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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 157.
ßerhalb der in Krieg befindlichen Gebiete gar nicht gerechtfertigt
werden kann. 1

Ob und in wie fern das Herauskommen eines Neutralen aus
einem blokirten Orte für einen Bruch der Blocade zu erklären sei,
sollte ganz und gar von den besonderen Zwecken und Umständen
abhängig gemacht werden. Man wird z. B. Nachsicht ha-
ben müssen, wenn die Zwecke der Blocade nicht gestört wurden;
wenn das Schiff bona fide vor Eröffnung der Blocade sich in
den abgesperrten Ort begeben hatte, und sein Wiederauslaufen keine
Verbindung mit den Feinden zum Zweck hat; man sollte nur in
dem offenbaren Fall eines solchen Zweckes feindselig gegen dasselbe
verfahren, bei bloßem Verdacht hingegen mehr nicht als eine Be-
schlagnahme ohne Confiscation eintreten lassen. Die Praxis läßt
freilich auch hier dem Prisenrichter einen beliebigen Spielraum zur
Confiscation. Freigegeben wird indeß wohl regelmäßig jedes neu-
trale Schiff, welches schon vor der Blocade in den blokirten Ort
hineinkam und mit Ballast oder mit einer schon vor jenem Termin
angekauften Ladung nach einem unverfänglichen Bestimmungsort ab-
segelt. 2

Ist die Blocade einmal aufgehoben, was nothwendig von der
effectiven verstanden werden sollte, so kann auch selbst ein beab-
sichtigter Blocadebruch nicht ferner geahndet werden. Das vermeint-
liche Delict ist ein unmögliches, körperloses geworden, und gewisser-
maßen ein Schleier darüber geworfen. 3

Uebermäßige Ausdehnung des Blocaderechts.

157. Selbst in den bisher geschilderten weitesten Grenzen ist
die Seepraxis einzelner Seemächte nicht stehen geblieben, sondern

1 Neuere Verträge sind hierin viel billiger und nachsichtiger und gestatten
das Herankommen bis zum Blocadegeschwader, wenn die Schiffe besonders
aus weiter Ferne kommen. Schwedisch-Nordamericanischer Vertrag vom
4. Sept. 1816. Art. 13. und 4. Juli 1827. Art. 18. Martens Rec. IV,
258. N. rec. VII,
280.; ferner die Nord- und Südamericanischen Ver-
träge von 1824. 25. 31. 32. 36. Vergl. den von den Hansestädten mit
Mexico geschlossenen v. 15. Sept. 1828. Art. 20. N. Suppl. I, 687.
2 Vgl. Jacobsen, 697. Der eben angeführte Handelsvertrag der Hanse-
städte mit Mexico vom 15. Sept. 1828. giebt unbedingt ein solches Wie-
derauslaufen frei.
3 Wie Sir William Scott 1807. sagte. Jacobsen, 709.

Zweites Buch. §. 157.
ßerhalb der in Krieg befindlichen Gebiete gar nicht gerechtfertigt
werden kann. 1

Ob und in wie fern das Herauskommen eines Neutralen aus
einem blokirten Orte für einen Bruch der Blocade zu erklären ſei,
ſollte ganz und gar von den beſonderen Zwecken und Umſtänden
abhängig gemacht werden. Man wird z. B. Nachſicht ha-
ben müſſen, wenn die Zwecke der Blocade nicht geſtört wurden;
wenn das Schiff bona fide vor Eröffnung der Blocade ſich in
den abgeſperrten Ort begeben hatte, und ſein Wiederauslaufen keine
Verbindung mit den Feinden zum Zweck hat; man ſollte nur in
dem offenbaren Fall eines ſolchen Zweckes feindſelig gegen daſſelbe
verfahren, bei bloßem Verdacht hingegen mehr nicht als eine Be-
ſchlagnahme ohne Confiscation eintreten laſſen. Die Praxis läßt
freilich auch hier dem Priſenrichter einen beliebigen Spielraum zur
Confiscation. Freigegeben wird indeß wohl regelmäßig jedes neu-
trale Schiff, welches ſchon vor der Blocade in den blokirten Ort
hineinkam und mit Ballaſt oder mit einer ſchon vor jenem Termin
angekauften Ladung nach einem unverfänglichen Beſtimmungsort ab-
ſegelt. 2

Iſt die Blocade einmal aufgehoben, was nothwendig von der
effectiven verſtanden werden ſollte, ſo kann auch ſelbſt ein beab-
ſichtigter Blocadebruch nicht ferner geahndet werden. Das vermeint-
liche Delict iſt ein unmögliches, körperloſes geworden, und gewiſſer-
maßen ein Schleier darüber geworfen. 3

Uebermäßige Ausdehnung des Blocaderechts.

