillirt S. 160. die einzelnen Zwecke der Blocade näher; jedoch ſcheinen die daran geknüpften unterſchiedlichen Wirkungen nicht begründet; auch ſind ſie in der Praxis nicht angenommen. 3 Eine der älteſten und wichtigſten Urkunden für das neuere Europäiſche Blocaderecht iſt das Edict der Generalſtaaten der vereinigten Niederlande von 1630. (commentirt von Bynkershoeck in quaest. publ. I, 11.) worin

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/282>, abgerufen am 27.11.2024.