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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 37. Völkerrecht im Zustand des Friedens.
bestimmte Vereinbarung keine Ausnahme. 1 Da jedoch alle Staa-
ten ein gleich starkes Interesse daran haben, die Unterdrückung und
also auch Ermittelung von Verbrechen zu befördern, so pflegt kei-
ner dem anderen auf gehörige Intercession seine Hilfe in polizei-
lichen oder gerichtlichen Untersuchungshandlungen zu versagen, falls
nicht der Verbrecher in Schutz gegen fernere Verfolgung gestellt ist,
welche zu gewähren kein Staat gehindert wird. 2 Die formelle Gil-
tigkeit auswärtiger Proceduracten bestimmt sich nach den dortigen
Gesetzen. 3

Von Recht und Pflicht der Auslieferungen wird weiterhin §. 63.
die Rede sein.

b. Bürgerliches Recht. 4

37. Eine zum Theil sehr verschiedene Bewandtniß hat es mit
der Justizgewalt der Staaten in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten.

Ein allgemein giltiges Privatvölkerrecht (ius gentium priva-
tum
), wovon sich die Spuren im älteren Römerstaat finden und
wonach man im Verkehr mit Fremden über Privatrechtsverhältnisse
entschied, ist zu keiner selbständigen Entwickelung gediehen (§. 1.).
Eben so wenig hat sich das Princip des germanischen Mittelal-
ters, den Fremden nach seinem Nationalrecht zu beurtheilen, in
die neuere Zeit in seiner Allgemeinheit fortgepflanzt; auch könnte

mittelbar sind Strafurtheile gegen einen Unterthan auch im Auslande von
Einfluß, insofern sie seinen bürgerlichen Status, mithin auch seine privat-
rechtliche Capacität verändern, wovon nachher, bei der bürgerlichen Rechts-
pflege.
1 S. schon Jul. Clar. Rec. Sent. V, §. fin. p. 38. n. 10. Auch in dem
Deutschen Staatenbunde bestehen nur Vereinbarungen wegen gegenseitiger
Unterstützung bei politischen Vergehungen.
2 Auch hier kann nur die engere Ueberzeugung von der Gerechtigkeit oder
Ungerechtigkeit einer Verfolgung entscheiden.
3 Eine ausdrückliche Bestimmung der Art findet sich in dem Päbstlichen
Reglement vom 5. Nvbr. 1831. §. 81. (Foelix, p. 575.); außerdem ist
der Grundsatz in der Praxis allenthalben angenommen. Nur die gleichar-
tige Beweiskraft in jedem anderen Staate läßt sich bezweifeln, wenn
die fremden Acte nicht die gesetzlichen Requisite der diesseitigen haben.
4 Schriften außer den schon angeführten: Schäffner, Entw. des internatio-
nalen Privatrechts. Frkfrt. 1841. v. Wächter, über die Collision der Pri-
vatrechtsgesetze, im Arch. f. civil. Praxis XXV.
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§. 37. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
beſtimmte Vereinbarung keine Ausnahme. 1 Da jedoch alle Staa-
ten ein gleich ſtarkes Intereſſe daran haben, die Unterdrückung und
alſo auch Ermittelung von Verbrechen zu befördern, ſo pflegt kei-
ner dem anderen auf gehörige Interceſſion ſeine Hilfe in polizei-
lichen oder gerichtlichen Unterſuchungshandlungen zu verſagen, falls
nicht der Verbrecher in Schutz gegen fernere Verfolgung geſtellt iſt,
welche zu gewähren kein Staat gehindert wird. 2 Die formelle Gil-
tigkeit auswärtiger Proceduracten beſtimmt ſich nach den dortigen
Geſetzen. 3

Von Recht und Pflicht der Auslieferungen wird weiterhin §. 63.
die Rede ſein.

b. Bürgerliches Recht. 4

37. Eine zum Theil ſehr verſchiedene Bewandtniß hat es mit
der Juſtizgewalt der Staaten in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten.