157. Selbſt in den bisher geſchilderten weiteſten Grenzen iſt
die Seepraxis einzelner Seemächte nicht ſtehen geblieben, ſondern

1 Neuere Verträge ſind hierin viel billiger und nachſichtiger und geſtatten
das Herankommen bis zum Blocadegeſchwader, wenn die Schiffe beſonders
aus weiter Ferne kommen. Schwediſch-Nordamericaniſcher Vertrag vom
4. Sept. 1816. Art. 13. und 4. Juli 1827. Art. 18. Martens Rec. IV,
258. N. rec. VII,
280.; ferner die Nord- und Südamericaniſchen Ver-
träge von 1824. 25. 31. 32. 36. Vergl. den von den Hanſeſtädten mit
Mexico geſchloſſenen v. 15. Sept. 1828. Art. 20. N. Suppl. I, 687.
2 Vgl. Jacobſen, 697. Der eben angeführte Handelsvertrag der Hanſe-
ſtädte mit Mexico vom 15. Sept. 1828. giebt unbedingt ein ſolches Wie-
derauslaufen frei.
3 Wie Sir William Scott 1807. ſagte. Jacobſen, 709.
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[262/0286] Zweites Buch. §. 157. ßerhalb der in Krieg befindlichen Gebiete gar nicht gerechtfertigt werden kann. 1 Ob und in wie fern das Herauskommen eines Neutralen aus einem blokirten Orte für einen Bruch der Blocade zu erklären ſei, ſollte ganz und gar von den beſonderen Zwecken und Umſtänden abhängig gemacht werden. Man wird z. B. Nachſicht ha- ben müſſen, wenn die Zwecke der Blocade nicht geſtört wurden; wenn das Schiff bona fide vor Eröffnung der Blocade ſich in den abgeſperrten Ort begeben hatte, und ſein Wiederauslaufen keine Verbindung mit den Feinden zum Zweck hat; man ſollte nur in dem offenbaren Fall eines ſolchen Zweckes feindſelig gegen daſſelbe verfahren, bei bloßem Verdacht hingegen mehr nicht als eine Be- ſchlagnahme ohne Confiscation eintreten laſſen. Die Praxis läßt freilich auch hier dem Priſenrichter einen beliebigen Spielraum zur Confiscation. Freigegeben wird indeß wohl regelmäßig jedes neu- trale Schiff, welches ſchon vor der Blocade in den blokirten Ort hineinkam und mit Ballaſt oder mit einer ſchon vor jenem Termin angekauften Ladung nach einem unverfänglichen Beſtimmungsort ab- ſegelt. 2 Iſt die Blocade einmal aufgehoben, was nothwendig von der effectiven verſtanden werden ſollte, ſo kann auch ſelbſt ein beab- ſichtigter Blocadebruch nicht ferner geahndet werden. Das vermeint- liche Delict iſt ein unmögliches, körperloſes geworden, und gewiſſer- maßen ein Schleier darüber geworfen. 3 Uebermäßige Ausdehnung des Blocaderechts. 157. Selbſt in den bisher geſchilderten weiteſten Grenzen iſt die Seepraxis einzelner Seemächte nicht ſtehen geblieben, ſondern 1 Neuere Verträge ſind hierin viel billiger und nachſichtiger und geſtatten das Herankommen bis zum Blocadegeſchwader, wenn die Schiffe beſonders aus weiter Ferne kommen. Schwediſch-Nordamericaniſcher Vertrag vom 4. Sept. 1816. Art. 13. und 4. Juli 1827. Art. 18. Martens Rec. IV, 258. N. rec. VII, 280.; ferner die Nord- und Südamericaniſchen Ver- träge von 1824. 25. 31. 32. 36. Vergl. den von den Hanſeſtädten mit Mexico geſchloſſenen v. 15. Sept. 1828. Art. 20. N. Suppl. I, 687. 2 Vgl. Jacobſen, 697. Der eben angeführte Handelsvertrag der Hanſe- ſtädte mit Mexico vom 15. Sept. 1828. giebt unbedingt ein ſolches Wie- derauslaufen frei. 3 Wie Sir William Scott 1807. ſagte. Jacobſen, 709.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/286>, abgerufen am 27.11.2024.