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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. I. Abschnitt.
tet wurden, nur Momente sind, die in einander ver-
schwinden. Ich betrachte diese fernern Unterschiedsbe-
stimmungen, wie sie Kant angibt.

Er bestimmt die Attractivkraft als eine durch-
dringende
, die Repulsivkraft, als eine Flächen-
kraft
. Der Grund, der angeführt wird, daß die letz-
tere nur eine Flächenkraft seyn soll, ist folgender: "Die
einander berührenden Theile begrenzen einer den
Wirkungsraum des andern, und die repulsive Kraft
könne keinen entferntern Theil bewegen, ohne vermittelst
der dazwischen liegenden, eine quer durch diese gehende
unmittelbare Wirkung einer Materie auf eine andere
durch Ausdehnungskräfte (das heißt hier Repulsivkräfte)
sey unmöglich."

Ich will mich nicht damit aufhalten, daß, indem
nähere oder entferntere Theile der Materie ange-
nommen werden, in Rücksicht auf die Attra-
ction
gleichfalls der Unterschied entstünde, daß
ein Atom zwar auf ein anderes einwirkte, aber ein
drittes entfernteres, so daß daß andere zwischen
ihm und dem ersten attrahirenden sich befände, zunächst
in die Anziehungssphäre des dazwischen liegenden ihm
nähern träte, das erste also nicht eine unmittelbare
einfache Wirkung ausüben würde; woraus eine eben so
vermittelte Wirkung für die Attractivkraft, als für die
Repulsivkraft entwickelt werden könnte; -- ferner, daß
überhaupt das wahre Durchdringen der Attra-
ctivkraft allein darin bestehen müßte, daß alle Theile der
Materie an und für sich attrahirend wären, nicht
aber eine gewisse Menge passiv und nur Ein Atom activ
sich verhielte. Ich bemerke aber unmittelbar in Rücksicht
auf die Repulsivkraft, daß in der angeführten Stelle
sich berührende Theile, also eine Gediegenheit

und

Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
tet wurden, nur Momente ſind, die in einander ver-
ſchwinden. Ich betrachte dieſe fernern Unterſchiedsbe-
ſtimmungen, wie ſie Kant angibt.

Er beſtimmt die Attractivkraft als eine durch-
dringende
, die Repulſivkraft, als eine Flaͤchen-
kraft
. Der Grund, der angefuͤhrt wird, daß die letz-
tere nur eine Flaͤchenkraft ſeyn ſoll, iſt folgender: „Die
einander beruͤhrenden Theile begrenzen einer den
Wirkungsraum des andern, und die repulſive Kraft
koͤnne keinen entferntern Theil bewegen, ohne vermittelſt
der dazwiſchen liegenden, eine quer durch dieſe gehende
unmittelbare Wirkung einer Materie auf eine andere
durch Ausdehnungskraͤfte (das heißt hier Repulſivkraͤfte)
ſey unmoͤglich.“

Ich will mich nicht damit aufhalten, daß, indem
naͤhere oder entferntere Theile der Materie ange-
nommen werden, in Ruͤckſicht auf die Attra-
ction
gleichfalls der Unterſchied entſtuͤnde, daß
ein Atom zwar auf ein anderes einwirkte, aber ein
drittes entfernteres, ſo daß daß andere zwiſchen
ihm und dem erſten attrahirenden ſich befaͤnde, zunaͤchſt
in die Anziehungsſphaͤre des dazwiſchen liegenden ihm
naͤhern traͤte, das erſte alſo nicht eine unmittelbare
einfache Wirkung ausuͤben wuͤrde; woraus eine eben ſo
vermittelte Wirkung fuͤr die Attractivkraft, als fuͤr die
Repulſivkraft entwickelt werden koͤnnte; — ferner, daß
uͤberhaupt das wahre Durchdringen der Attra-
ctivkraft allein darin beſtehen muͤßte, daß alle Theile der
Materie an und fuͤr ſich attrahirend waͤren, nicht
aber eine gewiſſe Menge paſſiv und nur Ein Atom activ
ſich verhielte. Ich bemerke aber unmittelbar in Ruͤckſicht
auf die Repulſivkraft, daß in der angefuͤhrten Stelle
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und
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[124/0172] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. tet wurden, nur Momente ſind, die in einander ver- ſchwinden. Ich betrachte dieſe fernern Unterſchiedsbe- ſtimmungen, wie ſie Kant angibt. Er beſtimmt die Attractivkraft als eine durch- dringende, die Repulſivkraft, als eine Flaͤchen- kraft. Der Grund, der angefuͤhrt wird, daß die letz- tere nur eine Flaͤchenkraft ſeyn ſoll, iſt folgender: „Die einander beruͤhrenden Theile begrenzen einer den Wirkungsraum des andern, und die repulſive Kraft koͤnne keinen entferntern Theil bewegen, ohne vermittelſt der dazwiſchen liegenden, eine quer durch dieſe gehende unmittelbare Wirkung einer Materie auf eine andere durch Ausdehnungskraͤfte (das heißt hier Repulſivkraͤfte) ſey unmoͤglich.“ Ich will mich nicht damit aufhalten, daß, indem naͤhere oder entferntere Theile der Materie ange- nommen werden, in Ruͤckſicht auf die Attra- ction gleichfalls der Unterſchied entſtuͤnde, daß ein Atom zwar auf ein anderes einwirkte, aber ein drittes entfernteres, ſo daß daß andere zwiſchen ihm und dem erſten attrahirenden ſich befaͤnde, zunaͤchſt in die Anziehungsſphaͤre des dazwiſchen liegenden ihm naͤhern traͤte, das erſte alſo nicht eine unmittelbare einfache Wirkung ausuͤben wuͤrde; woraus eine eben ſo vermittelte Wirkung fuͤr die Attractivkraft, als fuͤr die Repulſivkraft entwickelt werden koͤnnte; — ferner, daß uͤberhaupt das wahre Durchdringen der Attra- ctivkraft allein darin beſtehen muͤßte, daß alle Theile der Materie an und fuͤr ſich attrahirend waͤren, nicht aber eine gewiſſe Menge paſſiv und nur Ein Atom activ ſich verhielte. Ich bemerke aber unmittelbar in Ruͤckſicht auf die Repulſivkraft, daß in der angefuͤhrten Stelle ſich beruͤhrende Theile, alſo eine Gediegenheit und

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/172>, abgerufen am 21.11.2024.