Ein allgemein giltiges Privatvölkerrecht (ius gentium priva-
tum
), wovon ſich die Spuren im älteren Römerſtaat finden und
wonach man im Verkehr mit Fremden über Privatrechtsverhältniſſe
entſchied, iſt zu keiner ſelbſtändigen Entwickelung gediehen (§. 1.).
Eben ſo wenig hat ſich das Princip des germaniſchen Mittelal-
ters, den Fremden nach ſeinem Nationalrecht zu beurtheilen, in
die neuere Zeit in ſeiner Allgemeinheit fortgepflanzt; auch könnte

mittelbar ſind Strafurtheile gegen einen Unterthan auch im Auslande von
Einfluß, inſofern ſie ſeinen bürgerlichen Status, mithin auch ſeine privat-
rechtliche Capacität verändern, wovon nachher, bei der bürgerlichen Rechts-
pflege.
1 S. ſchon Jul. Clar. Rec. Sent. V, §. fin. p. 38. n. 10. Auch in dem
Deutſchen Staatenbunde beſtehen nur Vereinbarungen wegen gegenſeitiger
Unterſtützung bei politiſchen Vergehungen.
2 Auch hier kann nur die engere Ueberzeugung von der Gerechtigkeit oder
Ungerechtigkeit einer Verfolgung entſcheiden.
3 Eine ausdrückliche Beſtimmung der Art findet ſich in dem Päbſtlichen
Reglement vom 5. Nvbr. 1831. §. 81. (Foelix, p. 575.); außerdem iſt
der Grundſatz in der Praxis allenthalben angenommen. Nur die gleichar-
tige Beweiskraft in jedem anderen Staate läßt ſich bezweifeln, wenn
die fremden Acte nicht die geſetzlichen Requiſite der diesſeitigen haben.
4 Schriften außer den ſchon angeführten: Schäffner, Entw. des internatio-
nalen Privatrechts. Frkfrt. 1841. v. Wächter, über die Colliſion der Pri-
vatrechtsgeſetze, im Arch. f. civil. Praxis XXV.
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[65/0089] §. 37. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. beſtimmte Vereinbarung keine Ausnahme. 1 Da jedoch alle Staa- ten ein gleich ſtarkes Intereſſe daran haben, die Unterdrückung und alſo auch Ermittelung von Verbrechen zu befördern, ſo pflegt kei- ner dem anderen auf gehörige Interceſſion ſeine Hilfe in polizei- lichen oder gerichtlichen Unterſuchungshandlungen zu verſagen, falls nicht der Verbrecher in Schutz gegen fernere Verfolgung geſtellt iſt, welche zu gewähren kein Staat gehindert wird. 2 Die formelle Gil- tigkeit auswärtiger Proceduracten beſtimmt ſich nach den dortigen Geſetzen. 3 Von Recht und Pflicht der Auslieferungen wird weiterhin §. 63. die Rede ſein. b. Bürgerliches Recht. 4 37. Eine zum Theil ſehr verſchiedene Bewandtniß hat es mit der Juſtizgewalt der Staaten in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten. Ein allgemein giltiges Privatvölkerrecht (ius gentium priva- tum), wovon ſich die Spuren im älteren Römerſtaat finden und wonach man im Verkehr mit Fremden über Privatrechtsverhältniſſe entſchied, iſt zu keiner ſelbſtändigen Entwickelung gediehen (§. 1.). Eben ſo wenig hat ſich das Princip des germaniſchen Mittelal- ters, den Fremden nach ſeinem Nationalrecht zu beurtheilen, in die neuere Zeit in ſeiner Allgemeinheit fortgepflanzt; auch könnte 5 1 S. ſchon Jul. Clar. Rec. Sent. V, §. fin. p. 38. n. 10. Auch in dem Deutſchen Staatenbunde beſtehen nur Vereinbarungen wegen gegenſeitiger Unterſtützung bei politiſchen Vergehungen. 2 Auch hier kann nur die engere Ueberzeugung von der Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit einer Verfolgung entſcheiden. 3 Eine ausdrückliche Beſtimmung der Art findet ſich in dem Päbſtlichen Reglement vom 5. Nvbr. 1831. §. 81. (Foelix, p. 575.); außerdem iſt der Grundſatz in der Praxis allenthalben angenommen. Nur die gleichar- tige Beweiskraft in jedem anderen Staate läßt ſich bezweifeln, wenn die fremden Acte nicht die geſetzlichen Requiſite der diesſeitigen haben. 4 Schriften außer den ſchon angeführten: Schäffner, Entw. des internatio- nalen Privatrechts. Frkfrt. 1841. v. Wächter, über die Colliſion der Pri- vatrechtsgeſetze, im Arch. f. civil. Praxis XXV. 5 mittelbar ſind Strafurtheile gegen einen Unterthan auch im Auslande von Einfluß, inſofern ſie ſeinen bürgerlichen Status, mithin auch ſeine privat- rechtliche Capacität verändern, wovon nachher, bei der bürgerlichen Rechts- pflege. 5

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/89>, abgerufen am 27.11.2024.